musirony - Die Meistersinger von Nürnberg
 

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Richard Wagner [1813-1883]

Die Meistersinger von Nürnberg

The Mastersingers of Nuremberg


 

Oper in drei Akten

deutsch gesungen 

Libretto vom Komponisten 

Urauffühung am 21. Juni 1868 in München  

Dauer: ca. 270min

Charaktere:

Hans Sachs, Schuster (Bassbariton)  
Veit Pogner, Goldschmied (Bass)  
Kunz Vogelsang, Kürschner (Tenor)  
Konrad Nachtigall, Spengler (Bass)  
Sixtus Beckmesser, Stadtschreiber (Bariton)  
Fritz Kothner, Bäcker (Bariton)  
Balthasar Zorn, Zinngießer (Tenor)   
Ulrich Eißlinger, Gewürzkrämer (Tenor)  
Augustin Moser, Schneider (Tenor)  
Hermann Ortel, Seifensieder (Bass)  
Hans Schwarz, Strumpfwirker (Bass)  
Hans Foltz, Kupferschmied (Bass)  
Walther von Stolzing, ein junger Ritter aus Franken (Tenor)  
David, Sachsens Lehrbube (Tenor)  
Eva, Pogners Tochter (Sopran)  
Magdalena, Evas Amme (Alt)  
Ein Nachtwächter (Bass)   

Die Geschehen spielt im spätmittelalterlichen Nürnberg



HANDLUNG 


Erster Akt:

Der Ritter Walther von Stolzing ist in Nürnberg beim Goldschmied Veith Pogner abgestiegen und hat sich prompt in dessen Tochter Eva verliebt, welche seine Gefühle teilt. Nach dem Gottesdienst nimmt der tapfere Junker seinen Mut zusammen und spricht Eva an. Er muss erfahren, dass sie nach dem Wunsch ihres Vaters den Sieger eines Wettsingens heiraten soll. Walther beschließt daran teilzunehmen und es zu gewinnen.

Evas Freundin Magdalena bittet ihren Verlobten, den Schusterlehrling David darum, den Neuankömmling Walther mit den Regeln des Meistergesangs, wie ihn die Zünfte in Nürnberg pflegen, vertraut zu machen. David, der bei Hans Sachs nicht nur das Schustern, sondern auch das Meistersingen lernt, erläutert dem Ritter erfolglos das hochkomplizierte und verästelte Regelwerk. Stolzing ahnt schnell, dass er keine Zeit hat, den mühsamen und langen Weg der Ausbildung zum Meistersinger zu gehen, sondern ohne große Vorbereitung ein Meisterlied zusammenbringen muss, um damit am Sängerwettstreit teilzunehmen. 

Die Meister versammeln sich zur Vereinssitzung. Der Stadtschreiber Sixtus Beckmesser, welcher Ambitionen auf die Heirat mit der schönen Eva hat, ist aufgrund eines von Pogner aufgestellten Punkts in den Wettkampfregeln besorgt: Seine Tochter ist nicht gezwungen, den Sieger des Wettkampfs zu heiraten und so so sieht sich der alternde Junggeselle in denkbar schlechter Startposition und macht sich wenig Hoffnung. 

Walther spricht bei Pogner vor und bittet um Aufnahme in die Nürnberger Sängerzunft. Pogner ist hocherfreut und verkündet den versammelten Meistern, dass er beim diesjährigen Wettsingen keinen Geldbetrag, sondern seine Tochter als Preis aussetzt. Hans Sachs schlägt vor, dass man statt der Jury, bestehend aus Meistern, besser Eva und das Volk den Sieger erwählen lassen soll. Die Idee trifft auf kein Gehör – man fürchtet um die Aufweichung der althergebrachten, strengen Zunftregeln der Sänger und befürchtet einen Verfall der Kunst. 

Walther wird gefragt, bei Welchem Meister er gelernt habe und antwortet, dass er bei Walther von der Vogelweide und dem Vogelzwitschern im Frühling seine Profession geschliffen habe. Dies verwirrt die Meister; er ist laut den Regeln weder Dichter noch Sänger, wird aber zum Vortrag eines Liedes als Beweis seiner Kunst zugelassen. Er wird gebeten sich auf den Singstuhl zu setzen und sein Lied nach den Gebräuchen seiner Region vorzutragen. Beckmesser betätigt sich als Merker – er notiert die Anzahl der Fehler mit quietschender Kreide auf einer Tafel. Maximal sieben Fehler sind erlaubt. Stolzing singt mit leidenschaftlichem Ton, entflammt von seiner Liebe zu Eva, doch der Rivale Beckmesser kreidet genüsslich eine ganze Tafel voll Fehler an. Trotz Sachs' Fürsprache wird die Aufnahme des jungen Ritters in die Meisterzunft einstimmig abgelehnt.

"Am stillen Herd in Winterszeit,
wann Burg und Hof mir eingeschneit,
wie einst der Lenz so lieblich lacht'
und wie er bald wohl neu erwacht', ein altes Buch vom Ahn vermacht,
gab das mir oft zu lesen.
Herr Walther von der Vogelweid'
der ist mein Meister gewesen.
"

Zweiter Akt: 

David berichtet seiner Verlobten Magdalene vom Misserfolg Stolzings und Veith Pogner versucht vergeblich, die Entscheidung seiner Tochter gegenüber zu rechtfertigen. Magdalena erzählt Eve, dass Beckmesser plant, ihr in der Nacht ein Ständchen zu bringen, um sein Lied für den Wettkampf schon einmal vorab auszuprobieren. Eva überredet die Freundin, sich an ihrer Statt am Fenster zu zeigen. 

Hans Sachs ist verwirrt aufgrund des jungen Stolzing. Sein Gesang hat ihn trotz Regelwidrigkeiten beeindruckt. Er kann sich nicht recht auf seine Arbeit konzentrieren. Eva erkundigt sich bei ihm nach Stolzing, wie es ihm ergangen ist. Auch Sachs berichtet vom Scheitern des Ritters. An den emotionalen Regungen Evas erkennt er, dass sie in Walther verliebt ist, und dass es nun an ihm ist, den beiden jungen Leuten zu helfen und er entsagt der Ambition einer ehelichen Verbindung mit Eva. Als das Paar allerdings im Dämmerlicht flüchten will, wird es von Sachs aufgehalten, der vor seiner Tür ein Paar Schuhe von Beckmesser auf die Leisten gespannt hat und mit dem Hammer lautstark bearbeitet. 

Nun taucht auch noch Beckmesser auf, um sein schmachtendes Lied am Balkon Evas zu singen. Sachs stört ihn bei seinem Werk und beide einigen sich darauf, dass Sachs den Merker spielt, indem er bei jedem Fehler mit dem Hammer auf die Schuhe schlägt. Da Beckmesser aber derart gegen die Tabulatur verstößt, kann Meister Sachs genüsslich hämmernd Beckmessers Schuhe zuende reparieren. 

Der veranstaltete Lärm bringt halb Nürnberg auf die Straße. David verprügelt den Beckmesser, weil er ihn für einen Nebenbuhler um die Gunst Magdalenas hält, und nach und nach gerät die ganze Stadt in einen großen Tumult. Kurz formuliert: eine Massenschlägerei ist unvermeidlich! Eva und Walther wollen die Gelegenheit nutzen um das Weite zu suchen, werden aber von Sachs im letzten Moment überrascht. Während Walther in das Haus des Schuster gezerrt wird, läuft Eva bestürzt in ihr Elternhaus. Nachdem sich die Wogen auf der Straße geglättet haben, ist wieder alles beim wie zuvor: ein friedlich schlummerndes Nürnberg bei romantischem Mondschein. Der Nachtwächter hat nichts bemerkt und sagt brav die Stunde an. 

Dritter Akt:

Sachs grübelt über das angeborene Verhalten des Menschen, kommt aber zu keiner klaren Erkenntnis, denn er sieht überall Wahn. Er nimmt sich vor, einer jungen aufkeimdenden Liebe zu helfen. Nachdem David ihm zum Namenstag gratuliert hat, erzählt Stolzing, der die Nacht bei Sachs auf der Couch übernachtet hat, von einem wundervollen Liebestraum. Sachs ist begeistert und kommt auf die Idee, ein Meisterlied daraus zu machen. 

 

Der übel zugerichtete Beckmesser kommt, um seine Schuhe zu holen und stolpert über das am Boden liegende verwehte Papier mit den Reimen.  Er hält es Sachs bei dessen Rückkehr unter die Nase und bezichtigt ihn, ebenfalls um Eva werben zu wollen. Um dem Missverständnis aus dem Weg zu gehen, schenkt Sachs dem Empörten die Niederschrift. Letzterer ist dank seiner Großzügigkeit überglücklich und glaubt, mit dem hervorragenden Text den Sieg so gut wie in der Tasche zu haben. 

Eva kommt unter dem Vorwand, dass ihre Schuhe drücken würden, zu Sachs. Während dieser die Schuhe untersucht, erscheint Walther in großer Abendgarderobe. Der Anblick Evas inspiriert ihn spontan zu einer dritten, sinngebenden Strophe für sein Lied. Voller Freude ruft Sachs David und Magdalena herbei. Der Lehrling bekommt eine Ohrfeige und erhält damit den Ritterschlag zum Meister - das neue Lied wird „Morgentraumdeut-Weise“ getauft. Gemeinsam macht man sich auf zur Festwiese, wo sich das Schicksal Walthers und Evas entscheiden soll.  

Das Volk ist dort schon versammelt und man begrüßt freudig Meister Sachs. Beckmesser macht den Anfang, verdreht die Worte aus Walthers Lied, welches er nicht versteht, aber derart, dass es zur peinlichen Blamage für den armen Besserwisser wird. Wütend versucht er die Autorenschaft auf Sachs abzuwälzen. Dieser gibt sich ahnungslos und schlägt vor, Stolzing als Sänger und Zeugen anzuhören. Trotz ungewohnter Neuerungen begeistert er alle anwesenden mit seinem Preislied und Eva krönt schließlich ihren Geliebten zum Sieger. Pogner will ihn als Meister in die Zunft aufnehmen. Als Walther ablehnt, da er nichts mehr mit den eigenbrödlerischen Meistern zu tun haben und nur mit Eva glücklich leben will, reißt das Sachs zu seinem berühmten und vielfach diskutierten Schlussmonolog hin:  

Verachtet mir die Meister nicht
und ehrt mir ihre Kunst!
Was ihnen hoch zum Lobe spricht,
fiel reichlich Euch zur Gunst!
Nicht Euren Ahnen, noch so wert,
nicht Eurem Wappen, Speer noch Schwert,
dass Ihr ein Dichter seid,
ein Meister Euch gefreit,
dem dankt Ihr heut eu'r höchstes Glück.
Drum, denkt mit Dank ihr dran zurück,
wie kann die Kunst wohl unwert sein,
die solche Preise schließet ein? –
Dass unsre Meister sie gepflegt,
grad' recht nach ihrer Art,
nach ihrem Sinne treu gehegt,
das hat sie echt bewahrt:
blieb sie nicht adlig wie zur Zeit,
wo Höf' und Fürsten sie geweiht,
im Drang der schlimmen Jahr'
blieb sie doch deutsch und wahr;
und wär' sie anders nicht geglückt,
als wie, wo alles drängt und drückt',
Ihr seht, wie hoch sie blieb in Ehr'!
Was wollt Ihr von den Meistern mehr?
Habt acht! Uns dräuen üble Streich': –
zerfällt erst deutsches Volk und Reich,
in falscher welscher Majestät
kein Fürst bald (dann) mehr sein Volk versteht;
und welschen Dunst mit welschen Tand
sie pflanzen uns in deutsches Land.
Was deutsch und echt, wüßt' keiner mehr,
lebt's nicht in deutscher Meister Éhr'.
Drum sag ich euch:
Ehrt eure deutschen Meister:
dann bannt ihr gute Geister!
Und gebt ihr ihrem Wirken Gunst,
zerging in Dunst
das Heil'ge Röm'sche Reich.
uns bliebe gleich
die heil'ge deutsche Kunst! 

Stolzing hat es verstanden, er willigt ein in den Bund aufgenommen zu werden und unter dem Jubel des Volkes schließt sich der Vorhang.
 

Anmerkung: 

Wagner komponiert mit den Meistersingern einen interessanten Punkt in seinem Schaffen. Zum einen bildet die Oper ein burleskes Pendant zu seinem früheren Werk „Tannhäuser oder der Sängerkrieg auf der Wartburg“, zum anderen überwindet er die zuvor komponierte neuartig tastende und erotisch geladene Tristan-Partitur und kehrt zu eher konventionellen Form- und Harmonieschemen zurück, ohne die Errungenschaften der vorangegangenen Werke zu verwerfen. (Wagner bringt sogar ein Selbstzitat des berühmten Tristan-Akkords in den Meistersingern unter).

Problematisch wurde die Oper stets durch den überaus nationalistisch und konservativ geprägten Schlussgesang des Sachs sowie die Figur des Beckmessers angesehen. Dieser wird in manchen Deutungen als Karikatur eines jüdische Kritikers gesehen, welcher zwar die Theorie versteht, aber in der praktischen Kunst außer einem misslungenen Synagogalgesang kaum etwas zustande bringt. Wagners antisemitische Haltung ist vielfach beleuchtet worden und hinlänglich bekannt. 

Sieht man von den tendenziösen Anbandelungen der Oper ab, offenbart sich, trotz der großer Länge über weite Strecken eine zündende Spieloper, welche besonders in den Beckmesser-Szenen (insb. 2. Akt) musikalisch wie szenisch ausgesprochen gelungen genannt werden darf. 

Stolzings Preislied „Morgendlich leuchtend“ gehört zu den schönsten Einfällen des Bayreuther Meisters und wird in keinem Wagner-Recital großer Tenöre fehlen.

© 2011 – Raphael Lübbers

 




 


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