Schöne Oper - Gern gehört
Gabriel Fauré [1845 -1924]
Pénélope
Poéme Lyrique in drei Akten
Libretto von René Fauchois
in Anlehnung an Homers Epos 'Odyssée'
Uraufführung am 4. März 1913 an der Oper von Monte-Carlo
Charaktere:
Pénélope – Königin von Ithaka (Sopran)
Euryclée– Amme (Mezzosopran)
Alkandre – Dienerin (Sopran)
Phylo – Dienerin (Sopran)
Lydie - Dienerin (Sopran)
Mélantho – Dienerin (Sopran)
Cléone – Dienerin (Mezzosopran)
Ulisse – Gatte der Pénélope (Tenor)
Antinoüs – Freier der Pénélope (Tenor)
Ctésippe – Freier der Pénélope (Bariton)
Léondès – Freier der Pénélope (Tenor)
Eurymaque – Freier der Pénélope (Bariton)
Pisandre – Freier der Pénélope (Bariton)
Eumée – Hirte (Bass)
Die Handlung spielt im antiken Griechenland auf der Insel Ithaka
zur Zeit des trojanischen Krieges und in der Zeit danach
HANDLUNG
Erster Akt:
Im Vorraum zu Pénélopes Gemach singen die Dienerinnen, während sie spinnen, von der anhaltenden Trauer der Königin über Ulisses langjährige Abwesenheit. Man hört schallendes Gelächter, welches den Freiern Pénélopes zugeordnet wird. Die Dienerinnen erzählen sich, dass sich Pénélope in tiefster Trauer über den Verlust ihres Gatten befinde und die neuen Anwärter nun schon seit zehn Jahren mit ihrer Entscheidung hinhält. Zwar kritisieren die naiven Dienerinnen das zügellose Leben der Freier am Hofe sowie deren selbstherrliches Verhalten, jedoch würden sie an Pénélopes stelle Ulisse vergessen und einen der Anwärter zum neuen Gatten erwählen. Insgesamt favorisieren sie fünf Kandidaten – jede würde einem anderen den Vorzug geben. Eurymaque erscheint und befiehlt, dass man Pénélope unterrichte, dass die Freier das Warten endlich satt haben. Augenblicklich wünschen sie mit der Angebeteten zu sprechen, auch wenn es den Dienerinnen nicht gefällt. Die alte Euryclée erscheint und fordert die wütenden Freier zur Ruhe auf. Pénélope sei müde und im Moment nicht bereit, die Herren zu empfangen. Das bringt die jugendlichen Anwärter erst recht auf die Palme und sie beschließen kurzerhand Pénélope einfach herzuholen.
Noch bevor der Plan umgesetzt werden kann, erscheint die Gesuchte und beklagt das rüde Verhalten der Freier. Wissen die unwillkommenden Gäste nicht, dass man den Zorn der Götter herausgefordert, wenn man eine kummervolle Ehefrau in Bedrängnis stürzt? Antinoüs versucht Pénélope mit Schmeicheleien zu beruhigen, erinnert sie aber an die Notwendigkeit einer Gattenwahl. Die Angesprochene erwidert geistesabwesend, dass sie sein Begehren nicht verstanden habe und im Traum einer anderen Stimme lauschte – der Stimme des Ulisses, welche ihr gebiete, auf ihn zu warten! Die Freier fühlen sich hingehalten und werden immer aufdringlicher. In gerechtem Zorn schleudert die Königin den unverschämten Bewerbern ihre Verachtung entgegen.
Léodès erinnert an die Abmachung, dass die Heiratsunwillige unbehelligt ein Totentuch für ihren Schwiegervater Laertes weben darf. Sobald die Arbeit beendet ist, muss sie einen der Freier zum neuen Gatten wählen. Eurymaque wirft der Säumigen vor, für ihre Arbeit eine Ewigkeit zu benötigen und zieht erbost das Laken vom Webstuhl – alle starren mit Entrüstung auf die kaum begonnene Arbeit. Pénélope schiebt, ihre Trauer um den in der Ferne weilenden Gemahl vor, aber die Freier fühlen sich hintergangen und bestehen darauf, dass die Betrügerin fortan unter ihrer Aufsicht webe.
Damit es ihnen nicht langweilig wird, winken sie zur willkommenen Zerstreuung eine Gruppe von Musikern und Tänzerinnen herbei und lassen sich - wie gewohnt - den Becher bis zum Rand vom besten Wein füllen. Halb betrunken verlieren Sie vor der Königin jeden Respekt und belästigen sie mit unflätigen Redensarten. In ihrer Drangsal fleht die Verzweifelte zu den Göttern, ihren Gatten auf der Heimfahrt nach Ithaka den kürzesten Weg zu weisen, damit ihre Not ein Ende hat.
Ein armselig gekleideter Mann kommt zum Palast und bittet um Unterkunft und Verpflegung. Die Freier machen sich über ihn lustig und wollen ihn fortschicken. Die Herrin auf Ithaka hält auf Gastfreundschaft und lässt unfreundliche Behandlung gegen Bedürftige nicht zu. Sie verweist auf die Gepflogenheit der Götter, gelegentlich unerkannt als Bettler aufzutreten. Missachtung ihrer Priorität würden sie mit Nachdruck bestrafen. Es handelt weise, wer zwischen Hoch und Gering keinen Unterschied macht! Die Freier wünschen Pénélope noch viel Vergnügen mit dem hässlichen Vagabunden und flirten im Abgehen mit der Dienerin Mélantho, welche sie schließlich zum Mahl mitnehmen. Zu seinem Verdruss lehnt Pénélope wie immer die gewohnte Einladung des Antinoüs zum Abendessen ab.
Mit aller Ehrerbiertung behandelt Pénélope den Alten deshalb, weil dieser sie in Gestik, Mimik und Stimme an ihren Gatten erinnert. Während Euryclée dem Bettler die Füße pflegt, gibt dieser sich als Gebieter von Ithaka zu erkennen. Unter Strafandrohung ersucht er die Amme, sein Geheimnis vorläufig zu wahren, damit sie den Vollzug der Rache an den schamlosen Freiern nicht gefährde.
Pénélope sitzt allein am Webstuhl und arbeitet am Totenhemd für den Schwiegervater. Dem lauschenden Publikum erklärt sie die Ursache ihrer Säumigkeit. Ihre Taktik besteht darin, während der Nachtstunden die Arbeit zu vernichten, die sie tagsüber geleistet hat. Melantho, von den Freiern betrunken gemacht, verrät diesen der Herrin Geheimnis, damit sie Pénélope bei ihrem Täuschungswerk selbst beobachten können.
Pénélope schüttet dem Bettler ihr Herz aus und klagt, dass ihre Bedränger ihr ein Ultimatum bis zum kommenden Morgen gestellt haben, sich für einen neuen Gemahl zu entscheiden. Der Alte tröstet die Königin und rät, noch ein bisschen Geduld zu haben, weil seine Weisheit ihm sage, dass das Übel bald ein Ende finden würde. Als Belohnung für seinen Trost bekommt er gegen die Kälte der Nacht einen warmen Mantel umgehängt. Allein gelassen, beschließt der unerkannte Ulisse den ersten Akt mit einer kleinen Rachearie.
Zweiter Akt:
Eumée blickt vom Hügel auf das Meer, grüßt die anderen Hirten und wünscht eine gute Wache. Pénélope und ihr Gefolge erscheinen auf dem Hügel, um den Sonnenuntergang zu bewundern. Sie erzählt, dass sie allabendlich einen frischen Kranz aus Rosen winde, um ihn auf die Steinbank bei den Säulen zu legen, damit Ulisse bei seiner Ankunft sofort erkennen möge, dass sie ihn noch immer liebt.
Eumée redet der Betrübten gut zu und verspricht, bei Ulisses Ankunft diesem als treuen Kämpfer gegen die Freier zur Seite zu stehen. Misstrauisch drängt Pénélope den Fremden, sich doch zu offenbaren, wer er sei und woher er komme. Wenigstens soll er seinen Namen nennen, damit sie sicher sein kann, es mit keinem Verräter zu tun zu haben.
Der Angesprochene gibt an, dass Ulisse einst für zwölf Tage und zwölf Nächte bei ihm in Kreta wohnte. Pénélope ist hocherfreut über dieses Lebenszeichen ihres Mannes. Aus Dankbarkeit bietet die dem Alten an, auf ewig im Palast wohnen zu dürfen. Er hegt jedoch Zweifel, dass die Freier die freundliche Geste akzeptieren würden. Nochmals schildert Pénélope all ihr Leid und ihre Zweifel und den sehnlichen Wunsch, dass Ulisse endlich zurückkehren möge, um sie zu befreien. Die Königin soll nicht verzweifeln, gewiss wird der verschollene Gemahl bald zurückkehren. Zögernd kehrt Pénélope dem Meer den Rücken zu und will nie wieder an den Ort des Wartens zurückkehren. Sie erwägt einen Selbstmord, um der Zwangsvermählung mit einem ihrer Freier zu entgehen. Der Fremde schlägt vor, dass die Königin den Belagerern eine Aufgabe stellen soll: Wer es schafft, den Bogen des Ulisses zu spannen, dem würde sie ihre Hand mit dem Anspruch auf den Thron von Ithaka gewähren. Allgemein sei bekannt, dass es nur Ulisse gelänge, den Bogen zu spannen. Während die Freier sich abmühen würden, sei für Ulisse die Zeit gekommen, an Haus und Herd zurückzukehren, sofern die guten Götter es zulassen. Mit wenig Hoffnung nimmt Pénélope den Vorschlag zur Kenntnis, doch ihr Herz glaubt, im Tonfall des Fremden höre sie Ulisse selbst sprechen, als ob es seine Worte wären. Nachdem sie mit ihren Dienerinnen die Szene verlassen hat, gibt Ulisse sich den Hirten zu erkennen. Als seine treuen Untertanen bittet er sie, im Morgengrauen an seiner Seite zu stehen, und für ihren König zu kämpfen
Dritter Akt:
Nachdem Ulisse den Racheplan mit Euryclée noch einmal durchgesprochen hat, versteckt er sein Schwert im Thronsaal, dem Platz den er für die Auseinandersetzung mit den Freiern gewählt hat. Eumée weiß zu berichten, dass die Besetzer in Unwissenheit dem Racheplan selbst zugearbeitet haben, denn die Ahnungslosen haben den Hirten befohlen, Opfertiere heranzuschaffen. Ohne Argwohn zu erwecken, können die Hirten sich im Palast frei bewegen. Eurymaque leitet die Vorbereitungen zur anstehenden Hochzeit und befiehlt den Saal mit Blumen zu schmücken. Dabei steht ihnen der Bettler im Wege und wird von den Freiern beschimpft. Der Geschmähte versichert, dass man ihn an dem ungastlichen Ort bald nicht mehr sehen brauche.
Die Königin proklamiert die Wettkampfbedingungen. Dem Schützen, der den Bogen des Odysseus spannen kann und mit seinem Pfeil zwölf Ringe durchschieße, um das Ziel zu treffen, gewähre die Königin von Ithaka ihre Gunst. Die Freier fühlen sich herausgefordert und jeder, durch seinen Ehrgeiz angespornt, begibt sich an seine Aufgabe und scheitert. Die Natur begleitet die Anstrengungen der Bewerber mit Blitz und Donner. Verängstigt versuchen die schwachen Schützen, sich Mut anzutrinken. Der Alte tritt vor und bittet, es doch auch einmal versuchen zu dürfen. Man ist erbost über das Ansinnen, doch nach anfänglicher Ablehnung lässt man ihn in Erwartung eines gewissen Amüsements gewähren. Schrecken und Staunen befällt die Freier, denn ihre triefenden Augen beobachten, dass der Pfeil des Fremden alle zwölf Ringe passiert und ins Ziel geht. Jetzt wird nicht mehr gefackelt, der nächste Pfeil trifft Eurymaque. Mit Unterstützung der Schafhirten wird einem Freier nach dem anderen das Fell geschoren. Wer seine Beine nicht zu gebrauchen weiß, weil er zu tief in den Becher schaute, hinterlässt eine Blutlache und muss sein Leben aushauchen. Erst jetzt erkennt Pénélope den heimgekehrten Gatten, ruft voller Freude seinen Namen und fällt kurzfristig in Ohnmacht. Der Jubel des Volkes dringt von draußen in den Palast und in der Halle steht Odysseus und kündet der bebenden Gattin, dass das Urteil vollstreckt sei.
Gabriel Fauré
© August 2009 – Raphael Lübbers