Schöne Oper – selten gehört
John Adams [geb. 1947]
Nixon in China
Oper in drei Akten
auf englisch gesungen
Libretto von Alice Goodman
Uraufführung am 22. Oktober 1987 im Grand Opera House Houston und in London
Dauer: ca. 150min
Charaktere:
Richard Nixon - Kavaliersbariton
Pat Nixon, seine Frau - Lyrischer Sopran
Chou-En-Lai, Premierminister von China - Lyrischer Bariton
Mao-Tse Tung, Staatschef von China - Charaktertenor
Chian Ch'ing, seine Frau - Lyrischer Koloratursopran
Henry Kissinger, amerikanischer Außenminister - Charakterbariton / Baß (übernimmt im 2. Akt die Rolle des Lao Szu)
Drei Sekretärinnen Mao-Tse-Tungs, darunter Nancy Tang - Mezzo, Mezzo und Sopran
Ferner: Soldaten, Minister/innen, Dienerschaft, Tänzer, Bankettgäste, Chinesische Arbeiter/innen, Mrs. Nixons Begleitpersonal, Presse, Zuschauer u. Kommentatoren des Balletts
Die Handlung spielt vom 21. - 25.02.1972 in Peking
HANDLUNG
Erster Akt:
Chinesische Soldaten erwarten auf dem Flughafen Pekings die Ankunft der Maschine „The Spirit of '76“, welche eine Handvoll seltener Staatsgäste herfliegt: Den 37. Präsidenten der USA, Richard Nixon, dessen Frau Pat und dessen Sicherheitsberater Henry Kissinger . Es ist der erste Besuch eines amerikanischen Präsidenten seit der Gründung der Volksrepublik China im Jahre 1949.
Nach der Landung wird die Delegation von Premierminister Chou En-lai und einer Gruppe Offizieller begrüßt. Es folgt eine Zeremonie zwischen Höflichkeiten, Hinterlist, Erwartung und Argwohn.
Als Nixon und Kissinger auf den Parteichef Mao treffen, erwidert dieser die recht platten und pathetischen Friedensphrasen des amerikanischen Präsidenten mit kühler chinesischer Philosophie, verblüffenden Bemerkungen und unverständlichen Scherzen. Er macht deutlich, dass seit dem Kulturkampf China ein anderer Ort geworden ist, der sich nicht in Traditionen suhlt, sondern im Stechschritt in die Zukunft marschiert. Alle Worte werden von Maos Sekretärinen eifrig notiert.
Am Abend gibt es ein großes Diner mit viel Blitzlichtgewitter, bei dem alle Anwesenden wohlwollend in Hoffnung auf eine gemeinsame, friedliche Zukunft anstoßen, auf Mao, Washingtons Birthday und beste Gesundheit.
Zweiter Akt:
Am nächsten Morgen unternimmt Pat Nixon eine Besichtigungstour. Sie wird von 115 Küchenhelfern des Peking-Hotels begrüßt, besucht die Volkskommune Immergrün, den Sommerpalast der ehemaligen Kaiser, die Ming-Gräber und die Oper. Pats Sentimentalität und die verabredete Freundlichkeit des chinesischen Volkes ergeben eine zweideutige Atmosphäre zwischen Zwang und echter Rührung.
Am Abend schauen sich die Nixons und Maos Frau Chiang Ch`ing im Theater das Ballett „Das rote Frauenbataillon“ an. Das Stück spielt auf deiner tropischen Insel und handelt von der Befreiung durch Rotgardisten einer von dem Großgrundbesitzer geschundenen Arbeiterin . Der Gutsherr Lao Szu, gemimt durch den verkleideten Kissinger, vergewaltigt erst seine Arbeiterinnen und peitscht sie dann halb zu Tode.
Im Geheimen wird die gepeinigte Arbeiterin Ching-hua von der Volksarmee rekrutiert und erledigt in der folgenden Szene den fetten Gutsbesitzer per Kopfschuss. Die Revolte ist geglückt, allgemeiner Jubel! Die Nixons sind von dem unfreiwillig absurden und politischen Theater verwundert. Pat ist empört über die unverhohlene Brutalität der Szenen und Richard tröstet sie, dass alles nur ein Spiel sei.
Dritter Akt:
Der letzte Abend der Staatsreise! Alle sind ziemlich erschöpft, nur der alte Mao fühlt sich putzmunter. Die Paare tanzen zunächst gemächlichen Foxtrott, dann heizt sich die Stimmung mehr und mehr auf und es kommt zu einem kleinen Tanz-Duell.
Am Ende ist die Erschöpfung noch größer. Es herrscht allgemeine Ernüchterung. Alle gehen eskapistischen Gedanken an frühere Jahre nach: Mao denkt an die Zeit des Langen Marsches und der frischen Liebe zu Chiang Ch`ing, Richard an seine Zeit als Marinesoldat und Pat auf ihre Rolle als brave, amerikanische Hausfrau, die auf die Heimkehr ihres Mannes wartet. Nur Chou blickt auf die zurückliegenden Gespräche zurück zurück: „How much of what we did was good?“.
Es bleibt die apathische Leere zwischen zwei Welten, deren wirkliches Rendezvous verpasst wurde.
© 2012 musirony – Raphael Lübbers