Schöne Oper - gern gehört
Hector Berlioz [1803-1869]
La Prise de Troie
Die Einnahme von Troja
Erster Teil der Grand Opéra: 'Les Troyens'
in zwei Akten und drei Bildern
Libretto vom Komponisten
frei nach Teilen der Aeneis des Vergil
Uraufführung am 4. November 1863 in Paris, Théâtre Lyrique
Charaktere:
Kassandra (Cassandre) - Eine trojanische Seherin und Tochter des Priamus
Choroebus (Chorébe) - Verlobter Kassandras
Aeneas (Énée) - Trojanischer Held
Priamus (Priam) - König von Troja
Hekuba (Hecube) - Dessen Frau und Königin von Troja
Pantheus (Phantée) - Trojanischer Priester
Helenus (Helenus) - Trohanischer Prinz
Askanius (Ascagne) - Sohn des Aeneas
Der Schatten Hektors (L'ombre d'Hector)
Andromache (Andromaque) - Gattin Hektors (stumme Rolle)
Astyanax - Sohn Andrmaches (stumme Rolle)
Polyxene - Schwester Kassandras (stumme Rolle)
Trojanische Frauen
Volk von Troja
Das Geschehen spielt zur Zeit des Troanischen Krieges an der Westküste Kleinasiens
INHALTSANGABE
Erster Akt
Erstes Bild:
Die Trojaner laufen nach zehn Jahren der Belagerung zum Strand zum verlassenen Lager der Griechen und jubeln. Staunend sehen sie ein von den Feinden hinterlassenes riesiges. hölzernes Pferd und wollen es als Siegesgeschenk zum König bringen.
Die sich freuenden Trojaner hören nicht auf die Seherin Kassanda: sie, die Tochter des Priamus, sieht den Untergang Trojas voraus. Aber das Volk glaubt ihr nicht und auch ihr Verlobter Choroebus nimmt ihre Warnungen nicht ernst, als sie ihn anfleht, aus der Stadt zu fliehen.
Zweiter Akt
Zweites Bild:
Die Witwe des getöteten Hektors, Andromache, tritt mit ihrem Sohn stumm vor Trauer in die jubelnden Massen. Ein eingefangener Spion wird vor den König gebracht - zunächst des Verrats bezichtigt, überredet er die Trojaner die hölzerne Skulptur als hinterlassenes Geschenk der Griechen in die Stadt zu bringen. Auch der erschreckende Bericht des Aeneas über den Priester Lakkom, welcher in dem Pferd eine List der Griechen sah, konnte das Volk nicht umstimmen. Pallas Athene schickte zwei Riesenschlangen und lies ihn und seine Söhne erwürgen. Die Trojaner glaubten an einen Frevel Lakkons und wollen nun die beleidigte Göttin versöhnen und ziehen das Pferd in die Stadt.
Drittes Bild:
Die Stimme des toten Hector weckt Aeneas aus dem Schlaf. Der Geist warnt ihn, die Griechen seien schon in der Stadt und Troja stünde bereits in Flammen. Er rät, Troja mit seinen Getreuen zu verlassen und in Italien Fuß zu fassen, um dort ein neues Reich aufzubauen. Pantheus und Choroebus stürzem herbei und berichten, griechische Soldaten seien dem Ungetüm entstiegen und hätten die Tore der Stadt geöffnet und die restlichen Truppen hineingelassen. Im Palast des Vaters prophezeit Kassandra den Tod ihres Verlobten und den Untergang der Stadt.
Angestachelt von von der Seherin, beratschlagen die trojanischen Frauen, sich das Leben zu nehmen, um nicht in die Sklaverei zu geraten. Als die Feinde heranrücken, töten sie sich selbst mit einem letzten hoffnungsvollen "Italie" auf den Lippen.
Anmerkung:
Wenn man den grichischen Tragödiendichtern glaubt, befand sich Kassandra nicht unter den Frauen, die durch einen Suizid endeten. Als Kriegsbeute Agamemnons, nahm er die Königstochter mit nach Mykene, sie wurde von ihm ehrenvoll behandelt. Den Anfeindungen Klytemnästras ausgesetzt, wurde sie vom kleinen Ajax in den Mauern von Mykene erwürgt.
Gewöhnlich wird 'La prise de Troie' und 'Les Troyens à Carthage' zu einer Einheit verschmolzen und an einem Abend von unter dem Titel 'Les Troyens' gegeben. Die erste vollständige Aufführung beider Teile gleichzeitig fand am 1. Mai 1963 in Glasgow an der Scotish Opera unter Colin Davis statt. Aus dramaturgischer Sicht ist eine solche Lösung ein fragwürdiges Unerfangen, denn die Handlungsabläufe der beiden Teile haben wenig miteinander zu tun. Bis auf den Titelhelden agieren unterschiedliche Personenkreise. Eine Life-Aufführung der "Trojaner" an einem Abend von fünf Stunden Dauer ist wegen der extremen Länge eine Zumutung an das Publikum. Das Unterfangen zehrt an den gesanglichen Kraftreserven der Darsteller, besonders wenn Kassandra und Dido in Personalunion gesungen werden. MUSIRONY hat sich daher entschlossen, durch getrennte Beschreibungen und Libretto-Analysen. die ursprüngliche bis in die Mitte der 1960 Jahre gültige Praxis wieder herzustellen. (Red: E.H.)
© September 2009 - Raphael Lübbers
Eine Libretto-Analyse folgt