Dauer etwa 80 Minuten
Charaktere:
Die Hausfrau (Alt)
Ihr Freund (Bariton)
Ein junger Bursche (Tenor)
Die Nachbarin (Alt)
Junges Mädchen (Sopran)
Ein Vermummter in der Maske eines Flohs (Tenor)
Kleines Mädchen (Stumme Rolle)
Dokumentation:
Stereo-Einspielung etwa zu Beginn der 1960er Jahre des Labels Hungarton
mit dem Chor des Ungarischen Rundfunks. János Ferencsik dirigiert das Budapester Philharmonische Orchester
Die Gesangsolisten sind:
Erzébet Komlóssy – György Melis – Jószef Simándy – Zsuzsa Barlay und Éva Andor
Das Geschehen spielt in Ungarn vor 1917
INHALTSANGABE
Erste Szene:
Die junge Frau, eine alleinerziehende Mutter, sitzt bedrückt auf ihrem Stuhl. Ihr Liebster muss sie schweren Herzens verlassen. Der Abschiedsdialog trägt den Charakter eines Volkslieds. Bringen wir doch den Text mit dem gelungenen Endreim wörtlich:
„Schweren Herzen muss ich Liebste, dich verlassen,
Mantelgleich umweht mich bald der Staub der Straßen.
Meines Mantels Tressen Kummer wird sie nähen,
Und als Silberknöpfe darauf Tränen säen.“
„Gehst du fort und ich muss bleiben,
Wer kann da mein Leid beschreiben?“
Denn auf meinem Herzen liegen
Schmerzen, die wie Steine wiegen.“
Beide gehen aufeinander zu und umarmen sich.
„Willst nach Siebenbürgen fortgeh'n,
Sollst nach mir dich nicht mehr umseh'n,
Damit dir das Herz nicht bang schlägt,
Wenn dein Weg ins fremde Land geht.
Schweren Herzens muss ich Liebste, dich verlassen,
Mantelgleich umweht mich bald der Staub der Straßen, hei!“
Das kleine Mädchen hatte von der Haustür aus die Straße beobachtet und zerrt den Abreisebereiten angstvoll am Jackett, dass er sich auf den Weg machen soll. Verängstigt läuft es wieder zur Tür zurück und nimmt den Beobachtungsposten wieder ein. Eine letzte Umarmung und die Frau reicht dem Liebsten hastig Mantel, Stock und Hut. Er nimmt den Weg durch das Fenster.
„Auch im Herbst behält sein Laub der Zederbaum,
Ob ich dich noch wiedersehe, weiß ich kaum!
Scheiden muss ich. Weh, es muss geschieden sein,
Auch die Sterne trennen sich von ihrem Schein.“
„Über meinem Hause strahlt' ein heller Stern,
Auch in meine traute Stube lacht' er gern;
Böse Feinde neideten mir seinen Glanz,
Nun ist meines Sternes Licht erloschen ganz!“
Die Frau richtet den Blick tieftraurig auf den verlassenen Stuhl. Der geliebte Mann hat sie nun verlassen.
Zweite Szene:
Zwei Gendarmen betreten den Raum. Die Frau ist erschrocken. Das kleine Mädchen entwischt durch die Tür. Die Ordnungshüter fixieren die Frau nachdrücklich und beginnen, das Zimmer an verschiedenen Stellen zu durchsuchen. Ohne ein Resultat erzielt zu haben, ziehen sie unverrichteter Dinge wieder ab, ohne den Blick nochmals forschend auf die Anwesende gerichtet zu haben. Erleichtert lässt die Frau sich auf einen Stuhl fallen.
„Mutter, liebstes Mütterlein, du zogst mich groß.
Ahntest nicht, wie bitterschwer, wie hart mein Los.
Wüsstest du, welch Kummer und welch Leid ich trag',
Weinen würd'st du, mich beweinen Tag für Tag!“
Dritte Szene:
Die Verlassene ist nicht lange allein. Die Nachbarin kommt mit anderen Frauen, um ein bisschen für Stimmung zu sorgen. Aller Sinnen und Trachten ist auf einen Ehemann gerichtet. Solch ein Mann wäre für sie der Rechte, der ihr auch ein Spitzenhäubchen brächte. Wenn er sie hin und wieder verprügeln würde, wäre das nicht weiter schlimm. Sie würde sich danach Mühe geben, ein braves Weibchen zu werden.
Offenbar treffen sich die Frauen des Dorfes hier öfter zum geselligen Beisammensein. Es ist die Spinnstube, von der im Titel des Singspiels die Rede ist. Einige Frauen schüren das Feuer. Andere holen die Spinnräder hervor. Eine Hängelampe wird entzündet. Man beginnt zu spinnen und zu singen. Um was kann es in dem Liedchen schon gehen, wenn das Leben nur aus Liebe besteht? Leider sei das männliche Geschlecht in der Dorfgemeinschaft unterrepräsentiert, weil zu viele dieser Spezies im Krieg gefallen sind. Das Weibchen solle sich deshalb nicht beklagen, und nicht so tun, als ob es an der Liebe keinen Gefallen finden würde. Fällt der eine in der Schlacht, muss das kein Grund für das Mädchen sein, auch zu sterben. Ist das Jahr vorbei, wird sich auch ein neuer Freier einstellen.
Alle geben sich nun Mühe, die von ihrem Schatz verlassene Wohnungseigentümerin zu trösten. Der Zuspruch tut ihr gut und sie beginnt ebenfalls zu spinnen. Eine andere klagt, dass es ihr nicht gelungen sei, ihre Aussteuer zusammenzubekommen. Was ist, wenn eines Tages ein Mann, der sie begehrt, vor ihr steht und die Truhe leer ist, weil sie während der Wartezeit faul gewesen ist und sich dieser nun einer anderen zuwendet? Die kleine Tochter stellt klar:
„Kommt einst der Tag,
Leer steht die Truh'
Ei, träge Hand, was tust du dann?
Schläfrig Aug', bist selbst schuld daran!“
Die eine Hälfte des Frauenchors bestätigt, was die Kleine soeben vorgetragen hat, eine andere meint, dass die Morgengabe weniger wichtig sei, weil doch die Braut sich selbst zum Geschenk macht. Ein paar Lappen bekommt sie aus Solidarität zur Not auch von einer fleißigen Nachbarin geschenkt.
Die Folklore gibt an Material einiges her, auch wenn die Rückkehr zum Liebsten immer wieder Gegenstand der Betrachtung ist: Dreiunddreißig Zweige hat die Trauerweide und dreiunddreißig Pfauen flogen auf die Zweige. Manche Vögel haben entweder weißes, grünes oder blaues Aussehen, nur der Liebste sei immer schwarz gekleidet. Die Sehnsuchtsvolle hätte dem Liebsten gern hinterher gerufen, hat es aber unterlassen, weil sie ihm mit dem Misston ihres Organs kein Leid zufügen wollte.
Die Hausfrau hat sich wieder gefangen und bringt nun ein launiges Solo, in welches die anderen einstimmen.
„Ging heut' auf den Markt mit einem Groschen nur,
Kaufte eine Henne für einen Groschen nur.
Henne rufet: Gluck, gluck, gluck!
O du Henne, Hennelein,
und doch ist noch ein Groschen mein.
Ging heut' auf den Markt mit einem Groschen nur,
Kauf' da ein Küchlein für ein' Groschen nur.
Küchlein rufet: Piep, piep, piep,
Henne rufet: Gluck, gluck, gluck!
O du Henne, Hennelein,
und doch ist noch ein Groschen mein.
Ging heut' auf den Markt mit einem Groschen nur,
Kaufte einen Truthahn für ein' Groschen nur.
Truthahn rufet: Tru, tru, tru,
Küchlein rufet: Piep, piep, piep,
Henne rufet; Gluck, gluck, gluck!“
Immer sind noch Groschen frei. Es wird noch ein Lämmchen gekauft, das macht: bähähäh. Und das Schweinchen macht: röf, röf, röf. Schließlich ist das Geld aber alle und der weiteren Kauflust ein Riegel vorgeschoben. Alles grunzt, blökt und piept durcheinander. Der Schabernack will kein Ende nehmen.
Vierte Szene:
Wo sich junge Mädchen aufhalten, bleiben die Burschen nicht lange fern. Im Wechselgesang findet der Kampf der Geschlechter eine humorvolle Auslegung:
„Lieb und freundlich sind die Mädchen,
Wenn die Zöpfe sie noch zieren.
Tragen sie erst eine Haube,
Wollen nur mehr sie regieren.
Will den Mann zum Narren halten,
Selbst befehlen, schalten, walten.
Männer, ihr sühnt eure Schulden:
Müsst die Weiberherrschaft dulden!“
Die Mädchen antworten selbstbewusst:
„Herumstolzierend wie die Pfauen,
Geben wir der Welt zu schauen.
Burschen streunen wie die Hunde
Um das Tor zur Abendstunde.“
Die Burschen entgegnen:
„Wenn ihr spinnen müsst, so tut es,
Aber gönnt auch uns 'was Gutes.
Kalt wird es den Kavalieren,
Lasst die Armen nicht so frieren.“
Eine Pantomime, in der ein junger Mann, der sich als Gespenst verkleidet hat, entlarvt und von den Mädchen verprügelt wird, leitet zum nächsten Bild über.
Fünfte Szene:
Ein Bursche beklagt sich bei seiner Mutter, dass Ilona Görög nichts von ihm wissen will. Todessehnsucht plagt ihn. Die Mutter möchte nicht, dass ihr Sohn aus Liebeskummer stirbt und sinnt auf Abhilfe. Sie erzählt die fragwürdige Geschichte von einer Mühle, in der Gold und Silber gesponnen wird.
Zähmen soll er sein Verlangen, nur wenn man Netze auswirft, kann man Fische fangen. Wenn Söhnchen sich nicht belehren lassen will, soll er doch ihretwegen sterben. Alle Mädchen kommen dann, um seinen Sarg zu sehen. Ilona Görög ist auch unter ihnen. Doch das Schicksal nimmt eine glückliche Wende zu Lazlos Gunsten.
„Summ, summ, Mücklein summ,
Künd' es weit und breit:
Lazló will heut' Hochzeit halten,
Leute kommt geeilt!
Summ, summ, Mücklein, summ!
Sag' es weit und breit,
Ilona, die schönste Jungfrau, die hat er gefreit!
Haltet Euch bereit!“
Die Turbulenzen nehmen zu und das dichterische Gefüge reißt an allen Ecken. Von unerfüllter Liebessehnsucht quillt die Folklore über.
Sechste Szene:
Ein Vermummter in einer 'Floh'-Maske tritt auf und sucht nach einem Nachtquartier. Er kommt aus Siebenbürgens Land, sechs Pferde hatte er angespannt, aber der Knecht ist durchgebrannt. Er wird an Frau Susann verwiesen. Dorf finde er auch Frühstück und Abendbrot. Säbel und Pistolen gibt er Mari in Verwahr. Der Tanzgruppe ist der Fremde nicht ganz geheuer, doch man benimmt sich.
Von ihrem schlimmen Los berichtet ein Mädchen:
„Winter kam durchs Land gezogen, längst fiel schon der Schnee von oben,
Liebster von dir kam die Kunde, dass vom Ross du stürztest ab.
Hast gebrochen du den Arm; Sag. Wie kannst du mich umfah'n?
Ach du siehst ja, dass ich nunmehr nicht dein eigen werden kann!“
Ein schmerzliches Schicksal hat einen Burschen getroffen:
„Vögel zieh'n da ferne oben, bis zum Himmel reicht ihr Zug,
könnte ich doch Botschaft senden durch der Vögel frohen Flug!
Fliege Vöglein, flieg' zu ihr. Bring ihr einen Brief von mir!
Sag', sie soll mich nicht beweinen, bin ich auch im Elend hier.“
Ein Bursche und ein Mädchen künden:
„Weit von hier in blauer Ferne, ganz verborgen tief im Wald,
Steh'n zwei Rosmarinengesträuche, suchen einander halt.
Einer neigt sich über dich. Und der andere über mich.
Liebst uns Gott, wie wir uns lieben, trennt er uns nicht ewiglich.
Zum Ende des sechsten Bildes kommt ein bisschen Spannung in die Handlung. Der Faden der ersten Szene wird fortgeführt, denn es tauchen wieder die beiden Gendarmen auf. Der Flüchtige war eingefangen worden, beteuerte aber, dass man ihn zu Unrecht verdächtige. Immerhin hat sich die Justiz bemüht und ein altes Weib ausfindig gemacht, welches den wirklichen Täter gesehen haben will. Der zahnlosen Alten werden nun alle männlichen Besucher der Spinnstube vorgeführt, damit der Augenschein den Schuldigen verrate. Aber jedes Mal winkt die Alte heftig gestikulierend ab. Der „Floh“ hat sich ängstlich in eine Ecke geflüchtet, doch schon hat die Zeugin ihn erspäht. Dieser sei der Täter, behauptet sie. Der Verängstigte wird ebenfalls an den Händen gefesselt und beide müssen zur Wache mitkommen, damit die Untersuchung des Falls zu Ende geführt werden kann.
Siebte Szene:
Die Leute haben sich entfernt und es ist dunkel geworden. Die Frau fühlt sich einsam und allein. Schluchzend sinkt sie auf die Knie.
„Trüb und trüber meine Tage,
Qualvoll Leben, nichts als Plage.
Kaum ein Tag, der Freude brächte;
Und trüb wie der Tag die Nächte.
Zeitlich früh, vor Morgengrauen
Tränenvoll die dunklen Augen,
Spät nach Sonnenuntergange
Von Tränen benetzt die Wange."
Draußen herrscht ein Schneesturm. Die Gedanken der Frau sind beim Geliebten. Sie öffnet das Fenster, sie lauscht an der Tür, ob nicht ein Wunder den Heißersehnten herbeiführt. In der Ferne hört sie den Chor zum Glockengeläut der Kirche eine zuversichtliche Weise anstimmen: „Sonne strahlt im Frühlingsschimmer...“.
Plötzlich steht der geliebte Mann in der Tür. Seine Unschuld wurde festgestellt und die Gedarmen haben ihn freigelassen. Er fragt sie, ob ihr Herz ihm noch gehöre. Er will sie um die Hüften fassen und sie nicht mehr gehen lassen. Will voll Freude sie umfangen und küssen ihre heißen Wangen.
„Guter Herrgott gönn' uns beiden, dass wir beieinander bleiben!
Kannst uns dieses Glück nicht geben, Herr, was soll dann dieses Leben?
Gibst uns so viel Not und Trübsal, gib uns nun auch Freud einmal
Lass um Glück uns bei dir bitten, haben doch genug gelitten.“
„Schwalbe, nun verlass uns nimmer,
Bleib im Sommer, bleib im Winter,
Nicht nur Sommer, nicht nur Winter,
Nein, das ganze Jahr und immer.“
Anmerkung:
Es ist nicht leicht, Kodálys Musikwerk einer bestimmten Gattung zuzuordnen, denn Lyrik, Spiel, Tanz und Gesang dominieren gleichermaßen. Flokloristisches Gedankengut beherrscht die Grundstimmung, Deftiges und Trauriges stehen nebeneinander. Es ist der Alltag mit seinen Beschwernissen, Enttäuschungen und Sehnsüchten, die den Gehalt des Singspiels ausmachen. Man zerstört ihn, wenn man versucht, die Gedichte in Prosa zu fassen – deshalb die vielen Zitate.
***
Juli 2010 musirony – Engelbert Hellenl