EXPOSÉ
Der König deklamiert, dass einstmals Herrlichkeit und Vergnügen das Entzücken seines Lebens waren. Ein grauenvolles Schicksal hat es ihm gestohlen. Die Erinnerung daran soll vergessen sein. Für ihn gibt es nur noch einen Tod in Würde, damit das Bild seiner Herrlichkeit nicht getrübt wird und der Mut eines großen Königs den Menschen in Erinnerung bleibt.
Der Chor wiederholt, was der König gesagt hat: Herrlichkeit und Vergnügen machten einstmals die Süße seines Lebens aus. Selbst im Schlaf war niemand fähig, ihm seinen Stolz zu nehmen und den Sieg zu rauben. Der berauschende Hochgenuss ist nun zum Teufel und ein ehrenvoller Tod möge dem König beschieden sein, damit die Nachwelt sich an den Mut eines großen Königs unablässig erinnern wird.
Noch einmal ruft der König den Namen seiner Geliebten. Néhala heißt in der Kantate von Hector Berlioz das Mädchen, welches seine Reize offen legt, damit Eugéne Delacroix es in dem Moment malen konnte, wie der Henker ihm den Dolch an die Kehle setzt. Auch Néhala möchte, dass ihr wohlgeformtes Hinterteil nicht in Vergessenheit gerät und die Nachwelt, wenn sie ins Museum geht, einen Blick darauf werfen kann.
In Gemäldebildbänden ist als Ausschnitt oftmals nur das Mädchen und ihr Henker präsent, damit der Betrachter die Unordnung nicht mitbekommt, die im königlichen Schlafzimmer herrscht. Kleinmöbel, Geschirr und Mädchenleiber liegen wild durcheinander. Sardanapal liegt träge auf dem mit rotem Spannlaken bezogenen Lotterbett und stützt seinen nicht mehr ganz klaren Kopf mit der rechten Hand. Nur deshalb, damit die Sieger nach Eindringen in den Harem nicht lustbesessen über die Mädchen herfallen, lässt der Herrscher alle abschlachten. Typisch orientalisch!
Die assyrische Königsliste kennt keinen Herrscher namens Sardanapal, gemeint ist mutmaßlich Assurbanipal. Im Text des Librettisten findet der Assyrer gemeinsam mit seiner Lieblingskonkubine den ehrenvollen Tod in den Flammen eines selbst angezündeten Scheiterhaufens. Da man ein solches Ereignis im Konzertsaal nicht dazustellen pflegt, soll es nur in der Partitur geknistert haben.
Ganz klar im Kopf war Hector Berlioz auch nicht, denn er hat die herrliche Partitur aus Bosheit selbst zerrissen. Andere behaupten, er habe sie in den Orchestergraben geworfen. Damit wollte er vermutlich die Jury ärgern, die ihm zuvor den Rompreis wiederholt verweigert hatte. Von musirony kann daher nur der Splitter eines Fragmentes beschrieben werden, der durch einen Zufall der Vernichtung entgangen ist.
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musirony 2008 - Engelbert Hellen