musirony - Irische Legende
 

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Schöne Oper - kaum bekannt


                    Franz Marc, Der Tiger


Werner Egk [1901-1983]

Irische Legende



Oper in fünf Bildern

  deutsch gesungen

  Libretto vom Komponisten
nach dem Versdrama „Countess Cathleen“ von William Butler Yeats

  Uraufführung am 17.08.1955 im Festspielhaus Salzburg

 Dauer etwa 2 Stunden

Charaktere:
Cathleen, eine Gräfin – Sopran
Aleel, ein Dichter – Tenor
Der Tiger – Bariton
Die Schlange – (nur visuell)
Der Geier – Tenor
Zwei Eulen – Sopran, Alt
Zwei Hyänen – Tenor, Bariton
Oona, die Amme – Alt
Zwei Hirten – Tenor, Bass
Ein Verwalter – Bariton
Ferner: Stimme hinter der Szene, leere Seelen, Engel
Erscheinung des verdammten Faust

Das Geschehen spielt in Irland zu legendärer Zeit

William Butler Yeats 

Dokumentation:
Label: Orfeo 2001
Salzburger Festspiele, Wiener Philharmoniker, Dirigent George Szell
Chor der Wiener Staatsoper

Gesangsolisten:
Cathleen - Inge Borkh
Aleel - Kurt Böhme
Der Tiger – Walter Berry
Der Geier – László Szemer
Erste Eule – Chloe Owen
Zweite Eule – Lilian Benningsen
Oona – Margarete Klose
Faust – Gottlob Frick
Erster Kaufmann – Max Lorenz
Zweiter Kaufmann – Oskar Czerwenka
Erster Hirte – Waldemar Kmentt
Zweiter Hirte – Theo Bayle
Die Schlange – Maria Litto
 


 

  Henri Rousseau: The SnakeCharmer

 HANDLUNG

Erstes Bild: DER DÄMONENWALD

Dämonisiert werden in diesem Drama Tiere, die bei der Bevölkerung mit keinem guten Leumund vertreten sind, denn sie agieren mit negativen Attributen. Markant geben sich zwei Hyänen, die als Kaufleute auftreten; hinzukommen zwei Eulen, ein Geier und eine Schlange. Letztere äußert sich nicht durch Zischen, sondern tanzt und kriecht vorwärts. Um einen kontroversen Dialog zu ermöglichen, sind auch Engel als Opposition zugelassen. Wortführer aller Anwesenden ist der Tiger, der feststellt, dass die Menschen es sich bisher aussuchen konnten, den Dämonen zu folgen oder vor ihnen zu fliehen. Das soll sich ab sofort ändern, denn die Hölle braucht frischen Zuwachs. Die Engel wenden ein, dass Alles beim Alten bleiben wird, denn es gäbe kein Mittel, welches die Meinungsfreiheit aufhebe.

Doch der Tiger ist anderer Ansicht und teilt auf Anfrage den übrigen Dämonen mit, dass man die Menschen mittels Hunger und Angst manipulieren könne. Wenn er aus seiner miesen Lage keinen Ausweg mehr sieht, wird er sich gefügig erweisen und dem Teufel seine Seele verkaufen. Erneut erscheinen die Engel und sehen jede Mühe als unnütz an, die Menschen beeinflussen zu wollen. Der Tiger hält den Gefiederten vor, dass es ihnen bisher nicht möglich war, die Erde umzugestalten, aber den Dämonen sei es gelungen, die Welt zur Hölle zu machen. Kleinlaut machen die Engel sich davon. Der Tiger verkündet nun die große Hungersnot, welche die Bevölkerung untertänig machen soll.

Verwelken soll alles Fleisch von dieser Stunde an! Verdorren soll jeder Halm und alles, was grün ist und Nahrung heißt! Der Tiger befiehlt den Kaufleuten zu den Hungernden zu gehen. Sobald die Verzweiflung laut wird und wenn Etliche anfangen, Heu zu essen, dann fangt selbst an, auf Marktplatz und Kreuzweg genüsslich zu speisen, dass ein jeder es sehen kann. Viel Fettes und Saures, schwarzes und weißes Brot, Fleisch kleingehackt oder in Stücken. Gebackenes, Gekochtes sowie Gebratenes – keine Kategorie soll fehlen! Zeigt euren Überfluss! Wenn euer Bauch aber voll ist, dann verbrennt die Reste oder vergrabt, was ihr nicht essen könnt - und was ihr nicht mehr trinken könnt, das gießt aus!“

Doch wenn die Hungernden nach dem Sinn solcher Handlungsweise fragen, sollen sie einfach antworten, dass sie genug an Essbarem haben. Was ist, wenn die Mittellosen Gewalt anwenden, fragen Geier und Eulen? Streit wird es nicht geben, weil die Bedürftigen für Handgreiflichkeiten zu schwach sind. Und wenn Einwände kommen sollen die Hyänen erwidern, dass doch genügend an Essbarem zur Verfügung stehe. Und was muss als Gegenleistung erbracht werden? „Einzig Eure Seelen sind von Interesse!“ lautet die Antwort der listigen Spender.

Um den Handel schmackhaft zu machen, locken die Ganoven: Die Töchter der Nachbarn werden in Euer Bett kommen und die Mütter werden schweigen. Die Engel sind wieder erschienen, aber nur in schwachem Licht und bezweifeln, dass alle Töchter wankelmütig werden. Die Geier und Kaufleute prophezeien dagegen vollen Erfolg. Die Beschenkten würden den eigenen Hund erschlagen, wenn er den Gastgeber anbellt.

Nun schickt der Tiger die Kaufleute los, damit sie wirksam werden. Die Dämonen fassen zusammen, dass zum Überlegen genug Zeit vorhanden ist - zu folgen oder zu fliehen, zu beten oder zu fluchen. Optimistisch kalkulierten sie, dass die Not alle Seelen ausnahmslos in ihr Netz treiben wird.

Zweites Bild: Im Hause der Cathleen

Tugend und Vermögen sind die Eigenschaften, die den Dichter bewogen haben, der schönen Cathleen sein Herz zu Füßen zu legen. Aleel versteht sich auch auf die Tonkunst und trägt mit angenehmer Stimme seine seltsame Kreation der Geliebten vor.

Die Verse handeln von Eulen, die schwarze Netze knüpfen, die wiederum von schwarzen Männern ausgelegt werden. Mit ihren Füßen verstricken sich darin Engel, deren Wohnungen auf sieben Hügeln verteilt sind. Von diesen steigt Rauch auf, der schwarzen Ruß bildet. Die Engel verfangen sich in den Netzen und können nicht fortfliegen, weder montags, mittwochs noch anderntags, weil sie sich mit den Füßen am Boden verheddert haben.

Ein armer Bettler, der kein Brot und kein Geld hat, sondern nur eine Schere sein Eigen nennt, sitzt am Wegrand und schneidet das Netz kurz und klein, damit die Engel am Sonntag wieder fliegen können. Die Gefiederten machen sich auf, finden aber nicht, was sie suchen. Sie fliegen in jede Himmelsrichtung und nehmen dabei ihren Weg über Wälder und Meere. Schließlich finden sie in der Mitte der Welt ein Haus, in dem das Glück wohnt. Cathleen stimmt nun in die Strophe mit ein und beide erklären, dass die Engel zum Atlasgebirge geflogen sind, ein goldenes Netz geknüpft haben und es über Cathleen und Aleel auswerfen werden.

Die Amme, welche andächtig zugehört hat, bekommt ebenfalls eine prophetische Anwandlung: Sie hat in der Nacht Flügelrauschen gehört, aber nicht von Engeln, sondern von Eulen. Oona verjagte sie, denn die Gefiederten wollten sich nehmen, was ihrer Ansicht nach ihnen gehört. Die Antwort der Amme, dass ihnen hier nichts gehört, quittierten die Vögel mit der höhnischen Auskunft, dass sie das besser wüssten.

Vom Verwalter werden zwei Hirten gemeldet, die schlimme Botschaft bringen. Sie wehklagen, dass schwarzer Nebel vom Vorgebirge aufgestiegen sei, und dann ein unbegreifliches Sterben einsetzte. Kein einziges Lämmlein sei übrig geblieben, kein Mutterschaf und auch kein Hammel. Ruß und Rauch haben sie gewürgt und im ganzen Land verendete das Vieh. Die Schar der Hirten war zu klein und sie konnten das Malheur nicht verhindern, fühlen sich aber nicht länger wert, Hirten zu sein. Cathleen klagt, dass die Botschaft schneller komme, als sie diese begreifen kann. Wahrscheinlich haben die Eulen, die ihr im Traum erschienen sind, von dem Debakel gewusst, wirft Oona ein.

Aleel sieht Unheil über das Land kommen. Er rät seiner Geliebten, mit ihm vor dem vorbestimmten Untergang zu fliehen, denn sie ändere nichts an dem, was geschehen wird. Cathleen warnt vor voreiligem Pessimismus. Flucht in die Emigration hält sie nicht für gut, sondern er soll im Land seiner Väter verweilen, denn in der Fremde bleibe er ein Fremder und niemand wird seine Dichtkunst anderswo würdigen.

Der Verwalter weiß zu berichten, dass fremde Kaufleute, die zuvor nie in der Gegend gesehen worden waren, alle Vorräte an Nahrungsmitteln aufgekauft haben und nun einen unerschwinglichen Preis verlangen. Auf Märkten und Kreuzwegen, nachts im Dunkeln stellen sie den Menschen nach und wickeln ihre Geschäfte ab. Tauschmittel sind ihre Seelen!

Cathleen trifft einen knallharten Entschluss. Die Begüterte lässt sich von ihrem Verwalter ihren Vermögensstand nennen und fordert ihn auf, einen Eilboten ins Nachbarland zu schicken und Nahrungsmittel für die hungernde Bevölkerung einzukaufen. Oona schließt sich der Geberlaune ihrer Herrin an. Will der Dichter etwa noch immer fliehen?

Aleel lässt sich zum Bleiben überreden. Nur die Besorgnis um die Geliebte habe ihn verwirrt! Jeder Abtrünnige zeuge einen neuen Dämon, ängstigt sich Cathleen; auf die heiligen Bücher und den Scheitel seiner Mutter soll der Geliebte schwören, dass er das Vaterland nicht verlassen wird. Ihr Wunsch ist ihm Befehl und Aleel schließt Cathleen glücklich in seine Arme.

Drittes Bild: Der Dämonenwald

Der Geier berichtet, dass der Hunger überall regiert und die Angst Jeden würgt. Auch die Eulen haben festgestellt, dass sie überall ausgedorrte Felder, leere Scheunen und verendetes Vieh gesehen haben. Hunger und Angst machen die Runde! Die Justiz hat Hochkonjunktur. Überall stehen Galgen herum, denn Verrat und Untreue sind an der Tagesordnung. Diebstahl, Raub und Mord wittert der Geier und daneben riecht es nach Aas!

Die beiden Hyänen tauchen auf und geben sich ratlos. Die Seelenaufkäufer waren gut im Geschäft. Den Alten gaben sie 20, den Witwen 50 und besonders hübsche Seelen konnten mit hundert Dublonen für ihr Gut rechnen. Doch plötzlich stockte der Zulauf. Der Tiger will die Ursache wissen. Nun, ein Weib namens Cathleen verdarb ihnen das Geschäft und beschenkte die Leute aus ihren Einkünften mit Barmitteln. Nun konnten sie Brot kaufen, welches Cathleen aus dem Nachbarland eingeführt hatte. Der Tiger befiehlt, dass man ihr Haus verbrennen soll. Sie sei unerschrocken und fürchte Nichts, heißt es. Dann sollte man sie erwürgen, raten die Eulen. Besser nicht, denn dann verehrt die Bevölkerung sie als Heilige!

Der Geier soll das Lebensbuch holen, in dem ihr Schicksal aufgezeichnet ist. In dem Buch steht, dass ein Dichter ihr Lebensgefährte sei und dieser liebe kostbare Träume. Die beiden Eulen machen sich lustig. „Nur Träume sind dein Los, schöne Cathleen, und strenge Bitternis!“ Wenn der Geliebte sich entfernt, werden ihre schönen Augen Ströme von Tränen weinen, denn niemand küsst mehr ihren Mund. Da sie sich nicht beugen will, muss sie zerbrechen.

Der im Tiefschlaf liegende Dichter wird herbeigebracht und von allen Dämonen die Litanei „Anrufung des Traums“ heruntergebetet:

Komm, o Traum, Licht der Nacht,
wir bitten dich, komm und erleuchte uns,
denn Deiner sind wir bedürftig!
Wir, erzeugt in Finsternis,
blind als Sehende wir,
doch hellsichtig als Blinde.
Durchdringe uns,
Auge der Finsternis!
Erscheine uns,
Spiegel der Zukunft!
Benetze uns,
Wasser der Weissagung!
Offenbare Dich uns.
Wir bitten Dich,
komm und erleuchte uns.“

Unter Hypnose wird Aleel nun vom Tiger befragt, was er im Traum sieht und hört. Aleel antwortet, dass er auf einem Bündel verfaulten Strohs einen Aussätzigen liegen sehe, der in der kraftlosen Hand eine verschimmelte Brotrinde hält. Vor der Tür hört er das misstönende Gewinsel eines Hundes, der sich für ein Stück Brot bedankt. Erkennt er den Hund? Er soll sich selbst erkennen! In wenigen Tagen wird er sein, wie dies Traumbild, wenn er sich nicht entschließt aus dem Pestland zu fliehen. Die Anwesenden nehmen den Text der Beschwörungsformel wieder auf und dem Dichter dämmert es.

Er soll fliehen bevor es zu spät ist, denn schlimm wird es ihm ergehen, wenn er hier bleibt. Aleel erklärt, dass die Dichtkunst seine Berufung ist und er auch mitten im Untergang seiner Berufung treu bleiben wird. Da er ihn als Lügner bezeichnet hat, fragt der Tiger, wenn Faust der Weise jetzt zur Stelle wäre, würde er ihm glauben? Faust erscheint und erzählt sein Schauermärchen:

Wer untreu war eigener Berufung, zuwiderhandelnd dem, wofür sein Geist geschaffen war von Anfang an, dem geht es wie es mir erging! Fünfhundertmal fünfhundert Stufen, aus Schermessern grausam gebildet, stieg ich hinab mit bloßen Füßen, nachtastend mit bloßen Händen auf der Messer Schärfe bis auf den Grund der ewigen Verdammnis. Der Finsternis Schwärze wechselnd mit schmerzender Helle, jäh, umfängt mich in unirdischer Landschaft. Eisregen peitscht, Feuer verzehrt mich, angekettet nackt auf nacktem Felsengrund! Gefährt ist mir kein Wesen mir gleich oder ähnlich, nur Asseln, Spinnen, Nattern im Eisregen und Basilisken, spiegeläugig und Skorpion im Feuer! Wehe dir, bist untreu du eigener Berufung! Weh dir! Zerfressen von Reu', wissend nur dich, ohne Schlaf, immer wach und ohne Hoffnung ewig, dass ein zweiter Tod dich je erlöse, lebt dir kein Gott mehr. Das schwör ich dir -  bei dem was mich hier festhält."

Nicht alles hat Aleel verstanden, ist aber trotzdem tief beeindruckt. Der Tiger bezeichnet seinen Schwur als Frevel und droht dem Dichter mit Verdammnis, wenn er nicht widerruft. Beim Scheitel seiner Mutter hatte er Cathleen geschworen, das Land nicht zu verlassen. Aleel gibt dem Drängen des Tigers nach, denn er fühlt sich bereits verdammt. Der Geier mahnt ihn, nicht zu vergessen, dass er seinen Schwur widerrufen hat – nicht heute, nicht morgen, früh nicht, spät nicht! Die Dämonen erinnern an die Asseln, Nattern, Spinnen und Basilisken, an den Eisregen und das Feuer. Sie haben gewonnenes Spiel. Aleel wird die Geliebte im Stich lassen.

Viertes Bild: Im Hause der Cathleen

Die Eulen frohlocken, dass das Böse gesiegt hat. Mit den Kaufleuten im Komplott entwenden sie die Schätze, die in Cathleens Haus noch verblieben sind. Heuchlerisch höhnen die Hyänen, die Cathleen als Kaufleute wahrnimmt, dass ihr Bemühen, dem Bösen Trotz zu bieten, vergeblich war. Der Beauftragte, der die Herden kaufen sollte, wurde erschlagen und das Schiff, welches Mehl bringen sollte, erreichte sein Ziel nicht. Oona und der Verwalter haben festgestellt, dass alle Wertgegenstände aus dem Haus geraubt wurden. Cathleen begreift die Wirkung des Bösen und ist zu Tode betrübt. Die Treulosigkeit Aleels, mit der sie nicht gerechnet hat, gibt ihr den Rest.

Wie Raubvogelblick brennt dein Auge,
fremder Geist spricht aus vertrautem Mund.
etwas an dir ist, was mich wirr macht.
Nicht wiedererkenn' ich dich
und muss dich doch wiederfinden ganz.
Drum seh' ich weg von dir
und wende mich ab von dem, was ich hier sehe
an deiner Statt.“

Fünftes Bild: An einem Kreuzweg

In kleinem Rahmen spielt sich der Handel an einem Kreuzweg ab. Der Tiger und die Kaufleute verhöhnen die Menschen, die unschlüssig sind, sich von ihren Seelen zu trennen. „Verkauft oder fresst Gras bis an euer Ende!“ Mit solchen Worten versuchen sie, sich die Wankelmütigen gefügig zu machen. Bald ertöne die Glocke, dann ist der Markttag zu Ende.

Auch Cathleen erscheint und will ihre Seele verkaufen. Diese ist den Dämonen besonders wichtig. Allerdings macht sie zur Bedingung, dass als Gegenleistung alle anderen bisher gekauften Seelen erlöst seien und die Hölle unbeschadet verlassen können. Danach sollen die Dämonen aus dem Land verschwinden, damit wieder Frohsinn einkehren kann.

Der Tiger und die Dämonen sind sich des hohen Wertes von Cathleens Seele bewusst und lassen sich zum Erstaunen des Opernbesuchers tatsächlich auf den Handel ein. Aber sie soll sich mit dem Unterschreiben des Pergaments beeilen, bevor sie der Handel reut. Oona und der Verwalter raten ab, doch Cathleen ist fest entschlossen, zum Wohle der Menschen das Opfer zu bringen. Jetzt sind alle Bürger frei und bekommen zu essen. Noch während sie unterschrieb, betont der Tiger, strömte das Korn aus den Behältern in die Gefäße der Hungrigen. Jetzt ist sie der Hölle verfallen und die Todesboten sind schon im Anmarsch. Cathleen verabschiedet sich von Oona und allen, die ihr lieb und teuer waren. Wenn die Amme ihren Schatz wiedersieht, soll sie ihm bitte ausrichten, dass sie noch im Tod an ihn gedacht habe.

Cathleen wird weggeführt. Wenig später taucht Aleel reumütig auf und erkundigt sich nach der Geliebten. Sie fuhr zur Hölle, als er fort war, kommt die respektlose Antwort der Umstehenden. Als sie ihren letzten Gang antrat, starrte sie den Erdboden an, als ob sie Blei in den Schuhen hätte und die Würmer nach ihr riefen. Nun ist sie tot und verdammt. Verkauft hat sie der Hölle ihre unschuldige Seele. Er soll einfach weitergehen, mahnt der Tiger.

Cathleen ist zwar tot, aber zur Höllenfahrt kommt es nicht. Engel erscheinen und bannen Cathleen an ihren Platz. Zwischen den Parteien entwickelt sich ein juristisches Geplänkel. Kein Schritt bringt sie in eure Gewalt bestimmen die Engel. Doch ewiger Strafe verfiel sie, kommt das Gegenargument. Wofür sie bestraft werden soll, wollen die Weißgefiederten wissen. Verdammt soll sie sein, denn sie hätten ein Recht darauf, behauptet der Tiger.

Aleel schlägt sich als Verteidiger Cathleens wacker und fragt, ob sie vielleicht eine Hochmütige, eine Verbuhlte oder eine Herrschsüchtige gewesen sein soll? Geschwärzt vor Zorn oder verdorrt von Geiz, dass sie bestraft werden soll? Der Hilfe für andere opferte sie sich auf.

Sie unterschrieb das Papier. Seht den Vertrag an!“ führen die Dämonen an. „Das Feuer versengt sie nicht und das Wasser verschlingt sie auch nicht!“ befinden die Engel, „und die Erde hält sie nicht fest! Der Tiger und die Dämonen wollen Cathleen nicht freigeben: „Wir haben das Weib nicht gezwungen und sie nicht genötigt, aber sie kam trotzdem!“ Cathleen ändert die Position und bewegt sich zu den Engeln. Die dunklen Boten flüchten zu den Dämonen. Sie reklamieren beim Tiger, dass er ihnen viele Seelen versprochen habe. Nun sei der Stab über ihn gebrochen. Er sei verbannt in den kältesten Winkel der Unendlichkeit, wo selbst Vernichtung ihn nicht mehr erreicht, sondern nur das Vergessen.

Fort mit Euch“ Die Engel scheuchen Tiere und Dämonen, bis sie das Bühnenbild freigeben. Mit Cathleen wandern die Engel in die andere Richtung. Aleel bleibt allein und verlassen zurück.

Anmerkungen:

Sich selbst treu bleiben und allen Fährnissen Widerstand entgegen zu setzen, auch wenn es aussichtslos erscheint, den Sieg davon zu tragen, ist die Moral von der Geschichte. Opfer bringen für andere gilt als besondere Tugend und wenn es nicht mehr weitergeht, erscheinen Engel, um die ewige Ordnung wieder herzustellen.

Die Salzburger Festspiele setzten 1955 das kolossale Werk Werner Egks in Szene. Dirigiert hat die beklemmende Musik Georg Szell und getragen wurde die Inszenierung von einem außerordentlichen Sängeraufgebot. Dann wurde es zwanzig Jahre still um diese Oper bis 1975 in Augsburg eine Neufassung des Werks unter Gabor Ötvös wieder erklang. Liegt es am Libretto, weshalb die großen Häuser wenig Lust zeigen, das Werk in heutiger Zeit zur Diskussion zu stellen oder ist es die Zeitgeschichte, die den Komponisten in ein zwiespältigen Licht rückt?

 

***
musirony 2012 - Engelbert Hellen

 

 

 

 


 

 

 

 


 




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