Die römischer Göttin Pomona, zuständig für den Bereich Obst und Gemüse, hat sich im Kreise zahlreicher Nymphen auf dem Gelände einer Plantage in der Nähe der Hauptstadt niedergelassen, um sich eine kleine Ruhepause zu gönnen. Diese ist nicht von anhaltender Dauer, denn man hört aus der Ferne den Klang eines Jagdhorns. Es ist Vertumnus, der Gott der Jahreszeiten, welcher mit seinem Gefolge auftritt und mit Entzücken die reizende Gesellschaft zur Kenntnis nimmt. Eine Gewohnheitssache, der Göttin sofort den Hof zu machen, die sich allerdings außerordentlich reserviert zeigt. Die Herrschaften mutmaßen, dass die Damen möglicherweise nymphoman veranlagt sein könnten und der Tisch für sie reichlich gedeckt ist. Regelrecht verstimmt müssen sie aber das Gegenteil feststellen. Die verängstigten Geschöpfe ziehen sich ins nahe Wäldchen zurück, um unerwünschten Annäherungen zu entgehen.
Nachdem die Jäger - vorwiegend Unsterbliche - verschwunden sind, kehrt Pomona mutig zurück und drückt in einem Tanz ihre Sehnsucht nach Zurückgezogenheit und Stille aus. Auch die Nymphen lassen sich unter den Obstbäumen wieder blicken. Von Stille und Einsamkeit wollen sie allerdings nichts wissen, sondern sind betrübt, dass die Jäger fortgegangen sind. In Wirklichkeit sind diese aber nur kurz nach Hause gegangen, um sich umzuziehen. Zu einer Gartenpartie mit hübschen Damen muss man schließlich passend gekleidet sein.
Vertumnus denkt nicht daran, das Feld zu räumen, ohne zu seinem Vergnügen gekommen zu sein. Er hat sich eine List ausgedacht. Ausgesuchte Freundlichkeit vortäuschend, hat er sich in weibliche Kleidung geworfen, um sich unerkannt an Pomona heranzumachen. Als fürsorgliche Alte tröstet und ermutigt er die Zögernde, bis diese auf seine Schmeicheleien hereinfällt und mit ihm einen Pas de deux tanzt. Anschließend ziehen beide sich zurück.
Die Partiegäste, in freundlicher Kleidertracht, sind bald zurück. Nunmehr besinnen sich die Nymphen auf ihre polygame Veranlagung und befinden sich in Stimmung, mit den Ankömmlingen zu tanzen. Auch Vertumnus hat offenbar sein Inkognito gelüftet und Pomona zur Liebsten gewonnen.
Wilde Ehe kommt nicht infrage. Die Hochzeit zwischen Obst und Jahreszeiten ist unaufschiebbar und es findet sich bald eine Olympionike, welche die Hochzeitszeremonie von Pomona und Vertumnus vornimmt. Ein erneuter Vorwand, ausgelassen zu tanzen.
Anmerkungen:
Zunächst als Divertimento komponiert, hatte das Stück im Konzertsaal keinen Erfolg und wurde nur einmal gespielt. Thomas McGreevy, ein irischer Poet und Freund von William Butler Yeats, schlägt dem Komponisten vor, die Komposition zu einem Ballett umzuarbeiten. Die Legende von Pomona und Vertumnus fand sich als eingeeigneter Handlungsträger. Die Musik des Divertimentos wird noch um eine Passacaglia erweitert und das Divertissement der Geschichte von „Adam und Eva“, welches in „Romeo und Julia“ keinen Platz gefunden hat, eingefügt.
Diaghilew, dem das Stück zur Aufführung angeboten wurde, zeigte kein Interesse, aber seine Mitarbeiterin Bronislawa Nijinska, die schon Romeo und Julia choreografiert hatte, produzierte das Stück am Teatro Colón. Unter Frederick Ashton gelangte das Ballett drei Jahre später nach London. Die Hauptpartien tanzten Anna Ludmila und Anton Dolin. John Bartin zeichnete für das Design verantwortlich. Constant Lambert, der gern seine französische Abstammung betonte, war zum Zeitpunkt der Uraufführung in Argentinien erst 22 Jahre alt.
AUFTRITTE
Erste Szene: INTRATA
Unter Obstbäumen, in der Nähe Roms, hat Pomona, die Göttin der Früchte, in der Gesellschaft vieler anmutiger Nymphen ihren Rastplatz gewählt
Zweite Szene: CORANTO
Ein Jagdhorn erklingt in der Ferne. Vertumnus, der Gott der Jahreszeiten, betritt mit anderen Unsterblichen in Jagdkleidung die Szene. Der Entflammte versucht, die Gunst Pomonas zu erhaschen, erhält aber eine Abfuhr. Weiteren Avancen werden durch die Flucht ins nahe Wäldchen ein Riegel vorgeschoben. Vertumnus ist ärgerlich und überlegt sich eine Strategie
Dritte Szene: PASTORALE
Pomona kommt schüchtern zurück und drückt in einem Tanz ihren Sinn für Einsamkeit und Stille aus.
Vierte Szene: MENUETTO
Die Nymphen sind auch wieder zur Stelle und enttäuscht, dass die Jäger fortgegangen sind. Traurig tanzt jede für sich allein. Die Vermissten kehren in passender Kleidung zurück, benehmen sich manierlich und haben Erfolg. Pomona möchte nicht zurückstehen und beobachtet aus der Distanz die Liebeswerbung der einzelnen Paare, wie man miteinander umgeht, um daraus zu lernen.
Fünfte Szene: PASSACAGLIA
Vertumnus hat sich als komische Alte verkleidet und ist bestrebt, Pomona zu gefallen. Heftig umschmeichelt er sie und es gelingt ihm, sie zu überreden, mit ihm fortzugehen.
Sechste Szene: RIGADDON
Die Nymphen geben eine Reihe Divertissement zum besten, unter diesen das Spiel von „Adam und Eva“.
Siebte Szene: SICILIANA
Vertumnus hat sich seiner albernen Verkleidung entledigt und kommt mit Pomona zurück. Sie tanzen einen Pas de deux, um ihre Liebe zueinander auszudrücken.
Achte Szene: FINALE
Es wird zur Vermählung kommen, der Hochzeitstanz beweist es. Die olympische Standesbeamtin erhält zur Belohnung für ihre Bemühungen die Frauenkleider des Vertumnus als kostbares Geschenk.
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Musirony 2006 - Engelbert Hellen