Schöne Oper - kaum gehört
Ernst Krenek [1900-1991]
Der Diktator
Tragische Oper in einem Akt und zwei Bildern, op 49
deutsch gesungen
Libretto vom Komponisten
Uraufführung am 6. Mai 1928 im Staatstheater Wiesbaden
Charaktere:
Der Diktator - Bariton
Charlotte, seine Frau - Sopran
Der Offizier - Tenor
Maria, seine Frau - Sopran
Ein Kurier , ein Diener, ein Krankenwärter, ein Detektiv
Das Geschehen spielt in einem Militärsanatorium der Nähe von Montreux im 20. Jahrhundert
Handlung
Maria, die Frau eines Offiziers, tritt auf die Terrasse des gepflegten Sanatoriums am Genfer See, welches ausschließlich für ranghohe Militärs reserviert ist, wenn sie der Rehabilitation bedürfen. Der Anblick der Abendsonne und der Natur lässt sie den geplanten Krieg vorübergehend vergessen. Der Diktator kommt mit eiligen Schritten, überreicht dem ihm nachfolgenden Kurier ein Manuskript und erklärt darin seine neuesten Eroberungspläne. Diese lassen an Brutalität nicht zu wünschen übrig und seine Machtfülle ist in der Lage, seine Ideen auch durchzusetzen. Zwischendurch findet er aber auch Zeit für die Liebe.
Seine begehrlichen Blicke gelten Maria, die er kaum kennt. Sie fühlt sich von den Augen des verhassten Despoten, der für den körperlichen Zusammenbruch ihres Mannes verantwortlich ist, unter Beschuss genommen. Seine Ehefrau Charlotte kommt auf die Veranda und ist entsetzt über die neuen Kriegspläne des Herrn Gemahls - zu viel Hass habe er schon auf sich geladen und das Volk sei gegen ihn. Ihrer Entrüstung verschafft sie Luft und sucht vergeblich, den Wahnwitzigen von seinen despotischen Ideen abzubringen. Während der Diktator sich Sekt bringen lässt, den er gernmit der begehten begehrte Maria trinken möchte, ist sie beobachtenden scharfen Blicken ausgesetzt. Als sie genervt aufspringt und sich außer Reichweite begibt, schleudert der Verschmähte sein Glas aus Enttäuschung mit voller Wut zu Boden. In Begleitung seiner Frau Charlotte tritt er den Heimweg an.
Ein kriegsversehrten Offizier wird von einer Krankenschwester auf die Veranda geschoben. Bei einem Angriff verlor er sein Augenlicht im Giftgaskrieg. Er erinnert sich schmerzlich der letzten Bilder, als er noch in voller Gesundheit stand. Vom Doktor erfährt Maria erschrocken von der Aussichtslosigkeit der Behandlung, die ihrem Mann das Augenlicht hätte wiedergeben sollen. Der Gesundheitszustand ist unabänderlich und Maria schwört, den Diktator als den wahren Schuldigen dafür umzulegen. Der Erblindete hatte begeht, nach dem erfolgreichen Mord, seine Hände ein letztes Mal in Blut zu baden zu dürfen, um dann gemeinsam mit ihr zu sterben.
Spät am Abend befindet der Diktator sich in seinem Arbeitszimmer und durch einen Hotelangestellten wird ihm die Visitenkarte von Maria überreicht. Charlotte ahnt nichts Gutes und versucht ihren Mann vom Vorlassen der ihr merkwürdigen Person abzubringen. Beinahe lässt er die Karte zurückgeben, aber da kommt dem Diktator in den Sinn, dass es vielleicht die Frau aus dem Offizierssanatorium sein könnte, die er heute wiedersah. Er lässt sie voll innerer Erregung hereinbitten. Charlotte hat sich heimlich hinter einem Paravent versteckt, um der Konversation zu lauschen.
Maria tritt ein und erklärt, dass sie gekommen sei, um den Zerstörer ihres Glücks zu töten und richtet einen Revolver auf den Verhassten. Verängstigt versucht der Bedrohte sie mit beschwichtigenden Worten zu beruhigen und gibt vor, sich in sie verliebt zu haben. Charlotte erlebt in ihrem Versteck ein Wechselbad der Gefühle und weiß nicht, wie ihr geschieht. Mit vollendetem Pathos gelingt es dem Diktator Maria mehr und mehr auf seine Seite und schlussendlich ihn seinen Bann zu ziehen. Von seinem ausgesuchten Charme betört, legt die Überrumpelte den Revolver überraschend beiseite und nähert sich dem zurückgewiesenen Despoten nun in liebevoller Bereitschaft.
Charlotte ist verbittert über die Schlechtigkeit ihres Mannes, kommt schleichend hinter dem Paravent hervor, nimmt den Revolver und erschießt in grenzenloser Eifersucht nicht den verräterischen Gatten, sondern die wankelmütige Nebenbuhlerin. Der Diktator hat nun das Problem, einen Erklärungsnotstand überbrücken zu müssen. Als der Pistolenschützin trotz Panik die Flucht gelingt, ruft der Bedrängte seinen Domestiken und gibt vor, die am Boden liegende Maria hätte sich aus hoffnungloser Liebe zu ihm selbst gerichtet. Einem mächtigen Diktator glaubt man jeden Schwachsinn, um sich selbst keine Ungelegenheiten zu schaffen.
Fassungslos starrt der Bösewicht auf die Leiche, mit der sich nach dem Ende ihrer irdischen Laufbahn, sexuelle Wünsche nicht mehr realisieren lassen. Während der blinde Offizier, der die Knallerei gehört hat, sich in das Zimmer tastet und nach seiner toten Frau ruft, packt den Diktator Panik und er entfernt sich. Die verzweifelten Rufe des Erblindeten nach seiner Angetrauten beenden die Oper.
© 2011 – Raphael Lübbers