Schöne Oper – gern gehört
(Charles Cornwallis)
Richard Strauss [1864-1949]
Die schweigsame Frau
The Silent Woman
Komische Oper in drei Aufzügen
deutsch gesungen
Libretto: Stefan Zweig unter Verwendung einer Vorlage von Ben Johnson
Uraufführung am 24. Juni 1935 am Hoftheater Dresden
Dauer: ca. 160min
Charaktere:
Sir Morosus – ein alter Admiral (Bass)
Theodosia Zimmerlein – seine Haushälterin (Alt)
Pankrazius Schneidebart – der Barbier (Baritoni
Mitglieder der Operntruppe:
Henry Morousus – Sir Morosus Neffe (Tenor)
Aminta – dessen Frau (Sopran)
Isotta (Sopran)
Carlotta (Mezzosopran)
Carlo Morbio (Bariton)
Cesare Vanuzzi – Impressario der Truppe (Bass)
Giuseppe Farfallo (Bass)
Chorus von vier Personen
Ein Cembalist
Ort und Zeit der Handlung: Im Hause des Sir Morosus in einem Vorort von London, um1785
INHALT
Erster Akt:
Der ehrwürdige Sir Morosus, Admiral im Ruhestand, leidet seit einer Pulverexplosion bei einem Gefecht an einer extremen Geräuschempfindlichkeit. Einsam und vergrämt verbringt der Greis seine Tage, nur ab und an von seiner redseligen Haushälterin behelligt, welche ihn am liebsten Heiraten würde. Um den Nachstellungen der Alten zu entgehen, rät ihm sein Barbier, eine junge, schweigsame Frau zu heiraten, die Leben in die Bude bringe und Morosus bis ans Ende seiner Tage herzenswarm und ohne viele Worte zu machen begleiten soll. Der redegewandte Barbier bietet an, eine geeignete Dame zu finden und Morosus willigt nach einigem Widerstand ein.
Doch unerwartet taucht Henry, der lange aus den Augen verlorene Lieblingsneffe von Morosus auf. Voller Freude begrüßt ihn der Alte, verwirft alle Heiratspläne und macht ihn zum Alleinerben. Als Henry fragt, ob seine „Truppe“, welche vor der Tür warte, auch ins Haus dürfe, erwartet Sir Morosus heldenhafte Soldatenkollegen seines Neffen und lässt sie mit dem größten Vergnügen hineinbitten. Als er entsetzt erfahren muss, dass es sich um eine Operntruppe handelt, welcher Henry sich berufsmäßig angeschlossen und bei der dieser seine Frau Aminta kennengelernt hat, enterbt er ihn voller Enttäuschung sogleich wieder und erteilt dem Barbier den Auftrag, bis zum nächsten Tag eine passende, schweigsame Ehefrau für ihn zu finden.
Der gerissene Bartschneider sieht sich unter Zeitdruck und ist zugleich vom Schicksal und dem Talent Henrys und der Operntruppe so inspiriert, dass er mit ihnen plant, eine Scheinehe zu inszenieren, um die 70.000 Pfund, die sich im Keller von Morosus Haus verbergen doch noch als Erbe unter die Leute zu bringen.
Zweiter Akt:
Am nächsten Tag! Drei verkleidete Damen der Operntruppe werden Morosus als Bräute vorgestellt. Carlotta fällt als plumpes Bauernmädchen durch und Isotta punktet zwar durch hohe Bildung aber muss aufgrund ihres schwatzhaften Wesens gehen. Das dritte Fräulein – Aminta, in Gestalt der schüchternen Klosterschülerin Timindia – nimmt ihn sofort für sich ein. Nach einem zaghaften Annähern wird die Eheschließung anberaumt. Zwei weitere Komödianten kommen kurz darauf als Pfarrer und Notar um die Heiratswilligen zu vermählen. Morosus ist überglücklich, dass sein Traum einer jungen, hübschen und schweigsamen Frau in Erfüllung gegangen ist. Als er mit ihr allein ist und sich fürsorglich nähern will, wandelt sich sein Eheglück jedoch schnell zum Alptraum. „Timinda“ verwandelt sich schnell in eine Lautstarke Furie und setzt den Ohren ihres vermeintlichen Ehemannes ordentlich zu.
Henry kommt hinzu und kann seinen Onkel von „Timinda“ befreien. Er rät schleunigst zu Scheidung. Morosus ist seinem Neffen überaus dankbar für Rat und Tat und zieht sich vorerst zum Schlafen zurück. Während er in seiner Kammer ruht, genießen Henry und Aminta die Zweisamkeit.
Dritter Akt:
Am nächsten Morgen legt „Timinda“ nochmals nach. Sie lässt das Haus nach ihren Wünschen umgestalten, entfernt die muffigen Vorhänge und lässt sogar ein Cembalo für Gesangsstunden anschaffen. Henry erscheint kostümiert als Gesangslehrer in Begleitung eines Cembalisten und man probt Stücke von Monteverdi. Morosus ist fassungslos und begrüßt das einbestellte Scheidungskomitee (wiederum Mitglieder der Operntruppe). Die Verhandlung zieht sich hin und schlussendlich muss Morosus hinnehmen, dass angeblich kein rechtmäßiger Scheidungsgrund vorliegt. Morosus erleidet vor lauter Aufregung einen Anfall und wird bewusstlos. Als er wieder zu sich kommt, klären ihn Henry und die anderen endlich auf. Zunächst wieder in voller Rage, erblickt sich Morosus plötzlich im Spiegel und erkennt, wie meisterlich ihn die so verachteten Schauspieler hinters Licht geführt haben. Er muss über sich selbst lachen und versöhnt sich mit allen Umherstreifenden in Dankbarkeit, da sie ihm mit ihrer Maskerade ein neues Lebensgefühl gegeben haben. Er erkennt Henry, seine Frau und deren Beruf an,wünscht ihnen alles Gute und geht, beseelt von der wiedergewonnenen Ruhe zu Bett.
Maria Cebotari
Anmerkung
Die Premiere am Hoftheater in Dresden am 24. Juni 1935 stand zunächst unter günstigen Vorzeichen. Die aktuelle Polit-Prominenz hatte ihren Besuch angekündigt, weil sie sich einen kulturpolitischen Erfolg von dem Werk versprach. Mit Maria Cebotari und Kurt Böhme waren die Hauptpartien optimal besetzt, Karl Böhm dirigierte. Doch die jüdische Abstammung des Librettisten war den Machthabern nicht genehm, denn statt Stefan Zweig sollte Ben Johnson auf den Programmzetteln stehen. Doch Richard Strauss hielt zu seinem Freund und es kam zum Eklat. Es gab noch drei Wiederholungen und dann war Schluss. Die großen Häuser fanden den Anschluss nicht mehr und der große Erfolg blieb dem Werk bis heute versagt.
© 2013 Raphael Lübbers - musirony