Schöne Oper – selten gehört
Charles Gounod [1818-1893]
Polyeucte
Oper in vier Akten
entstanden 1878, revidiert 1887
französisch gesungen
Libretto von Jules Barbier und Michel Carré
nach dem Drama von Pierre Corneille
Uraufführung am 10. Juli. 1878 in Paris, Salle Garnier
Charaktere:
Polyeucte, ein armenischer Edelmann (Tenor)
Pauline, Tochter des Félix, Polyeuctes Gattin (Sopran)
Sévère, Römischer Prokonsul, Favorit des Kaisers Decius, ehemals verlobt mit Pauline (Bariton)
Félix, Gouverneur von Armenien (Bass)
Néarque, Polyeuctes Freund (Bariton)
Albin, Hohepriester und Freund des Félix (Bass)
Siméon, ein betagter Christ (Bass)
Sextus, ein junger Patrizier (Tenor)
Stratonice, Paulines Vertraute (Mezzosopran)
und weitere
Das Geschehen spielt in Métilène, der Hauptstadt Armeniens
Dokumentation
LABEL Dynamic
Einspielung 2004 in Martina Franca, Valle d'Itria,
Orchestra Internationale d'Italia unter Manlio Benzi
mit Luca Grassi als Sévère
HANDLUNG
VORSPIEL
Erster Akt:
Pauline ist die Tochter des Gouverneurs von Armenien und Polyeuctes Gattin. Sie erzählt ihrer Vertrauten Stratonice von einem furchtbaren Traum, der sie sehr beunruhigt hat. Sie hat gesehen, dass ihr Gatte die christliche Taufe empfing und anschließend tot zu ihren Füßen niederfiel – niedergestreckt von dem Zorn Jupiters.
Stratonice versucht vergeblich, sie zu beschwichtigen. Von Polyeucte hatte sie erschüttert von der Tatsache erfahren, dass Kaiser Decius die Christen als Staatsfeinde ansieht. Der römische Hohepriester Albin hat entschieden, einige von ihnen in die Arena zu schicken, um sie den Göttern zu opfern. Pauline, welche die Christen als blasphemische Sekte betrachtet, gibt ihren Mann, der sich zum christlichen Glauben bekennt, eine Vorwarnung und erzählt ihm von den schlimmen Vorzeichen, welche sie durch ihren Traum erhalten hat.
Polyeucte ist von edler Abstammung und billigt die Grausamkeiten der Römer nicht. Er kritisiert, die kaiserliche Entscheidung, den mit hohen militärischen Ehren ausgezeichnete Sévère zur Verstärkung des Gouverneurs nach Métilène zu schicken. Pauline hatte ihn einst geliebt, aber aus politischen Erwägungen hatte ihr Vater den Bund nicht abgesegnet. Aus politischem Kalkül bevorzugt er eine Verbindung mit Polyeucte, einem armenischen Prinzen.
Trotz tiefer Besorgnis, wie es aufgenommen werden könnte, informiert Pauline ihren Mann, dass einst ein Bund zwischen ihr selbst und Sévère bestand. Gerührt von soviel Aufrichtigkeit versucht er, Pauline zu beschwichtigen, aber sie kann eine unbestimmte dunkle Vorahnung nicht abschütteln.
Der Gouverneur heißt den Favoriten des Kaisers an seiner Tafel willkommen. Rom und sein bewunderter Held werden mit Ovationen und allen Ehren empfangen. Während der Festlichkeiten vernimmt er von Paulines Hochzeit mit Polyeucte und dass die Ehe – vom Vater bestimmt – angeblich nicht glücklich sei.
Zweiter Akt:
Eine Gruppe junger Patriziern stimmt Liebeslieder an, in die Sévère aber nicht einfallen kann. Mit Bitterkeit lässt er die Anwesenden wissen, dass die Frau, die er einst liebte, nicht auf ihn gewartet hat. Die Ehren, die ihm zugetragen werden, erreichen sein Entzücken nicht und er folgt Pauline unbemerkt zum Tempel der Vesta, wo sie im heiligen Hain zu beten gedenkt. Hier belauscht Sévère nun, dass sie Polyeucte geheiratet hat, weil der Vater es so wollte.
Überzeugt, dass sie ihn noch liebt, wirft er sich seiner Liebe zu Füßen und verurteilt ihren Vater, weil er das Liebesglück der Tochter seinem Ehrgeiz geopfert hat. Zur Aussprache kommt es nicht, weil Polyeucte und Néarque sich nähern und er nicht möchte, dass sie Zeugen seines Schmerzes werden. Er beobachtet aber unbemerkt wie Polyeucte von Néarque die Taufe erhält.
Dritter Akt:
Im Palast des Gouverneurs versucht Albin Félix zu überzeugen, dass die Christen ausgerottet werden müssen. Noch gerührt von Polyeuctes Taufe und um Pauline gefällig zu sein, ringt sich Sévère dazu durch, die Christen als unschuldige Opfer zu sehen und verteidigt diese. Den Verbrechen, denen die Christen angeklagt werden, stimmt Félix ebenfalls nicht zu, nimmt aber auch nicht Partei für sie ein und überlässt das Urteil den Göttern. Er fordert Albin auf, mit ihm in den Tempel zu kommen.
Mit Sévère allein gelassen, lobt Polyeucte seine Großzügigkeit, deklariert aber, dass er bereit sei, sein Leben zu geben, falls eine Christenverfolgung einsetzt. Néarque drängt ihn zu fliehen, doch Polyeucte antwortet, dass er den Römern in ihrem eigenen Tempel begegnen und die Statuen der falschen Götter umkippen will. Es kommt zum Disput zwischen ihm und Albinus: Die Christen müssten müssten alle ausgerottet werden. Den Hohepriester klagt Polyeucte der Falschheit und Korruption an und erklärt sich selbst mutig zu einem Christen. Mit Nearques Hilfe beginnt er, Skulpturen umzustoßen und provoziert damit die Wut von Albin und der Menge. Der Zorn ist berechtigt, denn Polyeucte hat den Frieden des Tempels gebrochen und seine Einrichtung demoliert – ein unerhörter Affront.
Vierter Akt:
Das römische Strafgesetz greift, Polyeucte wird zum Tode verurteilt und ins Gefängnis gesperrt. Von der Welt hat er sich getrennt, denn die Anziehungskraft ihrer Attraktionen ist ihm gleichgültig geworden. Pauline versucht, ihn zur Reue zu bewegen und zu seinem früheren Leben zurückzukehren. Polyeucte weigert sich, erhebt seine Augen zum Himmel und fleht Néarque an, ihm zu helfen gegen die Versuchung anzukämpfen. Auch Sévère ist entschlossen, den Rivalen zu retten, aber Polyeucte steht fest zu seinem Entschluss.
Félix tritt auf und gibt seinem Schwiegersohn eine letzte Chance. Als einflussreicher Patrizier müsse er die Götter Roms anbeten oder er werde die Unerbittlichkeit des Gesetztes zu spüren bekommen. Polyeucte bleibt hart und bekennt: „Ich bin ein Christ!“
Pauline ist berührt von seiner Unerschrockenheit und schließt mit ihrem eigenen Leben ab. Sie folgt ihrem Gatten ins Amphitheater zum Martyrium. Gemeinsam stirbt es sich leichter! Die Ehegatten sehen dem Tod entgegen und rechnen mit einer Wiederauferstehung nach dem Tode.
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2013 musirony - Engelbert Hellen