Operettenzauber
Die Dschunke von Herrn Tschang
Friedrich Schröder [1910-1972]
Nächte in Shanghai
Operette in drei Akten
Szenario und Libretto von Leo Lenz und Waldemar Frank
Liedertexte von Günther Schwenn
Uraufführung am 12. Februar 1947 am Metropol-Theater, Berlin
Weitere Aufführung im Juli des gleichen Jahres in Hamburg
Charaktere:
Präsident John Ferrant (Sprechrolle)
Bill Harris, Kapitän
Lilian, Revuestar unter dem Namen Miss Anonym
Mr. Marbou, Impresario unter dem Spitznamen 'Marabu'
Dolla und Poldi, Mitglieder der Künstlertruppe
Mr. Tschang, ein verschlagener Chinese
Nankipuh, sein Sekretär
Ah'Wang, ein Barmädchen
Pillican, ein neugieriger Reporter
Dootitle, Hoteldirektor
Weitere: Oberkellner und Piccolo
Matrosen, Polizei in Verkleidung, Hotelgäste
Revuetänzer
Das Geschehen spielt in China nach dem Zweiten Weltkrieg
HANDLUNG
Erster Akt: EIN LUXUSHOTEL IN SHANGHAI
Die 'Blume der Südsee', ein strahlender Stern am Himmel des amerikanischen Revue-Theaters, entwickelt um Namen und Herkunft viel Getue. Neugierigen und Journalisten erklärt sie kurzerhand, sie sei Miss Anonym. Mit ihrem Ballettcorps ist sie in einer Luxusunterkunft in Shanghai abgestiegen. Zu ihren Verehrern zählt der steinreiche Chinese Mr. Tschang. Dieser hat mit dem Revuestar etwas im Sinn und schickt seinen Sekretär Nankipuh vor, um den Weg für seine dunklen Absichten zu ebnen. Der Unterwürfige macht sich an Dolla und Poldi heran, die zur Künstlertruppe gehören. Er will sie durch Schmeichelei und Bestechung den Plänen seines Herrn gewogen zu machen.
Bill Harris ist der Kapitän eines Luxuskreuzers und erklärt großtuerisch, mit Miss Anonym verheiratet gewesen zu sein. Entschieden bestreitet die Tänzerin diese empörende Behauptung und kann mit ihrer Hysterie vielleicht die Hotelgäste irreführen, aber nicht das schlaue Theaterpublikum. Auf den Parkettplätzen und in den Logen findet man es bedauerlich, dass Mr. Harris sich nun betrinkt, weil seine Verflossene ihn verleugnet. Freundschaftlich legt Poldi seinen Arm auf seine Schultern und versucht ihn zu trösten.
Mr. Tschang hat sich einen Schlachtplan zurecht gelegt und heuchlerisch lädt er die gesamte Künstlergruppe zu einem Abschiedsfest auf seine Edeldschunke ein.
Zweiter Akt: DAS FEST BEI HERRN TSCHANG
Die Bardame Ah'Wang hat ebenfalls spioniert und herausgefunden, dass die schöne Unbekannte in Wahrheit Lilian heißt und sich von ihrem Gemahl getrennt hat. Sie sei die Nichte des Präsidenten Ferrant und versuche deshalb, jedes Aufsehen zu vermeiden.
Herr Tschang macht Lilian einen Heiratsantrag, der natürlich abgewiesen wird. Seinen Reichtum braucht sie nicht, denn ausreichend Geld hat sie selbst und möchte unter ihren zahlreichen Verehrern frei wählen können. hh Eine Aussprache von Frau zu Frau mit Dolly bringt die Wahrheit ans Licht. Tatsächlich ist Lilian mit Kapitän Harris verheiratet gewesen, hat ihn aber verlassen, weil sie sein Genie nicht länger ertragen konnte. Klug rät Dolly zu einer Aussprache und verrät Lilian, wo sie den Verlassenen finden kann. Im Disput stellt man fest, dass bestehende Gegensätze sich überbrücken lassen und zur Zufriedenheit des Publikums gelingt eine Versöhnung.
Schlitzohrig hofft der arglistige Tschang durch seinen angeblich unermesslichen Reichtum, Lilian doch noch betören zu können und startet einen weiteren Annäherungsversuch, der aber ins Leere läuft.
Dritter Akt: DIE JACHT AM PIER
Poldi hat herausgefunden, dass Herr Tschang ein Hochstapler ist, in Geldnöten schwebt und es auf den Reichtum von Lilians Vater abgesehen hat. Er will das Täubchen entführen, um ein Lösegeld zu erpressen. Die Schiffsmotoren kommen nicht in Gang, weil sie manipuliert wurden. Es ist fraglich, ob der Luxuskreuzer um Mitternacht wie geplant nach Tahiti auslaufen kann.
Doch wozu haben wir den wackeren Kapitän Mr. Harris? Nein, er kann nicht nur große Sprüche klopfen, sondern hat auch gleich beim ersten Zusammentreffen in dem Galgengesicht von Herrn Tschang einen seit langem gesuchten Seeräuber erkannt. Es ist nur eine Kleinigkeit, die chinesischen Behörden zu verständigen. Als Mister 'Anonym' fungiert eine als Matrosen verkleidete Polizeistreife und überwältigt den Finsterling. Mit Zufriedenheit stellt das Publikum fest, dass die Polizei schnell Herr der Lage ist.
Lilian und Bill haben sich sich wieder versöhnt und gemeinsam werden sie nun Tahiti ansteuern. Auf die turbulenten 'Nächte in Shanghai' folgen nun erholsame Tage in der Südsee.
Anmerkung:
Die Premiere der Revue-Operette erfolgte zwei Jahr nach Kriegsende. Nach den erlittenen Entbehrungen waren die Menschen für Glanz und Glimmer besonders empfänglich. Ferne Schauplätze verhießen unermessliches Glück. Caterina Valente fasste die Sehnsüchte der Zeit zusammen: „Steig' in das Traumboot der Liebe, fahre mit mir nach Hawaii. Dort auf der Insel der Schönheit wartet das Glück auf uns zwei.“
Friedrich Schröder schwann auf dieser Welle von Glimmer und Fernweh. Er verstand es, durch berauschende Orchesterklänge den Wünschen seiner Hörer Gestalt zu geben. Der Dreivierteltakt hat seine Schuldigkeit getan, in Polynesien wird mit den Hüften gewackelt. Schwarze Schurken verlieren ihre Schrecken, denn die anonyme Bedrohung liegt im System weltumspannender Misswirtschaft. Es liegt gewiss nicht am Orchestersatz des Komponisten, wenn in heutiger Zeit das Publikum mit Scheinwelten, die sich leicht durchschauen lassen, nicht mehr zu betören ist. Werke wie „Nächte in Shanghai“ behalten jedoch ihren nostalgischen Wert.
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musirony 2009 - Engelbert Hellen