Schöne Oper - selten gehört
Agostino Steffani [1654-1728]
Enrico Leone
Heinrich der Löwe
Oper in drei Akten
Libretto von Ortensio Mauro [1634-1725]
Festoper zur Eröffnung des neuen Schlossopernhauses Hannover im Jahr 1689
Personen:
Enrico, Herzog von Lüneburg
Metilda, Seine Gemahlin
Almaro, Herzog von Burgund
Idalba, Tochter Kaiser Friedrich Barbarossas
Errea, Metildas Amme
Ircano, Idalbas Diener
Eurillo, Almaros Page
Die Begebenheit spielt in und um Lüneburg im 12. Jahrhundert,
die erste Szene trägt sich im Mittelmeer zu.
Anmerkung:
Der historische Heinrich der Löwe lebte von 1129-1195. eine Residenz war Braunschweig, Seine Gemahlin hieß Mathilde.
INHALTSANGABE
Erster Akt:
Bild 1
Heinrich der Löwe kämpfte im Heiligen Land und ist nun auf der Heimreise. Das Schiff ist auf ein Riff gelaufen und befindet sich in Seenot. Die verzweifelten Matrosen wissen von ihrer Not ein Lied zu singen: Himmel hab' Erbarmen, der Mast ist gebrochen. Das Schiff geht unter. Heinrich kommentiert das Geschehen: "Werdet wild o Winde! Entartet euch o Meere! Es entfesselt sich die Hölle zu meinem Schaden. Verschworen haben sich die Erde, die Wellen und die Luft gegen mich, weil Friederich mich hasst." Er, Heinrich, kann zwar sterben, aber er fürchtet sich nicht. In den Armen des Todes ist er zuversichtlich und hat noch Hoffnung. Dem Schicksal zum Trotz bleibt er standhaft. Heinrich spricht sich Mut zu und wiederholt immerzu den gleichen Text. Der Listige hat eine Idee. Er lässt sich von seinem Diener Lindo in eine Lederhaut einnähen. Ein Holzbläser-Trio konzertiert während der handwerklichen Arbeit. Zufällig fliegt ein Greif vorbei. Es handelt sich hier um eine Vogelart, die längst ausgestorben ist oder die es nie gegeben hat. Es könnte sich aber auch um eine sagenhafte Variante der Flugsauriere handeln, von denen ein paar Exemplare überlebt und bis zur Regierungszeit Kaiser Barbarossas sich im Mittelmeer gehalten haben. Auf der Suche nach Futter für die Jungtiere kommt zufällig ein Greifenvogel vorbei, greift sich den Heinrich in der Lederhaut und fliegt mit ihm davon. Das Schiff zerbirst. Während sie ertrinken, winken die Matrosen dem Souverän noch einmal zu. Ein paar Handküsse nach unten und der Fluggast verschwindet mit seinem seltsamen Flugtier in den Wolken
Bild 2
Im herzoglichen Palast zu Lüneburg wird Mechtild, die Gemahlin Heinrich des Löwen, von Almano dem Herzog von Burgund, der dort zu Besuch weilt, bedrängt. Obwohl dieser mit Idalba, der Tochter des Kaisers Friedrich Barbarossa, verlobt ist, macht er sich an die einsame Herzogin heran. Ein Erfolg will sich nicht einstellen und er verbündet sich mit Errea, der Vertrauten Mechtilds, um sein Ziel zu erreichen. Die dämonische Amme, versucht ihrer Herrin weis zu machen, dass Heinrich aus dem Morgenland nicht mehr zurückkommen wird. Errea ist der Zauberei kundig und zeigt der bekümmerten Herzogin, die fest an Heinrichs Rückkehr glaubt, am Monitor ein Trugbild vom untergehenden Schiff und dem lustigen Beisammensein mit Jungvögeln. Mechtild gerät ins Wanken und Errea setzt alles daran, die Zweifel zu verstärken und ihr den Gast zuträglich zu machen. Idalba sieht die Treulosigkeit des burgundischen Herzogs mit Betrübnis, hat sich verkleidet, nennt sich jetzt Merina und ist ihrem Verlobten nachgefolgt. Ircano, ihrem Diener, gelingt es nicht, die Hartnäckige zur Aufgabe einer hoffnungslosen Beziehung zu bewegen. Ihre Seele findet keinen Frieden und sie irrt umher, um in der Nähe des Geliebten zu sein. Hin und wieder darf sie unerkannt einen Blick aus den Augen des Undankbaren erhaschen. Ihre Liebe zu ihm reicht bis zur Selbstaufgabe. Almaro versucht in seiner rustikalen Art, Mechtild klar zu machen, dass sie längst Witwe sei, sie es aber nicht wahrhaben wolle. Sie glaubt ihm nicht und verlangt Beweise; die verworrenen Aussagen zweier Hergelaufener genügt ihr nicht. Almaro lässt nichts unversucht, die Zuneigung der Frau seines Freundes zu erzwingen und bittet Errea erneut um Unterstützung. Die alte Hexe lässt sich die Geschichte der beiden Fremden nochmals vortragen, um wirksamen Zauber vorzubereiten.
Bild 3
In den Gartenanlagen des Palastes sitzt Mechtild und beklagt in Bitterkeit ihr trauriges Schicksal. Die Zeiten, als Heinrich seinen liebevollen Blick ihr zuwandte sind vorbei. Schweigsame Stunden und einsame Spaziergänge sind ihr Los. Ihr Herz folgt der Fährte Heinrichs, den ein grausames Schicksal ihr geraubt hat. Wenn das Eis den Boden entkleidet und die Sonne das Gras zum Leuchten bringt, sind die freundlichen Pflanzen glücklich. An der Fröhlichkeit des Erwachens in der Natur hat sie keinen Anteil. Fortwährender Schmerz lähmt sie und die Traurigkeit will nicht weichen. Auf den tiefen Winter folgt der April, die raue Strenge ist besiegt, die Beete sehen die Flora wieder. In ihr Herz wird der Frühling niemals wieder Einzug halten.
Bild 4
Heinrich hat sich aus der Tierhaut befreien können und unter den kleinen Greifen ein Gemetzel angerichtet. Aus der Höhe des Baumes klettert er herunter und kommt gerade hinzu, wie ein Lindwurm und ein Löwe miteinander einen Kampf austragen. Heinrich stellt sich auf die Seite seines Wappentieres und tötet mit seinem Taschenmesser den Lindwurm. Der Löwe zeigt sich erkenntlich und bringt Wildbret herbei. Waldnymphen entspringen dem Hintergrund und sorgen für gepflegte Unterhaltung. Dem Ballett der Elfen und Waldgeister schaut Heinrich beim Schmatzen aufmerksam zu und bedankt sich artig am Schluss der Vorstellung für die künstlerische Leistung.
Zweiter Akt
Bild 5
Die bezwungenen Dämonen haben inmitten düsteren Grausens Errea in das tiefe Gefängnis blicken lassen, in dem Heinrich in Damaskus in Ketten gefangen gehalten wird. Will Mechtild ihn sehen? Sie möchte sich schon vergewissern, aber wenn sie aus Neugier übermäßig sündige, möge der Himmel ihr vergeben.
Bild 6
Teufelchen gehorchen dem Gesang der Magierin und bringen aus infernalem Schlund das Bild Heinrichs und die Gefängnisausstattung ans Tageslicht. Heinrich liegt im Sterben und empfiehlt seiner Gattin, Almaro zu heiraten. „Mechtilde, ade, ich küsse dich und sterbe“, sind Heinrichs letzte Worte. Qual, Schrecken, Entsetzen, Zärtlichkeit und Schmerz sprengen Mechtildens Brust. Der Herzog von Burgund kommt seinem Ziel kein bisschen näher und in Errea regt sich ein Gefühl der Reue, ob sie es mit ihren Zauberkünsten nicht doch ein bisschen zu arg getrieben hat. Teure Asche, verehrte Gebeine, immer wird sie ihn lieben, nur Heinrich wird sie ihre zärtlichsten Gefühle widmen. Dem werbenden Almaro gibt die Herzogin Bescheid, dass jetzt nicht die passende Zeit sei, um von Liebe zu labern.
Bild 7
Heinrich landet in Begleitung des Löwen, eine Wolke als Beförderungsmittel nutzend, auf dem Kalckberg bei Lüneburg. Der geneigte Opernbesucher möge jetzt bitte nicht darüber nachdenken, wie der Löwe auf die Wolke kommt und die weite Reise ohne Futter gut überstanden hat, sondern sich mit Mechtild freuen, dass Heinrich wieder zu Hause ist. Es wurde wirklich höchste Zeit, denn am Hofe braut sich etwas zusammen. Ermüdet von der Reise schläft der Herzog ein. Ein Dämon erscheint und will Heinrich entführen. Der Löwe weckt ihn rechtzeitig auf. Der Dämon legt sich mit dem Raubtier an und macht es rhetorisch fertig: „Zudringliche Bestie, das wirst du mir büßen, ich breche dir den Hals.“ Heinrich sieht sein Wappentier in Bedrängnis. Welch schrecklicher Sturz – das Tier wurde in die Luft geworfen. Er wird dem Tier erste Hilfe leisten, als Entgelt für das Gute, welches es ihm angetan hat. „Komm teurer Löwe! Verschwinde du böser Schurkengeist“. Wütend ruft dieser noch andere Dämonen herbei. Dämonen lieben es zu tanzen, und darüber vergessen sie Heinrich.
Dritter Akt
Bild 8
Amaro hat Mechtild herumgekriegt. Im Festsaal des Schlosses zu Lüneburg werden die Vorbereitungen zur Hochzeit zwischen Mechtild und Almaro getroffen, denn das Land braucht einen Beschützer. Unerkannt kommt Heinrich vorbei und erkundigt sich nach dem festlichen Anlass. Mechtild trinkt ihren Becher leer und findet auf dem Grund Heinrichs Ehering. Der Hausherr ist in der Nähe und gibt sich zu erkennen. Wie sich das gehört, entschuldigt sich Almaro, der ihm die Frau abspenstig gemacht hat, für seine kleine Entgleisung. Heinrich akzeptiert, weil er den Kampferprobten für die Belagerung von Bardowick noch braucht. Idalba frohlockt, ist doch ihr Almaro für sie nun wieder frei. Errea fürchtet den Zorn Mechtilds, doch diese ist von ihrem Glück so gefangengenommen, dass sie der Veräterin keine Beachtung schenkt.
Bild 9
Idalba, die mutige Amazone nimmt an der Erstürmung Bardowicks teil und rettet bei dieser Gelegenheit ihrem Liebsten das Leben, der sie in ihrer Verkleidung nicht einmal wiedererkennt. Die Stadt wird geschleift.
Bild 10
Heinrich verkündet die Hochzeit der beiden, die nun wieder einander zugetan sind; am Hofe zu Lüneburg soll sie stattfinden. Die Dankbarkeit der Kaisertochter kennt keine Grenzen, kann sie doch durch die Fürsprache Heinrichs ihre alte Liebe wieder in ihre Arme schließen. Zwischen ihrem Vater, Kaiser Barbarossa, und Heinrich dem Löwen will sie vermitteln, damit es zwischen den beiden Streithähnen endlich zur Aussöhnung kommt.
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musirony 2005 - Engelbert Hellen