Aeneas beabsichtigt, Rom zu gründen. Zuvor sucht er die Sibylle von Kyme (Cumae) in ihrer Höhle auf, damit sie das Orakel befragt, ob ein solches Unterfangen ratsam sei. Diese erzählt ihm keinesfalls klipp und klar, was er wissen möchte – Orakel verhalten sich immer rätselhaft - sondern bereitet ihn darauf vor, dass eine Reihe von Prüfungen zu bestehen sind. Angst und Einsamkeit befallen den Helden von Troja. Schatten aus der Unterwelt besuchen ihn. An ihnen lässt er seine Aggression aus und treibt kriegerische Schattenspiele mit ihnen, die ihn aber nicht sonderlich erheitern.
Die Erinnerungen an die Karthager-Königin Dido verblassen. Ihre Klagen haben ihn zum Schluss restlos genervt. Von seinen Kampfgefährten will er nichts mehr wissen, weil sie ihn an die Vergangenheit erinnern. Frei von allen Hindernissen lebt er nur einem Ziel, die Stadt Rom zu gründen. In einer Vision, von Jubelchören musikalisch unterstützt, sieht er die glanzvolle Metropole, die seinen Ruhm in die Geschichte tragen wird.
Anmerkungen:
Der Dirigent Jean Martinon, ein Schüler Roussels, setzte sich für eine Aufführung des Balletts nachdrücklich ein. Es erreichte nicht den Erfolg von „Bacchus und Ariadne“ oder „Das Festmahl der Spinne“ und gehört trotz glänzender Orchestrierung zu den weniger bekannten Werken des Komponisten. Es entstand in der letzten Schaffensperiode nach seiner 4. Symphonie.
Geschichtlich gesehen, war es Aeneas nicht vergönnt, Rom zu gründen. Das bewerkstelligten seine angeblichen Nachkommen, Romulus und Remus.
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musirony 2007 - Engelbert Hellen