INHALTSANGABE
Im Zentrum der Erzählung steht ein verrückter Gelehrter, der in einem verlassenen Schloss versucht, mit Hilfe einer Art kinematographischer Maschine das Andenken an eine seit Jahren verstorbenen Opernsängerin heraufzubeschwören.
Der Prolog spielt in den Kulissen des San-Carlo-Opernhauses in Neapel. Es ist die Abschiedsvorstellung der Sängerin Stilla. Während sie das „Lamento d’Angelica“ aus der Oper „Orlando furioso“ singt, stirbt sie plötzlich vor den Augen ihrer Bewunderer. Unter diesen befindet sich der Baron von Gorz und der junge Franz von Telek.
In der ersten Szene, die fünf Jahre später spielt, ist Franz in die Karpaten gereist, um den Baron Gorz zu finden. Er vermutet, dass der Adelige in den tragischen Tod von Stilla verwickelt ist und das Geheimnis kennt.
In der zweiten Szene kommt Franz auf dem Schloss an. Plötzlich erblickt er oben auf dem Turm die Sängerin Stilla, die das „Lamento der Angelika“ singt. Nun glaubt er, dass sie noch lebt und der Baron sie entführt hat. Je näher er jedoch an die Erscheinung herankommt merkt er, dass er einer Illusion erlegen ist. Die Erscheinung wird mit Hilfe einer Maschine simuliert, die vom Baron in Bewegung gesetzt wird.
Anmerkung:
Alle Nebenfiguren wurden aus der Romanvorlage von Jules entfernt, so dass nur die Episode um die Sängerin Stilla in das Libretto einging. Es sind hauptsächlich die negativen Attribute der Romantik wie Aberglaube, Scheintote, Geistererscheinungen, nächtliche Abenteuer, Magie und Tod, die sich um das geheimnisvolle Schloss in den Karpaten gruppieren. In enger Zusammenarbeit mit dem Filmemacher Jorge Silva-Melo wurde ein Libretto in zwei Teilen mit einem Prolog von unheimlicher, diabolischer, aber auch pittoresker Atmosphäre geschaffen, welches den Zuhörer gleichzeitig anzieht und verstört.
Hersant komponiert nicht atonal, sondern macht Anleihen bei den Komponisten der gemäßigten Moderne, die er besonders liebt, wie Bartok, Janáček, Debussy, Schönberg und Berg.
Aus diesem Fundus ergibt sich ein effektvolles Klangbild, dem man ein feines Gespür für sorgfältige Abstufungen, Dynamik, melodische Wirkung und Opulenz nachsagen kann. Stilla bringt ihre große Arie in italienisch, ansonsten wird französisch gesungen, im Wirtshaus auch deutsch. Begonnen wurde das Werk in Jahre 1989, vollendet drei Jahre später.
Der Wunsch, die Kostbarkeit einer Stimme mit der dazugehörigen Primadonna für die Ewigkeit zu erhalten, gab es auch schon zu Zeiten von Jules Verne. Was damals noch mit Spuk und Magie verbunden war, schafft die heutige Technik routiniert über das Medium DVD ohne makaber zu werden.
Hersant hatte im Sinn, Diven und Opernfanatiker zu verulken, rät aber gleichzeitig, in der Oper nach solchen Anspielungen nicht zu suchen.