Schöne Oper - Kaum gehört
Heinrich Marschner [1795-1861]
Der Holzdieb
Komische Oper in einem Aufzug
deutsch gesungen
Libretto von Friedrich Kind
Uraufführung am 13. Februar 1825 im Hoftheater Dresden
Dauer: ca. 60min
Charaktere:
Lorenz, der Dorfschmied - Bass
Barbara, seine Frau - Alt
Suschen, ihr Mündel - Sopran
Felix, ein Jäger - Tenor
Barthel, ein reicher Bauer - Tenor
Jäger, Bauernburschen, Dorfbewohner
Die Handlung spielt im Deutschland des 18. Jahrhunderts
HANDLUNG
Suschen singt ein Lied an den Frühling und erfreut sich am Zwitschern der Vögel. Felix kommt aus dem Wald und stimmt aus der Ferne mit ein. Als Schmiedemeister Lorenz, Suschens Vetter und Vormund, glaubt, ihn auch zu hören, lenkt sein Mündel ihn ab. Er hält Felix für einen herumspionierenden Lümmel und sieht ihn daher bei der Schmiede nicht gern. Suschen versucht ihren Vetter dazu zu überreden, am heutigen Pfingsttag in die Schenke zu gehen und verspricht sich dadurch ein wenig Zeit mit Felix zu verbringen, für den sie zärtliche Gefühle hegt.
Über die vorgeschlagene Hochzeit mit dem reichen Bauern Barthel kann sie nur den Kopf schütteln, denn sie glaubt, dass Lorenz in dieser Verbindung auch einen Vorteil für sich selbst wahrnehmen will. Barthel, der Eigentümer der Schmiede, verkauft ihm diese nämlich nur dann, wenn er als Gegenleistung Suschen heiraten darf. Auch glaubt Suschen, dass Barbara, die Frau ihres Vormunds, sie als Nebenbuhlerin einstuft und daher schleunigst aus dem Haus haben will.
Als Felix sich nähert, schlägt Lorenz vor, ihn einmal auf Herz und Nieren zu prüfen. Suschen, von deren Interesse an Felix er nichts weiß, soll sich spröde geben und den Herumtreiber aushorchen. Lorenz geht derweil ins Haus. Zwar simuliert Suschen eine gewisse Distanz doch die Themen der Unterredung mit Felix drehen sich nur darum, wie sie es schaffen, dem heiratslustigen Barthel eins auszuwischen, um selbst ein Paar zu werden.
Da Felix soeben sein Forstmandat erhalten hat, schlägt er vor, Barthel zu einer Straftat im Wald aus Liebe zu Suschen zu bewegen. In Frage käme z.B. das Abbrechen von Schlehdorn, das Pflücken von Maiglöckchen, das Ausnehmen eines Vogelnests oder das Ausheben eines wilden Rosenstrauches.
Zwar hat die Angebetete Bedenken, jemanden zu einer Straftat anzustiften, doch kann sie Felix beruhigen, da ja alles nur zum Schein geschehe und Barthel es nicht besser verdient habe.
Gemeinsam besingen sie ihre Liebe. Lorenz hat das Geturtel bemerkt und kommt aus dem Haus. Felix springt sogleich in den nächsten Busch und Suschen beteuert, wie aufgetragen, nur „ein bisschen artig“ mit dem Jungen gesprochen zu haben. Bevor sie sich weiter rechtfertigen muss, kommt Barbara polternd aus der Schmiede und macht ihrem Mann Dampf: Suschen müsse noch heute aus dem Haus und Lorenz soll sofort den Heiratskandidaten Barthel aufsuchen. Der Bedrängte fordert ein wenig Geduld und Suschen gibt vor, schon längst aus dem Haus zu sein, dürfte sie sich nur den richtigen Mann aussuchen. Felix kommt hervor und beide gestehen ihre Liebe zu einander. Lorenz und Barbara fallen aus allen Wolken, doch während letztere ihren Segen gibt, lehnt der Schmied ab, will es sich aber nochmal bei einem Glas Bier in der Schenke überlegen. Barbara und die Übrigen glauben die Sache damit gewonnen zu haben, denn Alkohol mache die meisten Menschen gefügig.
„Bei Widerspruch und Grillen wirkt Wein als Opiat,
das beugt den stärksten Willen, das Mittel ist probat.“
Suschen und ihre Muhme begraben alte Streitigkeiten und das junge Paar versichert ihr, dass es sich einbringen wird, dem Kauf der Schmiede den Weg zu ebnen. Barbara verabschiedet sich, um die Vorhänge der Schmiede zu waschen.
Als Barthel am Horizont auftaucht, überlegen sich Suschen und Felix, eine kleine Szene zu spielen, in welcher Felix schlecht davon kommt und scheinbar einen Korb erhält. Barthel frisst das Schauspiel und als Felix davon ist, lässt er sich mit einem Liebeslied hinter dem Strauch hervorlocken, der ihm als Versteck diente, aus dem er das vermeintliche Drama belauscht hat.
Der Prahlhans erkundigt sich nach dem Stand der Heiratsvorbereitungen und berichtet von seinen guten Geschäften auf dem Markt. Er habe einem Leierkastenmann ein Liedchen abgekauft, welches er zum Leidwesen Suschens vorträgt. Zur ihrer Freude allerdings zaubert er eine Schachtel hervor, in welchem Sie einen schönen Strohhut als kleine Aufmerksamkeit ihres Freiers vorfindet.
Sie gibt jedoch vor, dass Barbara etwas gegen die Vermählung mit Barthel habe, da sie ihr undbedingt ihren Paten Felix zuspielen wolle. Um keinen Verdacht zu wecken, soll Barthel ihr den Hut auf einem Umweg zukommen lassen: Am Pfingsttag ist es üblich, dass die Junggesellen ihren Angebeteten Pfingstmaien bauen und diese ihnen Nachts vor die Tür stellen. Auf der Spitze dieser Maienbäumchens prangt in der Regel ein schöner Hut. Suschen animiert den einfältigen Barthel einfach eine Birke im naheliegenden Wald zu fällen und dann eben nach alten Brauch zu verfahren. Der Bauer ist begeistert und macht sich gleich mit der von Suschen erhaltenen Axt und dem Hut auf die Suche nach einem geeigneten Stamm.
Das listige Mädel reibt sich die Hände und auch Barbara, welche das Gespräch belauscht hat, gratuliert zu dem gelungenen Coup. Lorenz torkelt aus der Schenke zurück und hat prinzipiell nicht mehr gegen Felix einzuwenden. Die Sorge um die Schmiede nehmen die beiden Frauen ihm ab.
Plötzlich sieht man Barthel, wie von der Tarantel gestochen, heraneilen. Den Strohhut mit wehendem Band auf dem Kopf und einen Birkenstamm über die Schulter geworfen, befindet er sich auf der Flucht vor Felix, der den Holzdieb mit der Flinte verfolgt. Lorenz und die beiden Frauen beruhigen ihn und bitten ihn Platz zu nehmen. Sie tun so, als ob sie ihn aufgrund seiner breiten Hutkrempe nicht erkennen. Grade bekommt er ein paar Beruhigungstropfen von dem lallenden Lorenz eingeflößt und fängt an, von dem Vorfall zu berichten. Auf einmal kommt Felix mit einer Meute Förster hinzu und diese verlangen schlimmste Strafe für den Holzdieb. Als sie Barthel den Hut enttarnend vom Kopf ziehen, geben sich alle entsetzt und man einigt sich darauf, die weitere Strafverfolgung einzustellen, wenn Barthel die Schmiede ohne Umschweife an Lorenz verkauft. Nach der Unterzeichnung des Kaufvertrages muss der arme reiche Bauer erkennen, dass Suschen den Felix eindeutig vorzieht, welcher ihr keck den Strohhut zuwirft. Zusammen zieht man in die Schenke um auf die Verlobung anzustoßen.
© 2011 – Raphael Lübbers