Die Vicomtesse und der Vicomte de Noailles hatten das Werk in Auftrag gegeben, welches bei einem Maskenfest im Jahre 1929 szenisch zur Aufführung gelangte.
Zentrale Person des Balletts ist die Göttin Diana, die ohne Partner alle Tanznummern solistisch bestreiten muss, weil sie als liebliche keusche Jägerin der Männerwelt abhold gegenübersteht. Von ihrem Vater Zeus hatte sie sich sexuelle Unabhängigkeit ausbedungen, ein Wunsch, der ihr gewährt wurde, den sie aber nun bitter bereut. In pastoraler Landschaft beobachtete Actäon die Göttin im Kreise ihrer Gespielinnen einst unerlaubt beim Baden und wurde zur Strafe in einen Hirsch verwandelt. Der Wüstling Orion wurde mit einem Pfeilschuss erledigt. Diverse Meeresungeheuer teilten das gleiche Los.
Die sich selbst eingebrockte Enthaltsamkeit beruhte auf einer falschen Einschätzung der Gefühle und gereicht ihr nun allmählich zur Plage. In verzehrender Leidenschaft sehnt sie sich nach einem Mann und macht deshalb ebenso sorgfältig wie regelmäßig Toilette. Doch wer kann schon über seinen eigenen Schatten springen? Von ihren Gefährtinnen, die sich in Fülle um sie versammeln, erwartet sie die gleiche Haltung, andernfalls geht es ihnen schlecht.
Poulenc, der alte Spötter, hat Dianas Kummer, der sich im siebten und achten Menüpunkt zur Hysterie steigert, in zehn Variationen chronologisch zusammengefasst. Schenken wir seiner Sichtweise Beachtung:
- Toccata -
- Récitatif: Les Compagnes de Diane -
- Rondeau: Diana et Compagnes -
- Entrée de Diane -
- Sortie de Diane -
- Presto: Toilette de Diane -
- Récitatif: Introduction à la variation –
- Andante: Variation de Diane –
- Allegro féroce: Désespoir de Diane –
- Conclusion : Adieux et Départ de Diane
Doch alles Schmachten hilft nichts: Am Schluss verschwindet die Liebesdurstige unverrichteter Dinge zwischen den Bäumen und wirft ihren Verehrern im Parkett noch einmal sehnsuchtsvolle Blicke zu.
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Musirony 2009 - Engelbert Hellen