Schöne Oper – selten gehört
Melesio Morales [1838-1908]
Ildegonda
Lyrisches Drama in zwei Akten und vier Teilen
italienisch gesungen
Libretto von Temistocle Solera
Uraufführung: 1866 in Mexico, 1869 in Florenz
Dauer: etwa 2 Stunden
Charaktere:
Ildegonda, eine lombardische Adelige (Sopran)
Rizzardo, ein Kreuzfahrer (Tenor)
Rolando Gualderano, Vater Ildegondas (Bariton)
Roggiero, Ildegondas Bruder (Bass)
Falsabiglia, Ildegondas Verlobter (Tenor)
Idelbene, Ildegondas Amme (Mezzosopran)
Das Geschehen spielt im 11. Jahrhundert in der Lombardei
Dokumentation:
LABEL: Forlane
Live-Einspielung am Teatro de las Artes in Mexico im November 1994
Es spielt das Orquesta Sinfonica Carlos Chavez unter dem Dirigenten Fernando Lozano,
Coro de la Escuola Nacional de Musica unter Antonio Avila
Gesangssolisten: Violeta Dávalos – Raúl Hernández – Ricardo Santin – Noé Colín – Edilberto Regalado – Grace Echauri
Melesio Morales
Struktur:
Erster Akt, Erster Teil:
PRELUDO
01. Coro introduzione „Fulge la stella rorida“
02. Recitativo e quartetto „La mia cenizie serbasti“
03. Cavantina „Chi può spegnere il decoro“
Erster Akt, Zweiter Teil:
04. Introduzione e preghiera „A te, dal petto supplice -
05. Cavantina „Quai memorie al trafitto mio core“
06. Serenata „Errante pellegrina“
07. Duetto „Solo un alba e vendremo la croce“
08. Scena e quartetto final „O figlio mio!“
Zweiter Akt, Erster Teil:
09. Congiura „Siamo qui tutti!“
10. Recitativo e arietta „Bella fra quante copre“
11. Romanza „Perdon Gran Dio!“
12. Duetto „Ecco tutto è silenzo“
13. Terzetto finale
Zweiter Akt, Zweiter Teil:
14. Preludio e aria „Oh mia sposa“
15. Coro di virgini „Qui posa il fianco“
16. Delirio „E il padre ancor non rispose?“
17. Terzetto finale „Fa core! L'estreme tue parole“
HANDLUNG
Erster Akt
Erster Teil:
Die Mutter ist gestorben und ihre Seele ist nach Einschätzung des Einleitungschors in den Himmel aufgefahren. Deshalb soll Ildegonda den Trauerschleier lüften, ihre Tränen trocknen und glücklich sein.
Das zarte junge Mädchen soll daran denken, dass sie sich in der Blüte ihrer Jugend befindet. So wie der Bach dem Meer zustrebt, beeilt sich auch das Leben. Es vergeht rasch und Jugend und Schönheit schwinden, ehe man es sich versieht. Sie hat jemanden, der sie liebt und anbetet. Ihm soll sie ihr zartes Herz überlassen. Nicht einen Tag, nicht eine Stunde soll Ildegonda verbringen, ohne einen süßen Gedanken an die Liebe zu verschwenden. Von ihrem engelsgleichen Gesicht verströmt die Jungfrau einen noch lebhafteren Glanz, als der Stern, der sich am Morgen aus der Milchstraße löst und einen von Rosen geschmückten Schweif hinter sich herzieht. Der Chor kann das Schmeicheln nicht lassen und ist sich nicht bewusst, welchen Unsinn er in die morgendliche Stille ablässt.
Der vom Vater ausgewählte Verlobte ist der edle Ritter Falsabiglia. Die Liebe hat ihm Flügel verliehen, um herzukommen, aber er versteht nicht, weshalb Ildegonda bei seiner Ankunft traurig ist. Die überraschende Neuigkeit von ihrer Hochzeit mit ihm reiche nicht aus, um sie zu erheitern, behauptet die gerügte Braut. Er soll doch bitte verstehen: Die Mutter ist gestorben und es bricht ihr das Herz. Ihm soll sie gehorchen, andernfalls kann sie des Todes des gemeinen Verführers sicher sein. Ildegonda gibt einen unterdrückten Schrei von sich. Der Himmel solle Mitleid mit ihr haben, denn es ist seine Aufgabe, die Elenden zu beschützen. Rolando hält Strenge für notwendig und gibt der Unbotmäßigen Bescheid, dass sie vor seinem Zorn erzittern soll. Ildegonda hat doch nichts verbrochen! Sie bebt und das Blut gefriert ihr in den Adern.
Roggiero, das feine Brüderchen, kommt hinzu und erklärt, dass ihr furchtbares Geheimnis gelüftet sei. Der Vater bittet den Himmel, dass er ihn in Anbetracht seines hohen Alters vor Aufregung und Schmerz bewahren soll. Wem soll der Allerhöchste es nun recht machen – dem Vater oder der Tochter? Das eine schließt das andere aus. Roggiero redet ebenfalls törichte Worte. Ein furchtbarer Blitz sei niedergegangen und habe den Schleier der Sünde zerrissen. Sein Hass fängt auch schon an zu lodern.
Falsabiglia hat von der kleinen Familienstreitigkeit nichts mitbekommen und der Opernchor auch nicht, denn ihre Seelen füllen sich mit Freude und der Tag des Friedens und der Liebe sind nahe. Rolando nimmt Roggiero am Arm und führt ihn in eine Ecke der Szenerie. Der Vater bedeutet ihm, dass ein furchtbarer Zweifel ihn aufwühle. Roggiero versteht ihn, weil der gleiche Zweifel auch an ihm nagt. Aber dieser Schuft wird ihm nicht entkommen. Der Schurke ist nicht einmal von Adel, denn er kommt aus dem Volke. Er wird bereits von hundert Augen überwacht. Auch das noch! Um das Publikum über seinen Gemütszustand und seine Absichten aufzuklären, ergießt Rolando sich in einer Kavantine:
„Wer kann die Würde, den Glanz
meiner Vorfahren antasten?
So wie ich sie erhalten habe,
müssen sie an meine Kinder weitergegeben werden.
Erzittere, erzittere Bauer,
wenn du schuldig bist!
Wer kann dem Dolch eines
gekränkten Gualderano entrinnen?“
Ildegonda hatte ihrem geliebten Rizzardo ein Briefchen zu kommen lassen. Er will sich von Ildegonda feierlich verabschieden, antwortet er, bevor er zum Heiligen Grab aufbricht, um es von den Heiden zu befreien. Doch das verräterische Brüderlein hat seine Antwort abgefangen und zeigt das Papier nun dem Vater. Himmel! Was muss dieser lesen?
Rizzardo wird gleich in den Garten kommen, trägt das rote Kreuz der Palästinafahrenden auf der Brust und will sich den übrigen Kreuzfahrern anschließen. Damit hätte sich die Liebesaffäre zwischen Ildegonda und Rizzardo eigentlich von allein erledigt, doch im Komplott mit dem Opernchor wird beschlossen, dass der unerwünschte Freier sterben muss. Er soll nur kommen und sich in die rächende Klinge stürzen.
Zweiter Teil:
Die Abendglocke ist vom Turm der Kirche unweit der gärtnerischen Anlagen des Palastes von Gualderano zu hören. Die Mönche ergießen sich in frommen Gesängen und werden von Ildegonda beneidet, weil es den frommen Männern vergönnt ist, ohne weltliche Gelüste glücklich zu sein, während ihr die wahnsinnige Leidenschaft zum Geliebten noch den Tod bringen wird. Von der Mutter wurde ihre Liebe zu Rizzardo gesegnet, doch sie wurde von ihr im Stich gelassen und ist nun dem Unwillen eines zornigen Vater wehrlos ausgeliefert. Idelbene rät, dass sie den Schmerz verjagen soll, denn kein Unglück sei hoffnungslos.
Doch Ildegonda hat sich auf Todessehnsucht eingerichtet. Sie fleht, die Mutter möge dafür sorgen, damit ihr Kind bald eine himmlische Wohnung bekomme, um von der unseligen Verachtung der Sterblichen erlöst zu sein. Im Moment erwartet sie allerdings den Geliebten im Garten und hofft, dass das Treffen ohne Zwischenfälle verläuft. Danach wird sie zum Paradies fliegen, um der Mutter die Möglichkeit zu bieten, sich an ihrem Lächeln zu erfreuen, wie es umgekehrt genau so sein wird.
Idelbene hat Rizzardo das Gartentor geöffnet. Ist es wirklich wahr, dass er nach Palästina aufbrechen will, fragt Ildegonda den reisefreudigen Draufgänger. Allerdings, aber als Sieger wird er zu ihr zurückkehren und ein glanzvoller Lorbeerkranz wird sein Haupt krönen. Es kann aber auch sein, dass er in heiliger Erde sterben wird. Ildegonda, die von dem was sie redet wenig Ahnung hat, fordert ihn auf, sich für die Sache, die er verfolgt, zu begeistern. In die heimgesuchte Stadt soll er gehen und die Tränen der Armen trocknen. Die barbarischen Schwerter soll er lahmlegen und den Gefahren des Krieges nach Möglichkeit trotzen. Falls er auf fremdem Boden sterben sollte, werden ihre Gedanken zu ihm fliegen und kurzfristig wird sie ihm in den Himmel folgen.
Er soll ihr vertrauen und keineswegs an ihrer Standhaftigkeit zweifeln. So ganz glaubt er ihr nicht, weil ihre Verlobung mit einem anderen Ritter durch handverlesene Gäste gerade gefeiert wird, sie aber durch Abwesenheit glänzt. Deshalb fordert er ein Pfand ihrer Treue. Ildegonda gibt ihm als Geschenk ein juwelengeschmücktes Kruzifix in Verbindung mit dem wechselseitigen Schwur ewiger Liebe und Treue. Der Gott der Liebe soll sich über die Gebete unschuldiger Seelen freuen und gerechte Rache möge den Partner treffen, der sein Versprechen bricht. In ihren nächtlichen Träumen versprechen die Versponnenen, sich gegenseitig zu besuchen. Im erleuchteten Palast geht es lebhaft zu. Man feiert die Verlobung mit Falsabiglia ohne Ildegonda.
Offenbar wird die Braut vermisst, denn man sucht sie im Garten. Sie verabschiedet sich von Rizzardo und es fällt ihr schwer, sich zu trennen. Beide erneuern noch einmal das Versprechen ihrer unauflöslichen Liebe. Abrupt tritt Roggiero auf und hindert unter Einsatz seines Schwertes Rizzardo daran, sich zu entfernen. Man beschimpft sich ein wenig und schon empfängt Roggiero den tödlichen Streich. Ildegonda hat den Waffenlärm gehört, kehrt um und schreit vor Entsetzen, als sie den toten Bruder blutend am Boden liegen sieht. Sie fordert Rizzardo auf, sich zu verflüchtigen, doch der Edelmut gebietet diesem zu bleiben, um die Konsequenzen abzuwarten. Ildegonda hat dem Ungestümen eröffnet, dass er ihren Bruder umgebracht habe. O Gott, der Bedauernswerte hat aber auch ein Pech! Selbstverständlich hat Rizzardo in Notwehr gehandelt, doch das Argument dürfte nicht ins Gewicht fallen. Deshalb drängt Ildegonda, dass Rizzardo den Schauplatz geschwind räumen soll.
Idelbene kündigt gerade die Ankunft des Vaters an. „Mein Sohn!“ schreit der alte Herr auf und ist bestürzt von dem, was er sieht. Der Chor kalkuliert im Voraus, dass jetzt Rache im Anzug ist. „Ah, Verräter, dafür wirst du bezahlen!“, tönt das aufgebrachte Organ des erregten Grafen. Rizzardo wirft sein Schwert weg, um sich zumindest symbolisch zu entlasten. Möge sich der Abgrund vor ihm auftun und ihn verschlingen!
Der Vater weint vor Zorn, denn die Empörung über den Tod des Bruders wiegt für Ildegonda weitaus weniger als die leichte Verletzung, die der Geliebte davonträgt. O weh! Nun hat der Vater keine Kinder mehr. Der Sohn ist tot und die Tochter wird er verfluchen. Völlig zu Unrecht klagt Idelbene den Himmel an, dass diese reine Liebe zu nichts anderem als zu Tränen führte. Rizzardo verflucht den Dämon, der ihn verleitet hat, sofort brutale Gewalt anzuwenden. Hätte er geahnt, den Bruder der Geliebten vor sich gehabt zu haben, hätte er zunächst versucht, ihm gut zuzureden.
Ildegonda bittet darum, vom Vater zuerst getötet zu werden. Dieser macht Anstalten, stellt sich aber ungeschickt an und weiß nicht, mit welcher Körperstelle er beginnen soll. Der Chor fährt dazwischen und mahnt den Wüterich, dass er seine Tochter vor sich habe und diesen Umstand bitte berücksichtigen solle.
Rizzardo wiederum klagt über eine Furie, die ihn verfolge und versuche, ihn anzuketten. Der Frauenchor meldet sich zusammen mit Idelbene zu Wort. Er fragt, wie viel Trauer sich anhäufen noch wird, bis die Wogen sich wieder geglättet haben. Der Männerchor will nicht zurückstehen und äußert sich, dass seine Empörung kein Maß kenne, denn zu groß ist die Schmach der grausamen Verhöhnung. Für die Summe der Niederträchtigkeit wird Gualderano dem Eindringling den Tod geben. Ildegonda richtet ein schlüssiges Gebet an die Mutter, dass sie die Tochter bitte beschützen möge, denn von den Lebenden sei sie verflucht und ihr Schmerz werde ansonsten ohne Trost bleiben.
Zweiter Akt
Erster Teil:
Die Ritter in der Gefolgschaft Gualderanos fühlen sich bemüßigt, den vom Schicksal hart getroffenen Brautvater in seinen Racheplänen tatkräftig zu unterstützen. Der Schuldige ist immer noch frei, und wenn nicht ganz schnell etwas passiert, zieht er straflos mit den Kreuzfahrern davon. Die Kränkung des Schlossherrn wiegt schwer und es bleibt der edlen Ritterschaft nichts anderes übrig, als das Schwert gegen den Übeltäter zu ziehen. In den Staub soll er beißen, wie ein wildes Tier, denn der Wahnsinnige hat den Adel beleidigt - eine Kränkung die niemals verziehen werden kann.
Idelbene war heimlich zugegen und teilt der Freundin das Erlauschte mit. Welch grausame Pein sie auch treffen wird, Idelbene wird immer zu ihr halten. Ildegonda wurde in das unterirdische Verlies eines Klosters eingesperrt. Draußen ist schlechtes Wetter und ein Blitz weckt sie auf, nachdem sie ein bisschen Schlaf gefunden hatte. Der Zorn des Vaters ist die Ursache, weshalb sie sich an diesem ungastlichen Ort befindet. Warum hat seine Rachsucht - anstatt gegen den Geliebten - sich nicht gegen sie gerichtet? Der Geist Rizzardos kommt nicht, um ihr Trost zu spenden, obwohl sie ihren Treueschwur gehalten hat und sehnsüchtig darauf wartet, dass er sich aus dem Jenseits bemerkbar macht.
Wie schön wäre es, wenn der Himmel nach dem Unwetter sein heiteres Blau zurückgewinnen würde, um ihre Seufzer zu beschwichtigen und den Vater zu besänftigen. Der allmächtige Gott hat ihr Herz so sehr geschlagen, dass es unter der Züchtigung noch zerbersten wird. Unterstützung erhält Ildegonda durch den Opernchor:
„Sie ist furchtbar, diese Drohung des Himmels.
Ach besänftige dich allmächtiger Herr!
Möge sein Zorn sich legen!
Besänftige den todbringenden Krieg
der tobenden Elemente.
Lass aufs neue Deine Freude
über den menschlichen Taten erstrahlen!
Spanne einen Regenbogen von Mitgefühl,
ein Vorzeichen des Friedens und der Liebe."
Trotz aller Racheschwüre ist Rizzardo gar nicht tot, sondern war so pfiffig, zu entkommen. Ildegonda wurde in ein Kloster gesperrt, in dem es in den unterirdischen Räumen von Geheimtüren nur so wimmelt. Durch eine solche hat Ildegonda eine Stimme vernommen. Nein, sie täuscht sich nicht. Vielleicht ist es der Geist Rizzardos, der zu Besuch kommt. Am liebsten würde sie ihn in himmlischer Topform im Strahlenglanz erblicken. „Meine Braut?“ ertönt fragend eine Stimme. Aha, Rizzardo ruft schon das zweite Mal! Ildegonda ist verwirrt. Aber Rizzardo kommt nicht im Strahlenglanz, sondern im Regenmantel. Er fordert sie auf, an sein Herz zu kommen! Sie soll sich jetzt ein bisschen zusammenreißen, denn er beabsichtige, mit ihr zu fliehen. Ihr Unglück hat jetzt ein Ende. Hat sie überhaupt eine Vorstellung, wie sehr er gelitten hat?
Sieht er nicht aus wie ein Engel? Er soll sie mitnehmen in den Himmel. Das geliebte Wesen soll sagen, dass es jetzt aufwärts geht mit ihr. Natürlich wird der Allmächtige ihre Schritte lenken, aber nicht in den Himmel, sondern nach Soria.
Nett von ihm, dass er ihr die Treue gehalten hat. Überall hat sie in Gedanken sein Blut gesehen und jetzt ist sie sicher, dass er sich im Himmel befindet. Unsinn, er ist am Leben. Der Brief den man ihr gegeben hat, war gefälscht. Du bist mein Rizzardo und nicht sein Schatten, zweifelt Ildegonda? Exakt, und ihre Qualen sind jetzt vorbei. Wenn er vom Allmächtigen kommt, soll er ihr von der Mutter erzählen. Rizzardo wird langsam wütend: Sie soll ihn richtig anschauen. Was sie sieht ist kein Schatten, sondern ihr Rizzardo wie er leibt und lebt! - verdammt noch mal! Rizzardo nimmt Ildegonda beim Arm, um mit ihr durch die Geheimtür zu entfliehen. Sie will noch wissen, wohin er sie führt. Natürlich will er sie sie retten, was denn sonst?. Aber es ist schon zu spät.
Rolando erscheint mit seinen Rittern und erklärt mit Grabesstimme, dass der Tod den Entführer erwarte. Von wegen! Den Tod gibt er sich selbst. Rizzardo piekst sich mit seinem Schwert ein bisschen am Hals. Der Chor unterbricht ihn und rät, doch erst einmal abzuwarten, was das Gericht sagt. Ein unerbittliches Schicksal wird nach ihm greifen, meint Rizzardo. Jedenfalls hier wird der Tod ihn nicht erwarten; den entehrenden Galgen wird der Verführer des jungen Mädchens nämlich besteigen. Rizzardo protestiert: Das Mädchen sei seine Braut. Das Herz eines Tigers schlage in der Brust des schrecklichen Vaters.
Der Galgen soll jetzt im Klostergarten montiert werden! Rizzardo erklärt, dass er ihn todesmutig besteigen wird, aber aus dem Jenseits wird er den unleidlichen Vater in Bedrängnis bringen und für Unruhe in seinen Nächten sorgen. Die Erkenntnis, dass Rizzardo infolge ihrer Unentschlossenheit nun endgültig sterben wird, gibt Ildegonda den Rest und raubt ihr endgültig den Verstand.
Zweiter Teil:
Emotional ist Rizzardo auf seinen letzten Gang vorbereitet. Möge man doch den Galgen bald errichten! Die niederträchtige Verleumdung wird diesen Geist, stark und zuverlässig, nicht davon abhalten, sich rein zu fühlen.
„ O meine Braut! Bei meinem furchtbaren Gang
werden sie mich nur nach dir rufen hören.
Ach, morgen wird ein unbekanntes Grab
meine sterblichen Überreste umhüllen!
Wenn du kommst mit deinen Tränen,
die verlassene Erde zu benetzen,
wird man noch immer meine
verliebten sterblichen Reste pochen hören.“
Es kommt alles ganz anders. Der Chor ruft hinter den Kulissen nach Rizzardo. Ildegondas Vater hat ihm vergeben. Rizzardo traut der Botschaft nicht und argwöhnt, dass er jetzt eine noch schlimmere Strafe bekommen wird. Doch der Chor stimmt versöhnliche Töne an und erklärt, dass im Angesicht des Todes Ildegondas Rolando bedauere, was er gesagt und in die Wege geleitet habe. Der Kummer veranlasste seine Reue und gab ihm die Liebe zur Tochter zurück. Er hat beim hohen Gericht um Gnade für ihn nachgesucht und sie wurde gewährt. Mitkommen soll er zur Lagerstatt derer, die im Sterben liegt. Rizzardo wurde von Ildegonda mit Emotion nachhaltig angesteckt und schwebt inzwischen ebenfalls in himmlischen Gefilden. Für ihre Liebe blüht hier unten keine einzige Blume, aber der ewige Lorbeer wird für sie die Krone im Himmel sein. Er soll zum Lager der Geliebten fliegen und sich nicht unnütz aufhalten, bevor es zu spät ist, denn das Mädchen ist bereits ganz schwach.
Der Chor der Jungfrauen lässt sich vernehmen: Hier ruht sie! Die Morgenluft ist wie Balsam. Die aufgehende Sonne färbt schon den ganzen Hügel rot und die Engel erheben bereits ihre Stimme. Der Chor schlägt vor, gemeinsam zu beten, damit der Sturm des Herzens sich beruhigt. Als Rizzardo endlich eintrifft, befindet sich Ildegonda bereits im Delirium. Zwar umarmt er sie noch einmal, aber Wonneschauer sind nicht mehr zu erwarten, denn die Liebste hat den Weg ins himmlische Paradies bereits angetreten.
***
2011 Musirony - Engelbert Hellen