Schöne Oper – bei uns selten gespielt
André Campra (1660-1744)
Idoménée
Idomeneus
Lyrische Tragödie in einem Prolog und fünf Akten
Libretto von Antoine Danchet
Uraufführung am 12. Januar 1712, in Paris, Académie Royale de musique
Dauer knapp 3 Stunden
Charaktere:
Idoménée, König von Kreta - Bass
Idamante, sein Sohn - Tenor
Ilione, eine trojanische Prinzessin - Sopran
Electre, Tochter Agamemnons, zu Gast auf Kreta - Sopran
Venus, Göttin der Liebe
Neptun, Gott des Meeres
Eole, Gott der Winde
Nemesis, Göttin des gerechten Zorns
La Jalousie, Göttin der Eifersucht
Proteus, älterer Meeresgott
Arcas, Vertrauter des Königs
und weitere
Prolog:
Die Winde werden durch den Opernchor dargestellt. Diese sind ungebärdig, denn sie lieben die Freiheit und wollen wehen. Die Göttin Venus, die eigentlich für die Liebe zuständig ist, bezeugt Mitleid und überredet den Windgott Eole die Wilden loszuketten. Sie hat mit Idoménée, und mit anderen Helden von Troja noch eine Rechnung zu begleichen und lässt den Winden die Freiheit einen fürchterlichen Sturm zu erzeugen. Der König befindet sich auf der Heimfahrt und soll mit seinem Schiff untergehen. Von schaurigem Geheul begleitet legen sich die Sturmgewalten mächtig ins Zeug.
Erster Akt:
Prinzessin Ilione aus Troja weilt auf Kreta zu Besuch. Sie hat sich in Idamante verliebt und König Idoménée abgewiesen, bevor er in den Krieg zog. Der Kronprinz hat nichts besseres zu tun, als die Kriegsgefangenen freizulassen und mit allen ein Fest zu feiern.
Die Rückkehr des Königs wird von allen erwartet, aber Arcas, sein Stellverteter, hat eine schlimme Nachricht Er verkündet, dass sie Rückkehr des Schiffes aus Troja weiterhin in den Sternen steht.
Electre aus Mykene weilt ebenfalls zu Besuch auf Kreta. Sie macht sich gleichfalls Hoffnung auf eine Zukunft mit Idamante und versteht es nur mühsam, ihre Eifersucht auf Ilione zurückzuhalten.
Zweiter Akt:
In Seenot geraten, bahnt sich das ankommende Schiff seinen Weg in den rettenden Hafen. Das Schreien der Besatzung um Hilfe hat Neptun erhört. Mit dem Kopf taucht er aus den Wogen auf und gebietet dem Sturm, sich zu legen. Dafür erwartet er von Idoménée als Gegenleistung, dass er ihm den Menschen opfere, der ihm als erstes nach seiner Heimkehr am Strand begegnet.
Idoménée stellt seine Bedenken zurück, ahnt aber, dass Furchtbares eintreffen wird. Der erste Mensch, dem er begegnet, ist sein eigener Sohn. Er hat ihn lange nicht gesehen, und deshalb erkennt er ihn nicht sogleich wieder.
Die Begegnung trübt seine Wiedersehensfreude, als Idoménée erfährt, wen er vor sich hat. Idamante ahnt nichts davon, weshalb der Vater missgestimmt ist und keine Wiedersehensfreude zeigt. Verstört schleicht er davon.
Venus und die Göttin der Eifersucht schließen sich zusammen und planen Ränke gegen den Kreter-König.
Dritter Akt:
Idoménée schwankt im Zwiespalt der Gefühle. Soll er Diamante nun als Rivalen um die Liebe Iliones betrachten oder behalten seine väterlichen Gefühle für ihn die Oberhand? Er entschließt sich, Letzteren zu schützen und schickt ihn nach Argos, um Electre in ihre Heimat zu begleiten. Sie ist überglücklich und freut sich auf die Abreise, nicht zuletzt deshalb, weil sie den Kreter-Prinzen im Handgepäck hat.
Idoménée beklagt sich bei Ilione, dass sein Werben sie kalt lässt, weil sie Idamantes zugetan sei. Das Mädchen tut nichts, um seine Anschuldigungen zu zerstreuen.
Die olympischen Götter argwöhnen, dass Idomenée mit dem Gedanken liebäugelt, sein Versprechen ihnen Idamante zu opfern, zu umgehen plant. Proteus führt ihm das Seeungeheuer vor, welches losgelassen wird, falls er wortbrüchig werden sollte. Zusätzlich künden sich neue Seestürme an.
Vierter Akt:
Idamante gibt sich mutig und denkt, dass er genügend Kräfte besitzt, um mit dem kleinen Seeungeheuern fertig zu werden. Nach seiner Einschätzung handelt es sich um ein Jungtier, welches darauf aus ist, nur Feldfrüchte zu vernaschen. Das Paar gesteht sich ewige Liebe, aber Ilione ist doch ein wenig verzweifelt darüber, dass Vater und Sohn sich nun zwangsläufig als Rivalen gegenüberstehen werden.
Idoménée denkt, er kann die Götter bewegen, auf das Opfer zu verzichten und bittet Neptun, seinen Zorn ruhen zu lassen. Der Sieg Idamantes über das kleine Seeungeheuer muss gefeiert werden, aber dann drängt Idoménée seinen Sohn endlich mit Electre abzureisen.
Idoménée gibt sich einen Ruck und verzichtet zu Gunsten seines Sohnes mit seiner Erwählten auf den Thron. Er glaubt, dass nun auch Neptun seinen Anspruch auf sein Opfer ruhen lässt und er den Meeresgott durch sein Wohlverhalten beschwichtigt hat.
Fünfter Akt:
Electre bekommt mit, dass Ilione und Idamante heiraten werden und setzt alles daran, um Neptuns Zorn wieder zu entfachen. Ohne eine Ahnung von dem drohenden Unheil zu haben, feiert das junge Paar, mit Idoménée und dem Volk die frohe Zukunft unter ihrem Zepter.
Keineswegs sind die Götter beschwichtigt, wie Idoménée irrtümlich annimmt.
Unter schaurigem Getöse kündigt die Göttin Nemesis – nicht auf dem Olymp, sondern in der Unterwelt ansässig - ihr Erscheinen an. Doch lassen wir sie selbst zu Wort kommen:
„Des Meeresherrschers Zorn, vermessener Feind,
vermeinst du so zu entwaffnen?
Erblicke Nemesis: die Götter haben mir geboten,
ihre Rache zu übernehmen.
Das Weltall soll mit Entsetzen lernen,
ihre Allmacht zu respektieren.“
Nemesis
Nemesis schreitet zur Vergeltung. Der Thron zerbirst und die Furien tragen den Baldachin davon. Idoménée verliert den Verstand, o Schreck, und ersticht seinen Sohn im Wahn. Wieder zur Besinnung gekommen, will er Selbstmord begehen, wird aber daran gehindert.
Ilione klagt um den Tod Idamantes. Hartherzig sieht sie es als seine Strafe an, dass Idoménée mit seiner Schuld nun weiter leben muss.
Anmerkung:
Wolfgang Amadeus Mozart hat ebenfalls einen Idomeneo komponiert, der aber von einem versöhnlichen Schluss gekrönt wird. Wahrscheinlich ist es die Ursache, dass Campras Werk deshalb unverdient in den Schatten rückte.
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2014 musirony - Engelbert Hellen