musirony - Götterdämmerung
 

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Schöne Oper - einmal anders erzählt



Richard Wagner [1813-1883]

Götterdämmerung

Twilight of The Gods - Le Crépuscule des Dieux

Dritter Tag der Bühnenweihfestspiele
 "Der Ring des Nibelungen"

Ragnaröck (Schicksal der Götter)


 

Musikdrama in einem Vorspiel und drei Aufzügen

Libretto vom Komponisten
in Anlehnung an die Zeit der Völkerwanderung


deutsch gesungen

Uraufführung am 17. August 1876 in Bayreuth

Dauer der Aufführung mehr als 4 Stunden

Charaktere:

Siegfried (Tenor)
Gunther (Bariton 
Gutrune (Sopran)
Hagen (Bass)
Alberich (Bass-Bariton) 
Brünnhilde (Sopran) 
Waltraute (Mezzosopran) 
Erste Norn (Alt) 
Zweite Norn (Mezzosopran)  
Dritte Norn (Sopran) 
Woglinde (Sopran) 
Wellgunde (Sopran)
Floßhilde (Alt)

Das Geschehen spielt im 5. Jahrhundert am Ufer des Oberrheins, in Worms und auf dem Walkürenfelsen


STRUKTUR
(Szenenauswahl)

> Vorspiel
> So gut und schlimm es geht (Die erste Norn)
> Treu beratner Verträge Runen (Die zweite Norn)
> Es ragt die Burg (Die dritte Norn)
> Zu neuen Taten, teurer Held (Brünhilde)
> Mehr gabst du (Siegfried)
> Orchesterzwischenspiel: Siegfrieds Rheinfahrt

> Nun hör', Hagen, sage mir, Held (Ensemble)  
> Jagt er auf Taten wonnig umher (Gunther, Siegfried)  
> Heil, Siegfried, teurer Held (Ensemble)  
> Begrüße froh, o Held, die Halle meines Vaters (Ensemble)  
> Willkommen, Gast, in Gibichs Haus (Gutrune, Siegfried, Gunther)  
> Deinem Bruder bot ich mich zum Mann (Siegfried, Gunther)  
> Blühenden Lebens labendes Blut (Ensemble)  
> Hier sitz' ich zur Wacht (Hagen)  
> Altgewohntes Geräusch (Brünnhilde)  
> Seit er von dir geschieden (Waltraute)  
> Ha, weißt du, was er mir ist (Brünnhilde)  
> Ein Unhold schwang sich auf jenen Stein (Brünnhilde) 
> Nun Noting, zeuge du, dass ich in Züchten warb (Siegfried)
 



 
HANDLUNG  


PROLOG 

 

 

VORSPIEL

Yggdrasil hieß die Weltesche, unter der drei Nornen saßen, um am Schicksal von Göttern und Menschen zu spinnen. Nornen sind Schicksalsdamen, den griechischen Parzen ähnlich, die sich ihr Arbeitsgebiet aufgeteilt haben. Urd steht für die Vergangenheit, Verdandi bestimmt die Gegenwart und Skuld kümmert sich um die Zukunft. Ihre Namen erwähnt Richard Wagner in seiner Oper nicht, weil die Silben sich schlecht singen lassen und zum anderen sollte der Nibelungen-Zyklus nicht länger werden, als unbedingt nötig.

Die Nornen wurden umquartiert, denn der Machthaber unter den Göttern benötigte die Weltesche für Anmachholz, um eine Götterdämmerung einzuleiten. Die Genannten haben jetzt auf dem Walkürenfelsen Quartier bezogen und mussten das goldene Schicksalsseil, ihr Arbeitsgerät, an eine Tanne knüpfen, damit es nicht auf dem Boden herumliegt und verfault. 

An der Weltesche hatte Wotan einen Naturfrevel begangen. Er hatte Holz entnommen, um daraus den Schaft für einen Speer zu schnitzen – eine verrückte Idee. Unglücklicherweise versickerte gleichzeitig auch die Quelle zu Füßen Yggdrasils, so dass der Baum kein Wasser mehr bekam, verdorrte und das Holz weggeräumt werden musste. Das Symbol seiner Weltherrschaft existiert nicht mehr, deshalb soll Walhall dem Erdboden gleichgemacht werden, denn Wotan hat zum Lenken und Regieren keine Lust mehr – seine Depressionen summieren sich.

Im Hintergrund leuchtet Feuerschein. In der Waberlohe ist Brünhilde eingeschlossen worden, weil sie einst gegen Vater Wotan ungehorsam war. Siegfried kann nur zu ihr stoßen, wenn er sich seine Tarnkappe aufsetzt. Urd stellt sich dumm, tut so, als ob sie von nichts wüsste und fragt ihre Schwester „Welch Licht leuchtet dort.“ Verdandi weiß es nicht und weicht aus: „Dämmert der Tag schon auf?“ Die dritte Norn ist die Gescheitest des Trios. Sie hält einen Vortrag und lässt sich darüber aus, was Wotan Übles im Schilde führt, ohne vorher seine Frau zu fragen. Das Holz der kleingehackten Weltesche ist an Walhalls Ringmauer schon geschichtet. Jetzt muss nur noch Loki kommen und Feuer machen. Ein paar Äpfel aus Freias Obstgarten hat der Brandstifter vorher noch einsammeln können, aus dem Rest sind Bratäpfel geworden. Ohne die übliche vitaminhaltige Ernährung bleibt der Göttergesellschaft nichts anderes übrig, als wegzudämmern. Die kostbaren Teppiche und Möbel, Importe aus Nibelheim – Kunsthandwerk aus Sklavenarbeit - sind ein Raub der Flammen geworden. Freia ist untröstlich, ihre Apfelbäume liegen verkohlt am Boden und Frickas vorlautes Mundwerk ist verstummt. Das Einreisevisum - Austrien und Neustrien kämen infrage - ist aus zeitlichen Gründen nicht eingetroffen. Nibelheim fällt grundsätzlich nicht in Betracht, denn Hammer und Amboss machen zu viel Lärm und stören den Schlaf.

Die Nornen versuchen zu retten, was noch zu retten ist und spannen das Schicksalsseil straffer - Der Faden wurde in ihrem Eifer jedoch überdehnt und reißt. Ein böses Omen - es hat sich ausgesponnen. Die Arbeit am Weben des Schicksals macht keinen Spaß mehr. Die züchtig Gewandeten knüpfen die Reste zusammen, schlingen sie sich um den Körper, um diese zu einem Sammelpaket zu vereinen. In der Tiefe wohnt Allmutter Erda, zu ihr wollen sie sich begeben. Ein Hechtsprung und gluck, gluck – weg waren sie.

SZENENWECHSEL, ORCHESTERZWISCHENSPIEL

Brünhilde bedankt sich für die schöne Nacht, in der ihr Held ihr reichlich Minne geschenkt hat. Sie beklagt, dass sie nicht mehr anzubieten hat, als ihre Liebe. Doch ihre Unschuld gab sie dem Helden auch, dem sie sich nun in Dankbarkeit zuneigt. Er soll die Arme bitte nicht verachten! Sie weiß, sie gibt wenig, aber sie gönnt ihm alles. Im Schlaf hat er sie vorgefunden, ihr den Helm abgesetzt und den Brustpanzer erbrochen. Doch Siegfried wehrt ihrer Bescheidenheit und erinnert sie, dass er noch ganz andere Sachen hinter sich gebracht hat: Einen wilden Wurm hat er erschlagen – ist das nichts?

Er soll immer daran denken, dass er mutig durch das lodernde Feuer geschritten ist, um sie zu erobern. Auch soll er sich immer der Eide erinnern, die sie einander geschworen haben, damit das heilige Feuer der Liebe in Brunhildens Brust niemals ausgeht, warnt die um die Beständigkeit seiner Treue Fürchtende.

Jetzt möchte der Held aber zu neuen Taten aufbrechen, denn er hat schon zu viel Zeit vertrödelt und in der schmucklosen Wohnhöhle wird es langsam langweilig. „In der Lohe heiliger Hut“ kann ihr nichts passieren, was quer kommen könnte. Sie schenkt ihm als vorläufiges Abschiedsgeschenk ihr Pferd – denn Grane braucht Auslauf und frische Luft. Der wilde Rücken ihres verdienten Renners wird ihn von einem Sieg zum anderen tragen. Siegfried hat auch eine Gegengabe anzubieten. Er streift als Pfand seiner Treue, einen kostbaren Ring vom Finger, sagt aber nicht, dass es das Schmuckstück ist, welches aus dem Rheingold geschmiedet und dem Alberich abgenommen wurde.- oder er weiß es gar nicht! Soll Brünhilde doch schauen wie sie mit dem anhaftenden Fluch, der an dem Juwel haftet, fertig wird! „Heil dir Brünhilde, prangender Stern!“ Heil dir Siegfried, siegendes Licht.“ Man winkt sich noch einmal zu und dann kann Brünhilde schauen, was sie in Zukunft mit ihrer Freizeit anfängt. Die Feuerbarriere kommt langsam zum Erlöschen, denn es gab Jemanden der des Göttervaters Speerspitze nicht fürchtete.

ORCHESTERZWISCHENSPIEL: SIEGFRIEDS RHEINFAHRT

Erster Akt  



Erste Szene:

In der schönen Stadt Worms am Oberrhein herrscht König Gunther. Verheiratet ist er noch nicht. Auch seine Schwester Gutrune hat noch keinen Mann. Nach dem Willen Richard Wagners besitzt Gunther noch einen Halbbruder, namens Hagen, der ein Sohn Alberichs sein soll. Das Trio residiert in der Gibichungenhalle - so benannt, weil der gemeinsame Vater Gibich geheißen hat. Dessen Frau hieß angeblich Grimhild. Die Ehrvergessene ließ sich verleiten, mit Alberich fremd zugehen. Natürlich war dabei Zauberei im Spiel, denn sonst hätte die Konstruktion Richard Wagners nicht geklappt, dass Hagen ein Halbbruder Gunthers sein soll. Nur so hat der insgeheim Verachtetee die Berechtigung, sich überhaupt in der Gibichungenhalle aufhalten zu dürfen.

Um den Opernbesucher aber nicht vollends zu verwirren, sei darauf hingewiesen, dass der Komponist mit der Verteilung der Namen das Nibelungenlied - das bedeutendste Erzeugnis deutscher Literatur - ein wenig verhunzt hat. Deshalb sei klargestellt, eine Gutrune gibt es im Nibelungenlied nicht, dort heißt die erwähnte Person Krimhild. Die Mutter dreier Burgunderkönige ist aber nicht Krimhild, sondern Ute. Gewiss wäre es ihr nie in den Sinn gekommen mit dem Giftzwerg Alberich eine Liaison einzugehen. Diese kleine Stammbaumforschung soll dazu dienen, die Wahrheit ans Licht zu rücken. Aus dramaturgischen Erfordernissen hat Richard Wagner hier gemogelt und einen kleinen Winkelzug arrangiert.  

Gunther möchte von Hagen gern bestätigt haben, dass es sich am Rhein gut leben lässt. Ihm gehöre zwar die Königswürde, weil er der Erstgeborene sei, dafür habe aber Hagen die Weisheit gepachtet. Noch wichtiger als Weisheit sei Ruhm, widerspricht der Umschmeichelte. Hagen kennt Güter, die der andere noch nicht gewann. Unbeweibt sei er und nicht in der Lage, den Pflichten seines Königreiches zu genügen. Auch Gutrune fehle ein Gatte. Gunther möchte wissen, wen Hagen vorschlägt. Das herrlichste Weib auf der Welt sei Brünnhilde, aber an diese sei schwer heranzukommen. Sie sitzt hoch auf einem Felsen, ist von einem Buschfeuer eingeschlossen und nur derjenige, welcher die Courage hat, den Wall zu durchdringen, darf die Augen zu ihr erheben. Gunther falle nicht unter die Begehrenswerten, denn nur dem Stärksten sei sie bestimmt. Und wer ist das? Der Naturbursche, welcher in Betracht komme, sei der Sohn eines Zwillingspaares. Im Wald sei er aufgewachsen und habe bereits etliche kühne Taten vollbracht. Aber warum sollte Brünnhilde sich das Luxusobjekt angeln? Vielmehr wäre er der passende Partner für Gutrune. In der Tat, der Bursche bezwang einen riesigen Wurm und schloss ihm den gefräßigen Schlund mit einem einzigen Schwertstreich. Jetzt ist der blonde Jüngling Besitzer des Nibelungenhorts und hat ihn bei der Rheinischen Bank deponiert. Hagen weiß noch zu berichten, dass die Nibelungen ihm dienen. Gunther ärgert sich, dass Hagen in ihm Begehrlichkeiten weckt, ihm aber gleichzeitig die Ausweglosigkeit ausmalt, das begehrenswerte Weib auch zu bekommen. Hagen fasst den Bruder am Ärmel und zwinkert ihm zu. Wenn Siegfried die Braut herbrächte, würde sie ihm auch gehören. Und warum sollte Siegfried sich auf einen Deal einlassen, der ihm nichts bringt? Damit er einen Anreiz hat, müsste man ihm Gutrune zur Eheschließung anbieten. Gutrune spitzt ihre Lauscher. Aber wenn Siegfried solch ein herrlicher Held ist, wie Hagen behauptet, wird er sich mit schönen Frauen längst eingedeckt haben.

Mit leiser Stimme erklärt Hagen dem Mädchen die Funktion eines Liebestrankes. Gesetzt den Fall, Siegfried beträte die Gibichungenhalle und sie würde ihm das Gebräu kredenzen, würden seine Sinne völlig durcheinander geraten. Alle Frauen, die er bisher verwöhnte, würden vergessen und nur die neueste Eroberung Objekt seiner Wünsche sein. Gunther und Gutrune sind von Hagens Idee fasziniert und alle drei loben die Mutter, die den Prachtkeks gebar. Wäre es vielleicht denkbar, dass Siegfried auf die Jagd gehen  und zur Gibichungenhalle einen Abstecher machen könnte? 

Ein Signalhorn ertönt aus der Ferne. Man begibt sich auf den Söller und schaut den Rhein hinunter. Tatsächlich sehen die drei Neugierigen einen Nachen mit Ross und Reiter näher kommen. Wenn ein Mann das Ruder mit starkem Arm ungewöhnlich schwungvoll gegen die Strömung schwingt, ist er auch in der Lage, einem Drachen eins aufs Maul zu geben. Ist er vielleicht zufällig der junge Königssohn aus Xanten, der nach Abenteuern sucht? „Hoi, hoi! Warum so eilig?“ Will der teure Held etwa vorbeirauschen? Gutrune zückt ihr Schnupftüchlein und winkt. Möchte der hehre Gast vielleicht einen Krug Met zusammen mit ihnen trinken? 

Zweite Szene:

Heil! Siegfried, teurer Held!“ Hagen begrüßt den Ankömmling. Dieser versucht zu erraten, wer unter den Anwesenden Gibichs Sohn sei. Gunther stellt sich vor. „Willst Du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich Dir den Schädel ein“, gibt Siegfried seine Haltung zu erkennen. Doch Gunther wertet die Begrüßung des Raufbolds als Scherz und bietet seinem Ross einen geeigneten Rastplatz an. Wieso redet Hagen ihn mit seinem Vornamen an? Kennt er ihn etwa? Er habe ihn an seinem kräftigen Wuchs erkannt! Er soll besonders auf Grane aufpassen - das Pferd sei von edler Zucht! Der Held soll die Halle des Gibichungen-Vaters begrüßen und sich wie zu Hause fühlen. Gastfreundschaft kann Siegfried als Gegenleistung nicht bieten, aber sein Schwert wird ihn unterstüzen, da er ihm seinen freundschaftlichen Bund anbietet. Er soll nicht so bescheiden auftreten, denn man sagt, dass der Nibelungenhort ihm gehöre. Dem Schatz habe er überhaupt keine Beachtung geschenkt, behauptet Siegfried, weil er Besitztum prinzipiell unnütz findet. Den Plunder ließ er dort liegen, wo er ihn vorfand und wo der Wurm ihn einst bewachte. Und er nahm wirklich nichts mit? Das Gebastelte interessiere ihn nicht, denn er weiß nicht, was er damit anfangen soll. Hagen zweifelt seine Auskunft an. Der Tarnhelm zum Beispiel sei ein kleines Wunderwerk. Wenn er ihn sich aufs Haupt stülpt, kann er sich in jede Gestalt verwandeln. Wünscht er zu verreisen, genügt der Vater des Gedankens und er wird unverzüglich ans Ziel gelangen. Vor dem Ring, den er ebenfalls entnommen habe, soll er sich hüten. Der Ring gehört ihm nicht mehr, behauptet Siegfried. Er schenkte den Goldschmuck einem edlen Weib. Meint er Brünnhilde? 


Hagen tritt zur Tür, hinter der Gutrune auf der Lauer liegt. „Willkommen Gast, in Gibichs Haus! Seine Tochter reicht Dir den Trank!“ Siegfried nimmt einen tiefen Schluck aus dem Trinkhorn und spricht ein paar rätselhafte Worte. Die Maid weiß genau,was sie gemacht hat und senkt verschämt den Blick. Die Wirkung des Tranks setzt sofort ein. Siegfried erklärt, dass er dem Bruder seine Freundschaft angeboten habe, doch offenbar kann dieser damit nicht viel anfangen. Wenn ihr Übermut ihm das gleiche Angebot mache, würde er sich zum Bunde bieten.

Gutrune fängt den Blick Hagens ab und interpretiert, dass sie im Augenblick gar nichts sagen soll, sondern züchtig zu verschwinden habe. Siegfried ist verzückt, wechselt aber das Thema und fragt Gunther, ob er ein Weib habe. Dieser verneint und gibt als Grund an, dass er das, was er haben will, nicht bekommen kann, denn sie sitzt hoch auf einem Felsen und ein Buschfeuer umgibt ihre Wohnung. Nur wer das Feuer durchdringt und bei ihr einbricht, darf Brünnhildens Freier sein. Bei der Nennung des Namens zuckt Siegfried noch einmal zusammen und dann verschwindet Brünnhilde im Mülleimer seiner Erinnerung. Gunther bedauert, die hochmütige Frau nicht erringen zu können, denn er kommt den Felsen nicht hoch, weil er nicht klettern kann. 

Ich fürcht' kein Feuer,
für dich frei ich die Frau;
denn dein Mann bin ich,
und mein Mut ist dein, 
gewinn' ich mir Gutrun' zum Weib." 

Die frischgebackenen Freunde beteuern einander. „Gutrune gönn' ich Dir gerne!“ „Brünnhilde bringe ich dir!“ Wie will Siegfried es anstellen? Mit Hilfe der Tarnkappe leiht er sich seine Gestalt. Zum Schwur hat man schnell ein paar zünftige Wagner-Verse zur Hand und jetzt kann der Deal nicht mehr rückgängig gemacht werden. Warum schwört Hagen nicht auch mit ihnen Blutsbrüderschaft? Weil der Lebenssaft nicht edel genug ist und immerzu stockt, bleibt Hagen dem Bund fern.

Nun geschwind auf die Reise! Hagen bewacht zwischenzeitlich die Halle. Um zuvor eine kleine Rast einzulegen, besteht keine Zeit mehr. Gutrune möchte noch gern wissen, wohin die Schiffsreise geht. Brünnhilde gewinnen, ist die schlüssige Antwort - anschließend sei auch sie zu Hochzeit fällig! Siegfried soll tatsächlich ihr gehören? Gutrune jubelt und Hagen singt seine Bravourarie: „Hier sitz' ich zur Wacht.“ Er freut sich bereits mit Hilfe des Ringes die Macht der Welt an sich reißen zu können. 

ORCHESTERZWISCHENSPIEL 

Dritte Szene: 

Brünnhilde sitzt auf dem Walkürenfelsen und küsst den kostbaren Ring, den Siegfried ihr zum Abschied überlassen hat. Wonnige Erinnerung überfällt sie in regelmäßigen Abständen und verkürzen ihr die Wartezeit auf ihn. In der Ferne hört sie es donnern, aber es ist kein Gewitter, sondern zu ihrer großen Verwunderung kommt ihre Schwester Waltraud aus Walhall angebraust, um sie zu besuchen. Sie reitet aber kein Walross – diese Säuger wohnen im Wasser – auch kein Wogenross, sondern ein Luftross. Diese Lasttaxis gleichen eher einem Ackergaul, denn ihre Rücken wurden manchmal mit gefallen Helden hoffnungslos vollgepackt, um den Beschützern des Vaterlandes über den Wolken eine verdiente Heimstatt zu bieten. 

Was ist mit der Waberlohe? Bietet sie Brünnhilde keinen Schutz mehr vor Rüpeln und Sittenstrolchen? Ach Schwester, aus dem prasselnden Feuerring ist ein Schwelbrand geworden! Manchmal flackert er noch ein bisschen aber Loki verrichtet seine Arbeit wirklich extrem nachlässig und macht nur ab und zu mal ein bisschen Wind.

Bis vor kurzem hatte Brünnhilde noch drei Nachbarinnen. Sie saßen die meiste Zeit am Spinnrocken und behaupteten, am Schicksal von Göttern und Menschen zu wirken, hatten aber weder ein Konzept noch eine Ahnung. Nur Murks, nichts als Murks haben sie fabriziert. In den Schatten einer Tanne hatten sie sich verkrümmelt; der Faden war ihnen gerissen und dann sind sie unvermutet abgetaucht.

Waltraute soll sich zu ihr 'rüberschwingen und den Renner in den Wald stellen. Hat Walvater nicht geschimpft, als sie ihm erzählte, sie wolle die liebe Schwester besuchen? Oder geht es ihr darum, sich hämisch zu freuen, weil es ihr miserabel geht? Doch, Waltraute hat ganz andere Sorgen. Walvater schickt die Schwestern nicht mehr zur Arbeit. Die gefallenen Helden liegen auf den Schlachtfeldern herum und verrotten. Wenn Wotan Information benötigt, schickt er seine Raben los. Ansonsten reitet er mit seinem Pferd allein durch die Welt, informiert sich ein wenig, regelt aber nichts. Walhall hat er in einem Anfall von Demenz angezündet. Die Götter wohnen in einem Trümmerhaufen. Zu den Mahlzeiten gibt es kein Obst mehr, denn der Apfelhof ist niedergebrannt. Keiner weiß, wo Freia sich herumtreibt, und wo Fricka Unterschlupf gefunden hat, ist unbekannt. An allem trägt der verhängnisvolle Fluch die Schuld, den der Giftzweg über den ihm entwendeten Ring verhängt hatte. Die Rheintöchter machen mordsmäßig Theater und geben wahrscheinlich nicht eher Ruhe, bis sie den albernen Reifen zurückbekommen werden. 

Was erwartet Waltraute eigentlich von der Schwester? Doch lassen wir den Komponisten auch einmal direkt zu Wort kommen, damit der Opernhörer nachvollziehen kann, wie der Komponist seine Phrasen baut. 

Welch banger Träume Mären
meldest Du Traurige mir! 
Der Götter heiligen Himmelsnebel 
bin ich Törin enttaucht:
nicht fasse ich, was ich erfahre.
Wirr und wüst scheint mir dein Sinn;
in deinen Augen so übermüde,
glänzt flackernde Glut.
Mit blasser Wange, du bleiche Schwester,
was willst du Wilde von mir?“ 

Waltraute rät, dass sie den Ring, den sie an ihrer Hand trägt, ins Wasser werfen soll, damit die Rheintöchter ihr Gold wieder zurückbekommen. Siegfried Liebespfand soll sie den Rheintöchtern geben? Ist Waltraute von Sinnen? Weiß sie überhaupt, was der Ring ihr bedeutet? Mehr als Walhalls Wonne, mehr als der ewige Ruhm! Kann die gefühllose Maid überhaupt erfassen, dass aus dem Ring ihr Siegfrieds Liebe entgegen leuchtet? Den Göttern soll sie zuraunen, dass sie von dem Ring niemals lassen wird. Es sei ihr schnurzpiepegal wenn Walhalls strahlende Pracht in Flammen aufgeht. Wird die lieblose Schwester sie mit einer solchen Antwort nach Hause schicken? Waltraute soll sich auf ihr Ross schwingen und dahin zurückkehren, wo der Sauerampfer wächst. Den Ring entführt sie ihr nicht! Wehe! Wehe! Walhalls Göttern wehe! 

SZENENWECHSEL 

Ein Gewitter zieht auf. Es stürmt fürchterlich und die Waberlohe klettert ein mal wieder über den Felssaum. „Was leckt so wütend die lodernde Welle zum Wall. Zur Felsenspitze wälzt sich der feurige Schwall.“ Erfreut vernimmt Brünnhilde aus der Tiefe Siegfrieds Hornruf. Entzückt fährt sie hoch. Auf, in ihres Heros Arme! Doch der Ankömmling ist nicht Siegfried. Brünnhilde weicht zurück und will wissen, wer zu ihr drang. Der Fremdling ist natürlich Siegfried, wirkt aber unter der Tarnkappe wie Gunther. 

Der Opernbesucher erinnert sich, dass Gutrunes Trunk den mutigen Helden in eine Identitätskrise gestürzt hat. Siegfried weiß zwar wer ist, aber nichts mehr von dem, was vorher passierte. Er gibt sich als Brautwerber Gunthers aus und befiehlt der Magd, ihm willig zu folgen. Brünnhilde höhnt, dass es nur dem Stärksten bestimmt sei, sie zu gewinnen. Die Getäuschte merkt den Betrug, kann ihm aber nicht analysieren. Von Grauen geschüttelt fragt sie den Eindringling, ob er von Menschen abstamme oder aus Griechenland komme?. Siegfried sagt aus, dass er ein Gibichung sei und begehrt werde sie von Gunther, dem sie nun bitte folgen soll. Brünnhilde gibt Wotan die Schuld und klagt ihn an, dass er sie erneut demütigen will. Der Besucher eröffnet ihr, dass sie sich in ihrem Bettgemach mit ihm vermählen wird. Brunhilde ist sich sicher, dass er sie zu dieser Schande nicht zwingen kann, da der Ring sie schützt. Was gibt es da eigentlich zu begreifen, durch den Ring sei sie Gunther vermählt. Der Räuber soll sich nicht erfrechen, sich ihr zu nähern. Der Ring mache sie stärker als Stahl. Es gibt ein Handgemenge in dem Brünnhilde natürlich den Kürzeren zieht. Der Sieger setzt die Wehrlose auf die Bank und macht ihr klar, dass sie ihm jetzt ihr Bettgemach gönnen soll. Doch Minne gibt es in der Nacht nicht, denn schließlich will Siegfried seinem Blutsbruder die Treue bewahren. Sein Schwert Notung benutzt er als Trennlinie und legt den Abstandhalter zwischen ihre Körper. Höchst seltsames Gebaren!

Zweiter Akt: (Fortsetzung 2. Blatt)


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




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