musirony - Juno und Avos
 

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Schöne Oper - kaum bekannt





Alexej Rybnikow (geb. 1945)

Juno und Avos



Rockoper

russisch gesungen

Libretto von Andrej Vosnesensky

Uraufführung in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts

Personen: 

Nikolai Rezanov,  russischer Diplomat und Abenteurer
Conchita, seine Verlobte
Seeleute und Betende
 

Ort und Zeit: Das Schiff „Juno und Avos“, zwischen Russland und Amerika zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts.



INHALTSANGABE
 
Conchita, die Tochter des Gouverneurs von San Francisco möchte den Grafen Nikolai Rezanov heiraten. Die Chancen stehen gut, aber den Abenteurer zieht es wie „Peer Gynt“ in die Welt. Geschäft und Ideale versucht der Rastlose miteinander zu verknüpfen. Dem russischen Volk will er eine bessere Welt bieten, indem er die beiden Machtblöcke zu beiderseitigem Nutzen zueinander bringen will.

Darüber vergehen 35 Jahre. Conchita hat 52 Lebensjahre hinter sich gebracht und ist des Wartens müde. Sie spielt nicht länger die bedauernswerte Solveig und will jetzt ihre Ruhe finden. 

Anmerkung:

Bei „Juno und Avos“ handelt es sich keineswegs um ein zerstrittenes Liebespaar, der römisch-griechischen Antike, sondern um einen Frachtdampfer, der zwischen Sibirien und der amerikanischen Westküste zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts hin und her pendelte. 

Prominenter Reisender war Nikolai Petrowitsch Rezanov (1764-1807),
russischer Staatsmann und einer der Gründer der Russisch-Amerikanischen Handelskompanie. Er stammte aus einer angesehenen Familie aus der Gegend von Smolensk, war zunächst Leutnant beim Militär und wurde später Chefsekretär im Zivil-Departement und dann Manager in „The Main Office of the Russian-American Compagny” Im Jahre 1806 reist er nach Kalifornien, um Handelsverbindungen zwischen der „Russisch-Amerikanischen Compagnie“ und den spanischen Kolonisten zu knüpfen. Auf dem Weg nach Hause starb er in der Nähe der Stadt Krasnojarsk in Sibirien.

Niemals hatte er daran gedacht, dass sein Leben der poetische Vorwurf für ein lyrisches Gedicht werden könnte. Es ist die bemerkenswerte Idee Alexej Rybnikows auf das Gedicht „Avos“ von Andrej Voznesensky, der auch das Libretto einrichtete, eine Rockoper zu komponieren. Die Handlung hatte historische Verlässlichkeit und beinhaltete die Elemente des Abenteuers, verbunden mit einer Liebesgeschichte, die gar nicht stattfand. Wie Solveig aus Ibsens „Peer Gynt“ wartet Conchita auf den geliebten aber abwesenden Bräutigam, der in der Welt seine Geschäfte erledigt, ein Leben lang.

Die Geschichte des Grafen Nikolai Petrovitsch Rezanov ist wirklich auffallend. Zweihundert Jahre zurückgedacht, träumte er davon, Russland und Amerika geschäftlich und mental  zusammenzubringen. Amerikanischer Sound und russische Waghalsigkeit sollten eine Verbindung eingehen, damit das ehrliche aber glücklose russische Volk eine Chance und eine Perspektive in der Welt von heute finde. Voznesenskys Gedicht ist wundervoll in der Kraft dieser Gedanken, in seiner Freimütigkeit und seinem aufrichtigen Ton. Jedes Wort zittert und entflammt die Seele mit reichlich vorhandenen Enthüllungen und Einsichten. 

Alexej Rybnikows Musik markiert Talent. Er wählt das Wort „Oper“ für die Titelseite seiner Komposition und macht damit ein großes Versprechen. An eine Reihe von Gesetzgebern und Reformern der Opernkunst aus der Vergangenheit lehnt er sich an, um seinen eigenen Stil zu finden. Seine Komposition ist klar nach den Gesetzen des musikalischen Dramas geregelt. Delikat und präzise bringt der Komponist das Laute und das Leise, das Schnelle und das Langsame zusammen. Er nimmt Zuflucht zu Techniken, die Einstimmigkeit und Polyphonie zusammenfügen. Zur gleichen Zeit denkt er in horizontalen und vertikalen Linien. Unterschiedliche Formen von Vorlagen benutzt Rybnikow bei der vokalen und instrumentalen Ausformung.

Die Verwendung von Choral-Episoden ist etwas besonderes in der Musikszene. Vorliegend basieren sie auf authentische alte russische Musik. Die Liturgie ist beharrlich, aber dank des Gebrauchs von Synthesizern und anderen modernen Mitteln wird der Stil - entkleidet des sakralen Gewandes - nicht als etwas Traditionelles oder Rituales empfunden, eher als musikalischer Ausdruck oder einer Vision im Geist von Rezanov, der früh im 19. Jahrhundert seine Reisen unternahm. Nur an die Welt der Realität denkend, wäre erstaunt über die herausragende mystische Kraft, die der Dichter aus seinen Lebensaktivitäten herausholt.

Das Hörerlebnis und der Gesamteindruck der Oper auf den Zuhörer sind überwältigend. Vergeblich versuchen Kathedrale und Diskothek eine Synthese einzugehen. Die Schönheit der slawischen Sprache schmeichelt sich in anrührenden Szenen in die Seele ein. Gesprochene Passagen, sehr textdeutlich, oder Geplapper wechseln mit Gesangsszenen ab. Kurze Dialoge - einige werden geflüstert - sind Instrumentaleinlagen gegenübergestellt und wetteifern mit den Ensembleszenen. Es gibt intime Szenen, aber auch solche mit Geheul im Hintergrund. Häufig dominiert ein Recitant, der Abläufe erläutert. Der Sprachunkundige versteht nicht, woher bei einem recht profanen Handlungsablauf die Emotionen hergenommen werden. Auch ohne detaillierte Kenntnis der Handlung zieht das Werk den Zuhörer in seinen Bann bis der letzte Song verklungen ist. Eine Wahnsinnsoper, deren Sound im Gemüt nachhaltig haftet.


Andrej Voznesensky und Alexej Rybnikow haben ein wundervolles Finale gefunden. Es ist eine Liebeshymne, adressiert an das Volk, welches zu Ende des 20. Jahrhunderts lebt.

Du willst leben im zwanzigsten Jahrhundert,
Zu seinem Ende ist dein Jahrhundert gekommen.
Will der Mensch nicht die Fragen beantworten
Auf welche Weise ein Abkommen zu finden ist?

Hallelija zur Gruppe der Liebenden!
Als wir begannen zu streiten und zu feiern,
Vergaßen wir, was uns zur Erde gebracht hat
Halleluja zu lieben, Halleluja


***
Musirony 2005 - Engelbert Hellen


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
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