Zauber des Balletts
Ralph Vaughan Williams [1872-1958]
Hiob
Job - A Masque for Dancing
Ballett in neun Szenen
Libretto von Geoffrey Keynes und Gwendolin Raverat
Vorlage für das Libretto sind die Illustrationen des Buches JOB von William Blakes
Uraufführung:
1931 in London unter dem Dirigenten Constant Lambert
Choreographie: Ninette de Valois
Bühnenbild: Ninette de Valois
Kostüme: Gwendolin Raverat
Dauer: etwa 45 Minuten
Das Geschehen spielt zu biblischen Zeiten im Himmel und auf der Erde
HANDLUNG
Szene 1
Hiob ist ein reicher Viehzüchter und Oberhaupt einer großen Familie im Lande Palästina. Er freut sich seines Lebens und der alte Herr verbringt viel Zeit damit, seine Nachkommenschaft zu segnen. Die Stimmung ist friedlich und nach getaner Arbeit liebt es die Familie, zum Flötenspiel pastorale Gesellschaftstänze aufzuführen.
Darüber ärgert sich Satan und spottet, dass Hiob nur deshalb so fromm und gottesfürchtig sei, weil es ihm gut gehe und das Schicksal ihm keine Prüfungen auferlegt. Der Himmel öffnet sich und gibt dem Ballettbesucher den Blick auf den prunkvollen Audienzsaal frei. Er darf den Disput verfolgen, wie der Allmächtige Ehrfurcht und Treue des Herdenbesitzers überhaupt nicht infrage stellt und Satan freie Hand gibt, ihn in Versuchung zu führen, um das Gegenteil zu beweisen.
Szene 2
Satan betrachtet sich schon im voraus als Gewinner der schamlosen Wette und führt ein diabolisches Tänzchen auf. Der Ballettbesucher befürchtet schlimme Zeiten für Hiob, als er sieht, wie das Böse seine Macht entfaltet. Einen Moment der Abwesenheit des Allmächtigen nutzt Satan aus. Er besitzt die Unverschämtheit, sich selbst auf den Thron zu setzen, um den er schon die ganze Zeit herumscharwenzelt ist.
Szene 3
Wir sind wieder auf der Erde. Mit der friedlichen Stimmung ist es plötzlich vorbei. Die Musik schwillt an, die Flöten schrillen und die Streicher fetzen los. Ein Sturm bricht aus und vernichtet Haus und Hof. Satan macht von seiner Herrschaft Gebrauch. Die Musik wechselt die Stimmung zu einer traurigen Elegie.
Szene 4
Hiob hat Alpträume. Seuchen, Pest, Hungernöte überfallen den Hof. Das Orchester gebärdet sich infernalisch.
Szene 5
Drei Boten überbringen die Nachricht, dass alle Söhne und Töchter ermordet wurden. Hiob bleibt gelassen und zieht sich auf den Standpunkt zurück: Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen.
Szene 6
Der Tanz der Trösterinnen macht sich im Ballett ein bisschen merkwürdig aus, weil sie vom Satan gesandt wurden. Zum Schein heucheln sie zunächst Anteilnahme, um den Gebeutelten anschließend mit Vorwürfen zu überschütten. Mit der Selbstbeherrschung Hiobs ist es vorbei und er lässt sich hinreißen, dem Allmächtigen zu fluchen.
Erneut öffnet sich der Himmel und der Ballettbesucher darf Satan in seiner ganzen Bosheit zur Kenntnis nehmen. Er tanzt mit seinen wilden Gesellen eine obszöne Sarabande, so dass die Freunde Hiobs sich mit Schrecken von ihm abwenden.
Szene 7
Ein Kontrast muss her! Scheinbar wurde im Himmel die Ordnung wieder hergestellt. Ein Tanz von Jugend und Schönheit wird zelebriert. Die Söhne des Morgens tanzen eine Pavane und kündigen das Ende der dunklen Nacht an.
Szene 8
Satan gebärdet sich aufsässig und meint, er kann den Sieg für sich beanspruchen. Doch Job baut einen Altar, um seinem Schöpfer zu huldigen. Der Herr des Himmels sieht, dass er den Sieg davon getragen hat und mit gebieterischer Gebärde wird Satan der himmlischen Gemächer verwiesen.
Szene 9
Der Epilog zeigt Hiob, wie er an Bescheidenheit gewonnen hat. Man sieht ihn beim Segnen der Familie, die plötzlich wieder da ist. Der Ballettbesucher freut sich, dass vieles was er mit Hiob durchmachen musste, nur ein Spuk war.
Anmerkungen:
Geoffrey Keynes, ein Liebhaber der Graphiken von William Blake, fasste aus 21 Vorlagen 9 Szenen zusammen, um daraus ein Szenario für ein Ballett zu erstellen. Das Resultat weicht erheblich vom Kanon frommer Überlieferung ab und muss auf bibelfromme Christen wie Blasphemie wirken. Satan hat sich auf dem Thron des Himmels breit gemacht und Gottvater verfügt über Familie mit vielen Söhnen und Schwiegertöchtern. Diese Auffassung steht im Kontrast zur ‚Heiligen Dreifaltigkeit’, die auf Weiblichkeit verzichtet und die Gaben des Geistes auf eine Taube konzentriert.
Vaughan Williams war begeistert und nahm die Komposition sofort in Angriff. Diese folgt emotional exakt der Vorgabe des Librettos und sieht den Einsatz von Leitmotiven vor. Eines für Job und seine Familie, ein anderes für den Weltenschöpfer und die Schönheiten des Himmels. Diese Weisen sind pastoral gehalten und vielfach der Solovioline anvertraut. Wenn dagegen Satan Macht auffährt und Triumph auskostet, tobt es im Orchestergraben, denn Gewalttätigkeit macht sich allgemein durch Lautstärke bemerkbar. Die Auseinandersetzung mit dem Schicksal geht geräuschvoll vonstatten.
Serge Diaghilew und seine Company, denen der Stoff angeboten wurde, fanden das Thema ‚zu englisch’ und zeigten kein Interesse. Die Altmeisterin Ninette de Valois, schon zu Lebzeiten eine Legende und beheimatet auf den Inseln, war Feuer und Flamme. Kraft ihrer unvergleichlichen Ausstrahlung und ihrer kreativen Ideen wurde das Ballett ein Erfolg.
Komponisten leben immer in der Befürchtung, dass Werke in Ballettform nur selten aufgeführt werden und arbeiten gleichzeitig oder nachträglich an einer sinfonischen Fassung für den Konzertsaal. Job – A Masque for Dancing wurde konzertant beim Norwich Festival im Jahre 1930 unter der Leitung des Komponisten vorab vorgestellt.
Peter Maxwell-Davies hat das Thema nach der gleichen Vorlage von William Blake in einem Oratorium behandelt.
Szenenfolge:
Szene 1
Introduction – Pastoral Dance Satans’s Appeal to God - Saraband of the Sons of God
Szene 2
Satan’s Dance of Triumph
Szene 3
Minuet of the Sons und Their Wives
Szene 4
Job’s Dream. Dance of Plague, Pestilence, Famine and Battle
Szene 5
Dance of the Messengers
Szene 6
Danse of Job’s Comforters. Job’s Curse. A Vision of Satan
Szene 7
Elihu’s Dance of Youth and Beauty. Pavane of the Sons of the Morning
Szene 8
Galliard of the Sons of Morning. Altar Dance and Haevenly Pavane
Szene 9
Epilogue
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musirony 2007 - Engelbert Hellen