Schöne Oper - kaum gehört
Der Erzbischof von Mainz
Max Bruch [1838-1920]
Die Loreley
Große Romantische Oper in drei Akten
op 16
deutsch gesungen
Libretto von Emanuel Geibel
Uraufführung am 14. Juni 1863 am Hoftheater Mannheim
Charaktere:
Der Erzbischof von Mainz (Bass)
Berta, Gräfin von Stahleck, seine Nichte (Sopran)
Pfalzgraf Otto (Tenor)
Leupold, sein Seneschall (Bass)
Reinald (Minnesänger)
Hubert, Fährmann und Schankwirt (Bass)
Leonore, Huberts Tochter (Sopran)
und weitere
Das Geschehen spielt im Mittelalteram wunderschönen deutschen Rhein
HANDLUNG
Erster Akt:
Pfalzgraf Otto vergnügt sich in Begleitung von Reinald an einer felsigen Wand am Rheinufer mit Kletterkunststücken. Der Minnesänger versteht nicht, was der Graf im Moment in der Wildnis zu suchen hat, steht doch zur ersten Vesperstunde die Vermählung mit seiner Braut Berta an. Otto offenbart, dass er einst bei der Jagd auf eine schöne Jungfrau traf, die ihm ein Lied vorsang und ihm zu trinken gab. Seither gehört ihr sein Herz. In einem langen Monolog sinniert er über seine Treue zu Berta und seinen Seitensprüngen mit der schönen Leonore aus dem Wald.
Schlussendlich reißt er sich los und verabschiedet sich von Reinald, um nach seinem Liebchen zu suchen. Von Leonores Gesang zu ihr geführt, gestehen sich beide Ihre Liebe, doch der Pfalzgraf möchte über etwas Ernstes reden, was Leonore nicht hören will. Sie will, dass ihr Geliebter ganz für sie allein da ist. Von der Glocke der Waldkapelle an seine Hochzeit erinnert, reißt sich Otto schroff von Leonore los und lässt sie entmutigt und verständnislos zurück.
Im Rheintal bei Bacharach beladen die Winzer ein Schiff mit Wein, welcher in die Pfalz transportiert und für die Hochzeit bereitgestellt werden soll. Bevor sich die Rudermannschaft in Bewegung setzt, stößt man noch einmal auf den gepriesenen Rebensaft an. Die Winzer fordern den alten Hubert auf, seine schöne Tochter Leonore zu rufen, die wie immer das Angeln am Rhein der Gesellschaft der derben Winzer vorzieht.
Als sie kommt, ernennt eine Winzerin das Mädchen zur Sprecherin der Winzergilde bei der Hochzeit und betraut sie mit der Aufgabe dem Paar den Hochzeitswein zu kredenzen. Desinteressiert sagt sie zu. Bei der Zeremonie entlohnt Otto die reichen Gaben der Winzer mit barer Münze. Berta lässt Leonore rufen, welche beim Anblick Ottos erschrocken zusammenfährt. Sie muss die bittere Erfahrung machen, dass ihr Geliebter, dem sie im Wald begegnete, nun jegliche Intimität mit ihr leugnet. Der Pfalzgraf ist im Begriff, sich zu vermählen, und es ist ihm unangenehm, zuzugeben, dass er die Kleine kennt. Zweckmäßig fällt sie in Ohnmacht und gerade, als sie wieder zu sich kommt, befiehlt Otto peinlich berührt, den schleunigen Weiterzug der Hochzeitsgesellschaft zum Schloss.
Die Rheintöchter treiben in der Nacht ihr Unwesen bei den Felsen. Als Leonore verzweifelt und wütend durch den Wald irrt, ihre Liebe verflucht und Rache schwört, horchen die Spukwesen auf und bieten ihre Hilfe an. Gegen ihr Herz und ihre Liebe soll sie die besondere Fähigkeiten erhalten, Männer zu umgarnen und ins Verderben zu stürzen.
„Gebt mir Schönheit, Männer verblendende!
Gebt mir die Stimme süß zum Verderben!
Gebt mir tödliche Liebesgewalt!“
Die Unbequemlichkeit, in den Tiefen des Rheins zu wohnen, nimmt Leonore gern in Kauf, hofft sie doch auf Rache wegen der beschämenden Affäre mit dem untreuen Otto üben zu können.
„Wie ich den Schleier hier zerreiße,
sei zerrissen meine Liebe!
Flattre sie hin in den Lüften!
dem Wind, dem Sturme
vermach' ich sie.
Mein Herz versteine
wie diese Felsen
fühllos harren.
Dir, o Strom,
brausender, kalter,
zum Preis der Vergeltung
Verlob' ich mich an.
Nimm hin zum Pfande,
nimm hin den Brautring!
Wenn sich das Werk
Der Rache vollendet,
Bin ich dein und gehör' ich dir an!“
Zweiter Akt:
Auf der Burg wird indessen die rauschende Hochzeit gefeiert. Der Chor jubelt dem Brautpaar zu, welches sich innig gegenseitige Liebe gesteht. Als man den Beginn des Banketts verkündet, fordert Otto Reinald auf, ein Minnelied zu singen. Das Lied missfällt dem Grafen, denn es handelt von der Gefährlichkeit von Seitensprüngen. Nach der zweiten Strophe unterbricht er Reinald erregt und gibt Anweisung, dass der Mundschenk den goldenen Pokal bringe, aus dem das Brautpaar an diesem Abend das erste mal gemeinsam trinken wird.
Zur großen Überraschung ist es Leonore, die einer Gruppe von Winzern vorranschreitend, den gefüllten Becher überreicht. Nach dem ersten Schluck wird Otto von verzehrender Lust auf Leonore befallen und nachdem diese ihm in sein Ohr geflüstert hat, dass es ohnehin kein Entrinnen gebe, gesteht er öffentlich dem zauberhaften Mädchen seine Liebe. Die geprellte Braut kann die Tränen nicht zurückhalten und verlässt gedemütigt den Saal. Die anwesenden Ritter sind ebenfalls von Leonores Schönheit derart geblendet, dass einer nach dem anderen ihr verfällt und jeder sie exklusiv für sich beansprucht. Nach einem verbalen Gerangel um die betörende Frau, zieht man sein Schwert, um nach vorgegebener Manier ritterlich um die Maid zu kämpfen. Otto hält Leonore mit der Linken umschlungen und kämpft mit der Rechten.
Der Erzbischof platzt in geistlicher Begleitung mit einer überschaubaren Schar von Rittern herein und stoppt das Gefecht. Schnell ist Leonore als Wurzel allen Übels identifiziert und wird als Hexe abgeführt. Otto versucht, die Ritter auf den mächtigen Klerus zu hetzen. Die Angefeuerten trauen sich aber so recht nicht, denn sie fürchten Gottes Zorn und halten Abstand. Notgedrungen ist Otto zerknirscht und gibt sich geschlagen. Der Besiegte wankt der Prozession brav hinterher, welche seine Geliebte zum Hexengericht in den Dom bringt.
Berta hat Zuflucht in einer abgeschiedenen Kapelle des Doms gefunden und blickt sehnsüchtig auf den noch ausliegenden Hochzeitsschmuck. Sie betet und vertieft sich in Selbstmordgedanken. Reinald überrascht sie und berichtet von dem angeschlagenenen Zustand Ottos und der bevorstehenden peinlichen Befragung Leonores. Der Vorhang zur Kapelle hebt sich und die Umstehenden erblicken das Inquisitionsgericht. Als die Angeklagte zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wird, beginnt sie wunderschön zu singen, was alle Anwesenden magisch anzieht und die Priester sowie den Bischof zum Freispruch Leonores bewegen.
Als Otto aber sogleich wieder plant, das Mädchen erneut zu erobern, treten Bertha und der Bischof entschieden für die Heiligkeit der Ehe ein. Otto will einem Verzicht nicht nähertreten und stößt seine Ehefrau brutal von sich, so dass sie hinfällt. Dem Erzbischof reißt nun endgültig der Geduldsfaden und er spricht über den Grafen den Kirchenbann aus, was in mittelalterlicher Praxis permanente Gefahr für Leib und Leben bedeutete. Otto schreckt entsetzt auf, denn alle Anwesenden machen einen großen Bogen um den Ausgestoßenen. „Fluch über euch! Fluch über mich!“ - Der Vorhang schließt sich.
Dritter Akt:
Die Winzer loben einmal mehr den Herbst und frönen seinen Gaben. Sie feiern ein ausgelassenes Weinfest, als Hubert außer Atem hinzukommt und den Tod Bertas berichtet. Er selbst fühlt sich schuldig, da seine Tochter alles Übel ausgelöst hat und die tröstenden Worte seiner Freunde will er nicht hören. Das Fest wird abgebrochen und alle gehen, um der Fürstin Berta die letzte Ehre zu erweisen. Otto hat vor einer Kirche platzgenommen, ist ermattet und fühlt sich als Ausgestoßener leer nach seiner langen, verzweifelten Suche nach Leonore. Während die Melodie eines Psalmes aus dem Kircheninneren zu ihm dringen beschießt er, seine Trägheit zu überwinden und nach Leonore weiterhin zu suchen.
An einer Klippe am Rhein singt Leonore vom Verlust ihres Herzens. Otto findet sie und ist überglücklich, doch sein Liebchen zeigt sich geistesabwesend und kalt. Trotz flehentlichen Bittens, weist sie ihn von sich. Schlussendlich sieht der verzweifelte Otto seine persönliche Existenz vor dem Aus und stürzt sich von der Klippe in den Rhein. Die Rheintöchter klatschen in die Hände und bejubeln die gelungene Rache. Leonore spricht eine Warnung an alle männlichen Ehebrecher aus:
„Wer hinfort mir naht, und die Treue verritet,
Ihn reißt mit Gewalt in die Strudel mein Lieb,
dass er Tod un Verderben erjage.“
© 2011 Raphael Lübbers