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Schöne Oper - kaum bekannt



Otto Nicolai [1810-1849]

Der Tempelritter

Il Templario


Oper in drei Akten

italienisch gesungen 

Libretto von Girolamo Maria Marini
nach dem Roman „Ivanhoe“ von Walter Scott

Uraufführung am 19. September 1840 in Triest
Premiere in Chemnitz am 7. März 2008

Personen

Cedrico, il Sassone
Vilfredo d’Ivanhoe, sein Sohn
Rovena, Mündel Cedricos, Ivanhoe zugeneigt
Briano di Bois Guilbert, Tempelritter
Isacco di York, Geldverleiher
Rebecca, seine Tochter

Das Geschehen spielt zum Ende des 12 Jahrhunderts in England
mit Bezug zum Heiligen Land


 




INHALTSANGABE

Vorgeschichte:

Vilfredo ist mit seinem Vater Cedrico zerstritten, weil er gegen dessen Willen mit dem Normannenkönig Richard Löwenherz, zu dem er in Opposition steht, ins Heilige Land reisen will, um für Ordnung zu sorgen. Die Verhältnisse dort sind instabil und schon bald wird der Abenteuerlustige im Kampf verwundet. Rebecca, eine Jüdin, wird seiner habhaft, zieht ihm die schwere eiserne Rüstung aus, behandelt seine Stichwunde und pflegt ihn gesund. Es ist nicht bekannt, ob Vilfredo rothaarig war oder einen blonden Schopf hatte; jedenfalls reicht der exotische Reiz vollkommen aus, sich in den Helden unsterblich zu verlieben. Inzwischen hat Vilfredo vom Kampfgetümmel und dem Gezänk um das Heilige Grab genug und setzt sich wieder in die alte Heimat ab. So einfach lässt die Verlassene sich aber nicht abschütteln: sie reist dem Flüchtling heimlich nach.

Erster Akt:

Ritterspiele sind nicht immer ganz ungefährlich und dienen der höfischen Unterhaltung. Dem Sieger senkt Mathilde den Lorbeerkranz auf die Stirn und verschenkt als liebevolle Zugabe ihr Schnupftüchlein.

Ivanhoe hat beim Turnier von Ashby in Briano einen ernsthaften Gegner gefunden. Erwartungsgemäß gewinnt er gegen den als unbesiegbar geltenden Normannen. Damit hat er sich einen Todfeind geschaffen, denn der Verlierer, sieggewohnt, ist verschnupft. Die Siegerehrung Ivanhoes nimmt die Langzeitgeliebte Rovena vor. Ihre rosigen Wangen strahlen, denn in Vilfredo sieht sie ihren zukünftigen Gemahl. Rebecca, die als Zuschauerin beim Turnier zugegen ist, gewahrt es mit Betrübnis. 

Rebeccas Vater - es handelt sich um den prominenten Bankier Isaac von York - ist schon seit längerer Zeit in England ansässig, denn das Abendland hat allen Schauermärchen zum Trotz wirtschaftliche und auch touristische Reize. Man kann davon ausgehen, das Isaac in seiner Eigenschaft als Geldverleiher über Vermögen verfügt, denn beide finden sofort Zuflucht beim Burgherren Cedrico. Ein schützender Arm ist auch erforderlich, denn in Europa ist es zurzeit üblich, Andersgläubige zu verfolgen.

Zweiter Akt:

Der Normanne Briano, der das Mädchen ebenfalls liebt, hat seine Niederlage nicht verkraftet und entführt Rebecca auf seine Burg, insbesondere um seinen Rivalen zu treffen. Praktisch wäre es nun, die Werbung der Besatzungsmacht anzunehmen, zumal Ivanhoe doch an  Rovena gebunden ist. Statt dessen rügt sie ihren Verehrer, ob er nicht wisse, dass es für ihn als Tempelritter verboten sei, eine Andersgläubige zu begehren. Briano, nach dessen Status die Oper benannt wurde und der sie ehrlichen Herzens liebt, ist maßlos enttäuscht, zurückgewiesen zu werden, entzieht der Geliebten seinen Schutz aber nicht. Die Undankbare möge sich vorsehen, denn der Großmeister des Ordens habe seine strafende Hand bereits nach ihrer Person ausgestreckt.

Ebenso unbedacht wie überflüssig erscheint Isaac, um eine Zeremonie der Templer zu stören. Lautstark lamentiert er nach seiner Tochter und bringt Briano in arge Bedrängnis.

Dritter Akt:

Ein Grund ist bald gefunden; der Großmeister bewegt sich und verurteilt Rebecca als Hexe zum Tod auf dem Scheiterhaufen. Dieser ist schnell geschichtet und die Verurteilte schaut sich die Welt bereits von oben an. Briano rät im letzten Moment, Revision einzulegen und schlägt ein Gottesurteil vor. Durch einen Zweikampf soll die Unschuld des geliebten Mädchens bestätigt werden. Doch die Tempelritter stimmen ab: sie akzeptieren zwar einen Zweikampf auf Leben und Tod, beschließen jedoch, dass Briano den Glauben zu vertreten habe und sich von seiner irrigen Liebe trennen muss. Doch Rebecca hat wider Erwarten jemand anderen, der für ihre Unschuld eintritt. Es ist Ivanhoe, der sich mit seinem Vater vertragen, von Rovena Urlaub genommen hat und seiner Lebensretterin nachgereist ist. Die Macht der Gefühle beflügelt ihn und im Zweikampf spaltet er dem edlen Normannen das Haupt.

Rebecca gelingt es noch, vor der Menge ihre nie erlöschende Liebe zu Vilfredo zu erklären, dann schlagen die Emotionen über ihrem Haupt zusammen und sie sinkt entseelt zu Boden.

Anmerkungen:

Englischer König war seinerzeit Richard Löwenherz, der sich zur Heimat seiner Mutter, die aus Aquitanien stammte, hingezogen fühlte. Selbst sprach er kaum englisch, hielt sich auch nur selten auf der Insel auf und lenkte den dritten Kreuzzug, welcher auf dem Heimweg mit seiner Gefangennahme und Haft in Österreich unrühmlich endete. Der Zwist zwischen Cedrico dem Sachsen und seinem Sohn Ivanhoe hatte also handfeste patriotische Hintergründe.

                    
                             Otto Nicolai

Carl Otto Ehrenfried Nicolai wird heute von der Musikwelt fast ausschließlich auf seine lustigen Weiber von Windsor angesprochen. Niemand hatte registriert, dass er eine ruhmreiche italienische Vergangenheit hatte, weil seine Opernpartituren als verloren galten. Musikwissenschaftler haben recherchiert und halten neben „Die lustigen Weiber von Windsor“ inzwischen zwei weitere Werke für aufführungswürdig. Es sind die Opern „Il Proscritto (Der Verbannte)“ und „Il Templario (Der Tempelritter)“. Walter Scotts Roman hatte vor ihm allerdings schon Heinrich Marschner unter dem Titel „Der Templer und die Jüdin“ vertont.

Zwischen 1840 und etwa 1870 fanden in fast allen italienischen Opernhäusern, außerdem in Wien, Budapest, Barcelona, Córdoba, Lissabon, Budapest, Bukarest, Brüssel, Bordeaux, Paris, St. Petersburg und Buenos Aires Aufführungen von „Il Templario“ statt. Die Deutschen sperrten sich gegen das italienischsprachige Werk, bis nun endlich das Theater Chemnitz sich am 7. März 2008 die Ehre gab, das Opus des großen Königsberger Komponisten erstmalig auf deutschem Raum vorzustellen.

Während des Dritten Reichs war eine Umarbeitung unter dem Titel „Die Saraszeninnen“ geplant gewesen, doch eine Bombe traf „Bote und Bock“ und vernichtete das gesamte Aufführungsmaterial. In jüngster Zeit haben schürfende Musikwissenschaftler Abschriften von Partituren an drei verschiedenen Orten wieder aufgefunden und miteinander verschmolzen, so dass einer Renaissance nach fast 170 Jahren kein Hindernis im Weg steht.

***
musirony 2009 - Engelbert Hellen
  
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