Zu verliebten Spielen haben Knaben und Mädchen sich eine Waldlichtung auserkoren, auf der bunte Blumen die Jahreszeit anzeigen. Die goldene Zeit der Unschuld - was man darunter auch immer verstehen mag - bestimmt den Alltag zu Poesie, Harmonie und Bewegung. Am Morgen am Mittag und am Abend wird getanzt und frische Luft eingeatmet. Das Ballettpublikum fühlt sich zu Beifallsstürmen hingerissen, weil die Kinder so munter sind.
Doch nicht überall ist Frühling. An düsterem Ort in abgelegener Gegend hausen Titanen und Zyklopen. Was kann man anderes von ihnen erwarten, als dass sie Unheil über die Sterblichen bringen? Theia wird genötigt, Gefäße zur Erde zu transportieren, in denen sich Übles verbirgt. Es sind Dinge, die sich nicht näher beschreiben lassen. Sobald man den Deckel abhebt, wird das Unheil freigesetzt und kann sich nach Lust und Laune entfalten. Das Resultat sind Zwietracht und Unfrieden unter den Menschen. Es hat zur Folge, dass ihre Wehrfähigkeit geschwächt wird. Die Titanen entsteigen ihren Höhlen, um Krieg zu führen – ein etwas ungleicher Kampf, in dem die Menschen unterliegen.
Nachdem die Sterblichen besiegt wurden, nehmen Titanen und Zyklopen sich größere Aufgaben vor. Sie bringen die Erdoberfläche völlig durcheinander, türmen Berge auf und machen daraus ein Faltengebirge. Den Himmel wollen sie erstürmen. Doch Erfolg ist ihnen nicht beschieden, denn über den Wolken wohnt Jupiter. Ob des Hausfriedensbruches packt ihn ein großer Zorn. Hat er es nötig, sich so viel Anmaßung gefallen zu lassen?
Der Ergrimmte geht in die Lagerhalle, wo die Blitze sich in den Regalen stapeln, bündelt ein paar davon und schleudert sie den Titanen entgegen. Diese erleben Schöpfungsgeschichte der besonderen Art aus erster Hand und verziehen sich in das Innere der Erde. Von dort sind sie gekommen und dahin sollen sie auch wieder verschwinden und dort bleiben.
Anmerkungen:
Die Mailänder Scala konnte sich rühmen, zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts nicht nur der Mittelpunkt glanzvoller Opernaufführungen zu sein, sondern sie war auch ein Zentrum der Ballettkunst. Diesen Ruhm verdankt sie hauptsächlich seinem Choreographen Salvatore Vigáno. Pantomime und Tanz hielt er im Gleichgewicht und mit gewaltigem Aufwand an Menschen und Material schuf er die epische Form seines ‚coreodrammas’ Die getanzten Tragödien, inhaltlich den Opern seiner Zeit angeglichen, erforderten lange Vorbereitungszeiten und endlose Proben. Das tänzerische Niveau, mit dem sich große Namen verknüpfen, war außergewöhnlich hoch. Der große Atem ließ sich aber auf Dauer nicht durchhalten. I Titani war eine der letzten Monumentalaufführungen unter Viganós künstlerischer Leitung.
Bei der Fertigstellung von I Titani wurde er unterstützt durch Johann Caspar Aiblingern, geb. am 13.02.1779 in Wasserburg am Inn, gest. 06.05.1867 in München und am Tegernsee aufgewachsen. Die Zusammenarbeit war allerdings nur kurzfristig. Aiblinger (auch Ayblinger) schuf den ersten Akt zu Bianca und den zweiten zu den Titanen.
Viganò war es, der Beethovens ‚Die Geschöpfe des Prometheus’ choreographierte.
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musirony - Engelbert Hellen