musirony - Oberst Chabert
 

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Schöne Oper – selten gehört
 

Hermann Wolfgang von Waltershausen [1882 - 1954]

Oberst Chabert


 

Musiktragödie in drei Aufzügen
 
 deutsch gesungen

Libretto vom Komponisten,
frei nach Honoré de Balzacs „Comtesse a deux maris“


Uraufführung am 18. Mai 1910 im Opernhaus Frankfurt am Main

 Dauer: etwa 100min.


Personen:

Graf Chabert, ehemaliger Oberst in d. Napoleonischen Armee
Graf Ferraud, Pair von Frankreich 
Rosine, seine Frau
Derville, Advokat 
Godeschal, ehemaliger Korporal, Schreiber in Dervilles Kanzlei
Boucard, Schreiber in Dervilles Kanzlei



 
 
Meynier: Am Tag nach der Schlacht von Eylau




HANDLUNG 

Erster Akt:

Chabert ist nach zehnjähriger Irrfahrt vom Schlachtfeld wieder in Paris. Er sitzt, schon totgeglaubt, im Wartezimmer der Kanzlei Derville und wartet auf einen Gesprächstermin. Der Schreiber Godeschal, welcher vor zehn Jahren mit ihm in der napoleonischen Armee diente, bittet den Unbekannten, der seinen Namen nicht nennt, noch etwas Geduld zu haben, da der Anwalt noch im Theater sei. Vertraulich erzählt Godeschal Boucard, dass er glaubt, Chaberts Physiognomie schon einmal gesehen zu haben. Die Narben in seinem Gesicht ließen auf eine Militärlaufbahn schließen.

Derville kehrt zurück, lässt sich einige Akten reichen, schickt dann seinen Boucard in den Feierabend und Godeschal in das Vorzimmer. Als Chabert im Zwiegespräch seinen Namen erwähnt, glaubt der Advokat einem schlechten Scherz aufzuliegen, da jedes Kind wisse, das Oberst Chabert in der Schlacht bei Preussisch-Eylau fiel. Daraufhin erzählt Chabert seine Leidensgeschichte, dass er in der Schlacht von einem Kosaken am Kopf getroffen zu Boden fiel, Murats Reiter über ihn hinwegfegten und er am nächsten Tag halb tot von einer Bäuerin aufgelesen und gesund gepflegt wurde. Ab da begann seine 10 Jahre lange Irrfahrt als lebendes Phantom.

Totgeglaubt, irrte er wie ein Bettler von Dorf zu Dorf, wurde für verrückt gehalten, vier Jahre in die Psychiatrie Heilsheim gesteckt aus der er erst entlassen wurde, als er sich „Bettler Hyacinth“ nannte. Nun endlich wieder in Paris suche er nach seiner Frau, die er damals zurückließ, und die nun mit dem Grafen Ferraud, verheiratet ist.

Seine vereinzelten Briefe an Rosine blieben stets unbeantwortet. Godeschal unterbricht das Gespräch und verkündet, dass Rosine im Vorzimmer auf ein spätes Gespräch warte. Aufgeregt will Chabert sie sehen doch Anwalt Derrivent versucht, die Sache taktisch anzugehen, versteckt den Oberst in einem Nebenzimmer und möchte zunächst allein mit Rosine sprechen. Als die gut gekleidete Dame eintritt, erklärt diese, dass sie derzeit öfter von einem Landstreicher behelligt wird, der ihr zunächst Briefe schrieb und nun sogar um ihr Haus herumschleicht. Er gäbe sich als ihr in der Schlacht gefallener Ehemann aus, was sie für völlig abstrus hält. Sie bekräftigt ihre Ehe mit dem Grafen Ferraud, mit dem sie zwei Kinder hat.

Chabert platzt aus seinem Versteck und will seine ehemalige Frau begrüßen, die nur angewidert von dem zerlumpten Äußeren zurückweicht und vorgibt, ihn nicht zu kennen. Er erzählt zum Beweis einige intime Details und die Geschichte, wie er Rosine, einst ein armes Bettlermädchen, in seinen Haushalt aufnahm, sie lieben lernte und dann heiratete.

Die Geliebte weicht immer weiter aus und bezichtigt ihren ehemaligen Mann des Betruges. Doch in diesem Augenblick kommt Godeschal herein und begrüßt seinen ehemaligen Oberst, an dessen Gesicht er sich nunmehr erinnert hat. Durch diese Bestätigung sieht sich Rosine mehr und mehr in Bedrängnis, ihre angebliche Unkenntnis des Fremden plausibel zu machen. Sie besteht jedoch fortwährend auf ihrer Meinung. Derville, eher auf Seiten Chaberts, kündigt an, Ferraud in Kenntnis zu setzen. Rosine sieht ihr Glück zerstört und verlässt fluchtartig die Kanzlei. Chabert bleibt betroffen zurück und plant, seine treulose Gattin zu ermorden, doch Derville mahnt zur Besinnung.

Zweiter Akt:

Rosine ist in ihr Palais zurückgekehrt und grübelt über die verfahrene Situation. Sie beschließt das offene Gespräch mit ihrem Exmann zu suchen, um ihm klar zu machen, dass er das Feld räumen muss. Sie hofft durch diesen Zug keinen weiteren Staub aufzuwirbeln, sondern zu erreichen, dass ihr Ehemann von der Sache keinen Wind bekommt. Gerade will sie sich aus der Verandatür schleichen, kommt ihr Derville entgegen, der Ferraud wegen Chabert sprechen will. Er stellt sie zur Rede und kommt auf die Briefe zu sprechen, welche sie schon vor der neuen Vermählung von ihrem ehemaligen Gatten erhielt.

Rosine weicht weiterhin aus und bietet dem Advokaten 1000 Louisdors für sein Schweigen. Es amüsiert den Anwalt, dass sie gerade durch diesen Akt der Beschwichtigung formell ihre Schuld eingestanden hat. Als er das Geld von sich weist, kommt Ferraud guter Laune mit einem Blumenstrauß nach Hause. Er begrüßt seine Frau und den Hausfreund überschwänglich. Doch letzterer bremst die Euphorie des Hausherren merklich, als er ihn in einer dringenden Lage sprechen will. Sie gehen ins Nebenzimmer und Rosine lauscht verzweifelt an der Tür, ob ihr eigener Anwalt sie vielleicht verrät. Als sich die Herren wieder nähern, flüchtet sie in ein anderes Zimmer. Ferraud kann die Geschichte nicht glauben und möchte Beweise sehen. Er lässt seine Kutsche losfahren um Chabert zu holen. 

Im Gespräch mit seiner Frau äußert der Graf seine Erschütterung, gesteht ihr aber gleichzeitig seine Liebe. Die Kutsche kehrt mit dem herausgeputzten Oberst und Godeschal zurück, der es sich nicht hat nehmen lassen, seinen alten Kameraden zu verteidigen. Als Chabert eintritt, beansprucht er das Palais und Rosine als sein Eigentum. Da Rosine immer noch ausweicht und von dem Kreuzverhör der Anwesenden fast die Beherrschung verliert, will Ferraud, dass sie einen Eid schwört, den Fremden nicht zu kennen. 

Doch Rosine bringt es nicht über ihr Gewissen einen entehrenden Meineid abzulegen und gesteht, den Fremden zu kennen. Auch gibt sie zu, den ersten Brief Chaberts am Morgen der Hochzeit mit Ferraud erhalten zu haben. Dieser ist nun am Boden zerstört, sieht sich als unwissenden Ehebrecher und seine Ehre als Pair von Frankreich angegriffen. Er bestätigte dem Oberst offiziell seine unverletzte Ehre und will ihm ebenfalls das Palais zurückgeben. Wie im Affekt schubst er ihm auch noch Rosine zu. Doch nach seinem Wutanfall kommt er zu Besinnung und erkennt, dass er gerade sein ganzes Leben und das Rosines zerstört hat. Es tut ihm Leid und er flüchtet schockiert aus dem Anwesen. Rosine verliert das Bewusstsein und fällt rückwärts in die Arme Chaberts.

Dritter Akt:

Ein wenig später hat sich Rosine erholt. Es kommt zur Aussprache zwischen ihr und ihrem ehemaligen Mann. Sie erklärt, weshalb sie damals Ferraud heiratete und die Hochzeit trotz des Briefes nicht absagte. Sie sei zunächst im Zweifel gewesen und als nach und nach die Gewissheit kam, dass Chabert noch lebt, habe sie schon zu lange in der Lüge gelebt. Ihre beiden Kinder kommen herein und begrüßen sie. Als sie wieder verschwunden sind, bittet Rosine den Oberst wegen der Kinder seinen Ansprüchen zu entsagen. Chabert denkt nicht im Traum daran und erklärt nochmals mit Nachdruck, was es bedeutet, von den Toten auferstanden und zehn Jahre wie geächtet durch die Lande gezogen zu sein. Rosine gibt vor, ihr Schicksal zu akzeptieren, wünscht dann aber allein gelassen zu werden. Nachdem Chabert gegangen ist, holt sie aus ihrem Schreibtisch einen kleinen Flakon mit Gift, den sie in der sicheren Erwartung der einstigen Wiederkehr ihres Exmannes angeschafft hat.

Chabert beobachtet die Szene und entreißt seiner Frau das Fläschchen. Verzweifelt gibt Rosine ihm zu verstehen, dass sie ihn nie geliebt habe, sondern ihn nur aufgrund seines Geldes heiratete. Kalt geht sie davon und lässt den entrüsteten Chabert zurück. Dieser denkt an Selbstmord durch das Gift und schreibt einen Abschiedsbrief. Letztendlich entschließt er sich jedoch, wie ein Soldat zu sterben. Kaum hat er den Raum verlassen, stürzt Rosine wieder hervor. Sie macht sich Sorgen wegen ihrer kalten, schroffen Art und will sich entschuldigen. Doch statt Chabert zu finden, hört sie Ferraud und Derrivent kommen, welche die letzten Formalitäten erledigen. Ferraud möchte die Kinder mit sich nehmen, was Rosine strikt ablehnt. Auf dem Schreibtisch findet Derrivent den Abschiedsbrief und plötzlich wird ein Schuss im Park hörbar. Alle, außer Rosine, stürzen hinaus um nachzusehen. Sie selbst erkennt schlagartig, wie sehr Chabert sie geliebt hat und dass er sich nun für sie und ihr Leben geopfert hat. Die Männer tragen die Leiche herein und legen sie auf ein Canapé. Rosine geht erschüttert darauf zu, bricht zusammen und sucht verzweifelt nach dem Flakon im Gehrock des Oberst. Als sie es findet, leert sie ihn hastig und verspricht sich so, ihrer Schande zu entgehen, um auf immer bei ihrem wahren Mann zu sein. Ferraud bleibt mit Derville und den Kindern schockiert zurück.

©2011 – Raphael Lübbers

 


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