Schöne Oper - selten gehört
Edward Thomas [geb. 1924]
Gier unter Ulmen
Desire Under the Elms
Eine amerikanische Volksoper in drei Akten
englisch gesungen
Libretto von Joe Masteroff
nach dem Drama von Eugene O'Neill
Uraufführung im Sommer 1978
am 0'Neill Theater Center in Waterford, Connecticut
Dauer etwa 120min
Charaktere:
Ephraim Cabot, ein Farmer in Neuengland (Bariton)
Abbie, seine frisch angetraute Gemahlin (Sopran)
Eben, Ephraims jüngster Sohn (Tenor)
Simeon, dessen Halbbruder (Bariton)
Peter, noch ein Halbruder (Tenor)
Sheriff (Sprechrolle)
Minnie, Prostituierte (in permanenter Abwesenheit)
Das Geschehen spielt in Neuengland im 19. Jahrhundert
HANDLUNG
Erster Akt
Erste Szene:
In Neuengland ist der Spätsommer mit seinen intensiv leuchtenden Farben immer ein besonderes Naturerlebnis. Der Himmel scheint lichtdurchflutet und das Grün der Ulmen ist in leuchtendes Gold getaucht, während das Wohngebäude der Farm im Schatten der Bäume liegt.
Die große Glocke, welche den Feldarbeitern den Feierabend ankündigt, erzeugt einen ohrenbetäubenden Lärm. Der interessant aussehende junge Mann, der sie kraftvoll schwingt, ist Eben Cabot, der favorisierte Sohn des Hauses. Das Feuer, welches aus seinen Augen leuchtet, drückt die Animalität eines wilden Tieres in Gefangenschaft aus. Kraftvoll und fotogen, besitzt er das erforderliche Charisma, träge Feldarbeiter auf Trab zu bringen. Sein Vater, Ephraim Cabot, hat sich vor Monaten auf die Reise gemacht, ohne ein Wort zu sagen, wohin er geht und wann er zurückkommt. Eben Cabot hat noch zwei ältere Halbbrüder, die aber in einem anderen Bett gezeugt wurden und daher eher den Status von Haussklaven genießen. Im Moment arbeiten sie in der Scheune.
Simeon und Peter vergleichen das Gold der Abendsonne mit dem Gold, welches in Kalifornien im Sand herum liegt herum liegt und darauf wartet, eingesammelt zu werden. Die beiden Phantasten wären lieber dort als hier, denn die Plackerei auf der Farm gefällt ihnen überhaupt nicht. Haut und Kleider haben fast die gleiche Tonqualität und wirken scheckig. Doch die Farben der Blätter des Indianer-Sommers, über allem der intensiv leuchtende Himmel, dürfen alle Menschen genießen, egal ob von der Natur Begünstigte sind oder vom Schicksal Vernachlässigte, die an unverhofften Reichtum denken, aber in Armut leben.
Zweite Szene:
Eben hat der Konversation der beiden Brüder schon öfter zugehört. Während sie ihre Suppe löffeln, verspottet er ihre Sehnsüchte, die von viel Unkenntnis der Realität zeugen. Der Weg zum 'Golden Gate' sei weit, mahnt er. Woher wollen sie das Fahrgeld nehmen? Ganz einfach, sie werden den Wanderstab benutzen und irgendwann auch am Ziel ankommen, blödeln die Brüder zurück. Eben ist sich sicher, dass sie im Haus bleiben werden, bis juristisch klar gestellt ist, welchen Anteil jeder von Gut und Grundbesitz als Erbschaft bekommen wird. Nun ein Drittel vom Kuchen für jeden, ist die Ansicht der Brüder. Gar nichts werden sie bekommen, höhnt Eben, in den Mond werden sie schauen!
Der schöne Eben macht sich textil zurecht und benutzt auch sein Duftwässerchen, Die Brüder wissen Bescheid: Minnie, der Prostituierten des Ortes, gilt das Ziel seines Abendspaziergangs und die beiden machen sich über Eben lustig.
Dritte Szene:
Eben hat sein Liebesabenteuer hinter sich gebracht und ist am nächsten Morgen zurück. Er weckt seine Halbbrüder, weil er die Neuigkeit, die er in Erfahrung gebracht hat, nicht länger für sich behalten kann.
Der Vater ist von der Reise zurück und seine Brautschau war von Erfolg gekrönt. Die neue Stiefmutter heißt Abbie. Den Brüdern ist klar, dass sie nun in er Erbfolge einen Platz nach unten rücken, denn Nutznießerin der kostbaren Immobilie ist in erster Linie das neu hinzugekommen Familienmitglied.
Zur Sicherung späterer Ansprüche für sich selbst, offeriert er den Brüdern für den Verzicht aller mutmaßlichen Rechte auf die Farm das Reisegeld nach Kalifornien. Gewiss hat Eben die Moneten nach und nach gestohlen, aber das ist Peter und Simeon im Moment egal – sie nehmen die Barmittel in Empfang und dann – nichts wie weg. Eben fällt ein Stein vom Herzen, nachdem er die Trabanten los ist.
Ephraim Cabot trifft zu Haus mit seiner neuen Frau ein und ruft nach seinen Söhnen, damit sie die Stiefmutter begrüßen. Doch die beiden Strolche können ihn nicht mehr hören, weil sie schon auf dem Weg zum 'Goldenen Gate' sind. Abbie versucht es mit Freundlichkeit, dem Stiefsohn ihre Anwesenheit schmackhaft zu machean
Abbie versucht es mit Freundlichkeit, dem Stiefsohn ihre Anwesenheit schmackhaft zu machen, doch Eben ist noch nicht in Stimmung, die Neue zu akzeptieren. Der Alte spielt verrückt, weil die Schar seiner Söhne nicht mehr vollständig zu Gebote steht. Von ganz allein merkt er, dass die Gesuchten einfach abgehauen sind. Enttäuscht bittet Ephraim den lieben Gott, seine Brut zu vernichten.
Der Alte spielt verrückt, weil die Schar seiner Söhne nicht mehr vollständig zu Gebote steht. Böse Zungen teilen ihm mit, dass die Gesuchten einfach abgehauen sind. Enttäuscht bittet Ephraim den lieben Gott, seine Brut zu vernichten.
Die tägliche Arbeit draußen geht weiter und Abbie kümmert sich um Haushalt und Gemüsegarten.
Zweiter Akt
Vierte Szene:
Sich faul in ihrem Liegestuhl räkelnd, verbringt Abbie den heißen Sonntagnachmittag gut gelaunt auf der Veranda. Eben Cabot hat sich in Schale geworfen und will, ohne ein Wort zu sprechen an ihr vorbeigehen. Abbie gibt ein höhnisches Lachen von sich. Eben dreht sich zu ihr um und erkundigt sich nach der Ursache ihrer Heiterkeit. Über ihn lacht sie, über was sonst! Mit seiner geölten Mähne schaut er aus wie ein Zuchtbulle. Gut, aber dafür zieht er sich vernünftig an und ist nicht so nachlässig gekleidet wie sie.
Meint er das etwa ernst? Gerade zwei Monate ist sie im Haus und er suche mit ihr ständig Streit. Scheint etwa die Sonne zu heiß? So ist manchmal die Natur, aber man kann dagegen ankämpfen. Brennt er innerlich auch? Sie soll sich einmal umschauen: Alles, was sie sieht, gehöre ihm! Sie entgegnet, dass sie genau weiß, was ihr gehört. Gehören die alten Ulmen auch dazu?
Sie soll ihn in Ruhe lassen. Was will sie überhaupt von ihm? Sie weiß genau wohin er gehen will. Seine Schritte lenken ihn ins Dorf, um Minnie zu sehen. Kann sein, aber was geht es sie an, reagiert Eben. Nun platzt Abbie der Kragen und beginnt Minnie zu beschimpfen. „She's just an old whore. Anybodys woman!“
So liegt es in der Natur der Sache. Die Eifersucht quält die arme Abbie: Wie kann er es fertigbringen, die dreckige Hure zu küssen? Was denkt sie eigentlich, Ihre Arme sind weich und warm, ihre Augen glänzen wie Sterne und ihre Haare kommen ihm vor wie ein wogendes Weizenfeld. Während Eben fortfährt die körperlichen Vorzüge des Mädchens hervorzuheben, gehen Abbie die Schimpfworte nicht aus. Wieso geht sie überhaupt auf Minnie los, lediglich weil sie eine Dirne ist und soziale Belange erfüllt. War Abbie etwa nicht käuflich, als sie ihre Hände ausstreckte, um sich lebenslanger Versorgung zu sichern? Minnie verlangt einen fairen Preis; sie schleicht nicht herum um das zu stibitzen, was dem Sohn gehört. Meint er die Farm? Genau, er meint die Farm, die sie sich unter den Nagel reißen will – „like any ugly, dirty old whore.“ Abbie muss erst einmal schlucken, dann legt sie los: Unverzüglich soll er zu seiner Schlampe und ihr aus den Augen gehen. Sie hasse seinen Anblick.
Eben verschwindet und Cabot kommt in Sonntagskleidung. Die letzten Worte hat er mitbekommen. Sie hat es ihm aber gegeben! Schon seit langer Zeit liegt er mit Eben in Fehde. Wie denkt Abbie über ihren Mann? Ist er zu seinem Jüngsten vielleicht zu hart? Aber es ist sonst niemand da, der besser geeignet wäre, dafür zu sorgen, damit der Tagesablauf reibungslos abläuft. Eben hat alles voll im Griff. Ephraim redet immerzu von Eben. Was ist mit ihr? Ist sie nicht sein kirchlich angetrautes Weib? In der Tat ist sie auch durch das Gesetz ehelich mit ihm verbunden. Galant küsst er ihr die Hand und dann folgt Liebesgeflüster. Sie sei seine Rose und sie habe Augen wie eine Taube. Dann geht Ephraim ihre Körperteile einzeln durch: Die Scharlachlippen, den weißen Busen und den Bauchnabel, der auf ihn wirkt wie ein goldener Kelch. Woher hat der liebe Ephraim seinen Wortschatz – etwa aus dem Hohelied König Salomons?
Abbie schiebt seine Hand weg und will wissen, wer die Farm bekommt. Will er sie etwa Eben geben? Er wird sie Niemandem geben. Wenn es für ihn Zeit wird, die Erde zu verlassen, wird er die Farm anzünden und bis auf die Grundmauern niederbrennen. Sie soll es genießen, wie die Flammen züngeln und wie schön die Flammen in den Himmel schlagen. Niemandem wird er überlassen, was ihm gehört und an dem die Früchte seiner Hände Arbeit kleben. Ein Mann braucht einen Sohn, welcher sein Erbe antritt und dem er vertrauen kann, aber er hat das Gefühl, wenn sein letztes Stündlein geschlagen hat, wird er allein sein.
Abbie beharrt darauf, dass die Farm ihr gehören wird, aber Cabot wirft ein, dass sie nur ein schwaches Weib ist, aber und nur Muskelkraft in der Lage sei, die Farm zu führen. Aber sie ist seine Frau! Einen Sohn zu gebären, sei eine ihrer leichtesten Übungen. „You's will me the farm? To me? To me'n your son?“ Will er die Farm ihr nicht lassen – ihr und seinem Sohn? Ephraim ist tief gerührt.
Die Eheleute fallen auf die Knie und entschließen sich, zusammen zu beten, damit der Herr ihnen einen Sohn schenkt. Gott erhörte Rachel und Gott wird auch Abbie nicht im Stich lassen.
Fünfte Szene:
Die beiden Schlafzimmer liegen direkt nebeneinander und Eben kann durch die dünnen Wände hören, was nebenan geflüstert wird. Der Alte klagt, dass die Farm einen Sohn braucht und Abbie gibt zurück, dass sie Mutter sein möchte. Cabot bedauert, dass er zu lange allein gelebt habe und wie sehr er sie brauche. Es sei besser für ihn, jetzt die Augen zuzumachen. Er kann aber nicht schlafen, weil sie nicht aufgelegt ist und sich sträube, ihn als Bettgefährten zu akzeptieren. Ephraim geht durch den Kopf, dass er zwanzig alt war, als er herkam – jetzt sei er fünfzig. Die Leute lachten über ihn, wenn er große Steine von seinen Acker einsammelte und entfernte. Abbie interessiert sich nicht für das, was ihn bewegt und hat ihre Lauscher an die dünne Wand gepresst, um Ebens Bewegungsmechanismus zu erkunden. Dieser hat sich in seinem T-Shirt im Bett aufgerichtet, um ebenfalls mitzubekommen, was nebenan passiert.
Ephraim lässt im Geist sein Leben an sich vorbeiziehen. Seine erste Frau gebar ihm zwei Söhne, Sim und Peter, starb dann aber schon in jungen Jahren. Dann heiratete er noch einmal. Die Partner verstanden sich nicht miteinander und blieben sich fremd; eines Tages machte sich die Frau davon. Aus dieser Verbindung ging Eben hervor. Noch einmal wurde es Frühling für ihn, doch auch die dritte Frau, so scheint es ihm, fühlt sich von seiner Körperlichkeit nicht angezogen. Abbie beschwichtigt ihn – er soll stille sein, sie wird ihm den ersehnten Sohn schenken.“I'll give you a son, Ephraim!“ Cabot ist skeptisch.
Die nächtliche Kälte, vom harten Gemäuer gespeichert, bedrückt ihn. Cabot zieht seine Hose an, um sich draußen Bewegung zu verschaffen. Die Luft ist rein und es kommt alles, so wie es kommen muss. Abbie tritt auf den Gang hinaus und ist sich zunächst unschlüssig, die angelehnte Tür zu Ebens Schlafkammer vorzuschieben. Eben hat ihre Nähe schon die ganze Zeit gespürt und trifft eine Entscheidung. Es bedarf keiner Worte mehr, beide fallen sich in die Arme. Abbey gibt sich überrascht, dass er sie nicht ablehnt. Hatte sie seine Haltung bisher falsch gedeutet? Seinen Augen sieht sie an, dass er sie liebt. Und jetzt gibt es kein Halten mehr. Doch dann besinnt sich Abbey auf ihre vertrackte Position als Stiefmutter und will sich mit einem Gutenachtkuss verabschieden. Doch Eben lässt es nicht zu und beide kommen überein, dass der Alte an dem ganzen Dilemma schuld ist. Die Leidenschaften überschlagen sich, nachdem man den Sündenbock gefunden hat.
Dritter Akt
Sechste Szene:
Ein wenig mehr als neun Monate sind ins Land gezogen. Auf der Farm wird eine Party gefeiert. Unter den Ulmen stehen Tische und Stühle. An „food and drink“ herrscht kein Mangel. Ein Fiedler und etliche Gitarristen legen sich ins Zeug. Männliche und weibliche Gäste aus der engeren und weiteren Umgebung sind in großer Zahl eingetroffen – es kommen immer mehr. Alle rufen nach Eben, denn Eben ist der beste Tänzer der Region. „He can dance like nowbody ever danced before. The best there is in the country."
Im Moment ist er jedenfalls nicht zur Stelle. Eben Cabot ist in der Kirche, „offering a prayer of thanks.“ „What for?“ „Cause unto him a brother is born!“ Alle lachen! Wo ist Eben? Wo ist Ephraim? Die Farm hat einen brandneuen Jungen bekommen. Man isst und trinkt und ist fröhlich. Die Geburt des Erbfolgers muss gefeiert werde. Wo ist der kleine neue Magen? Die Gäste wollen ihn sehen. Abbie ist die Mutter, daran besteht kein Zweifel und Ephraim ist der Vater. Eine beachtliche Leistung hat er auf seine alten Tage noch vollbracht. Sechsundsiebzig Jahre zählt seine Lebensuhr bereits, so sagt man. Gott soll seinen Sohn segnen und sein junges Weib auch. „Happy Abbie comes from Dover, took a man of seventy six. Old enough to be her granpa, but a stallion – a stallion right enough? Der Alte könnte ihr Großvater sein, trotzdem für einen Zuchthengst reichen seine Funktionen noch. Abbie hat das Bett von Ephraim gesegnet. Der Erfolg hat sich eingestellt. Die Farm besitzt einen brandneuen Jungen und Ephraim ist der Vater. Wie sicher kann man da sein? Ephraim hat noch einen Sohn. Ist es nicht denkbar, dass in Gottes Segen auch das Bett des Juniors mit einbezogen wurde? Wer weiß? Wer weiß?
Ephraim erscheint auf der Bildfläche, stockbetrunken. Warum tanzen die Leute nicht, anstatt sich die Mäuler zu zerreißen. Er gibt eine Party und keiner schwingt das Tanzbein. Verdammt noch mal. Die Frauen sagen, dass alle auf Eben, seinen Sohn, warten. Was ist an Eben auszusetzen? Er gab der Farm einen brandneuen Sohn. Weshalb lacht ihr über ihn? Er ist mein Blut. Er verrichtet sein Tagewerk genau so gut wie ich es kann. Sein Werk bei Nacht versteht er ebenfalls hervorragend, melden sich die Spötter. Ein Sohn noch mit sechsundsiebzig Jahren gezeugt zu haben, klingt unglaubwürdig.
Die Fiedler sollen spielen und die Gäste sollen tanzen und ihn mit seinen Problemen in Ruhe lassen. Der Pöbel rät: Ephraim solle wachsam sein und seine Schritte abwägen. Abbie hat Flausen im Kopf und ist nicht geeignet, das Baby zu hüten. Wenn die Nacht hereinbricht, wird er schlafen und das Baby auch, Aber für Abbie und Eben wird es keinen Schlaf geben und sie werden sich abrackern und erst am Morgen müde sein.
Die Party geht noch bis spät in die Nacht. Abbie kniet vor der Wiege ihres Kindes und singt ein Lullaby. Sie passt die Melodie der Tanzmusik, die ins Zimmer herüber schallt, ihren Empfindungen an: Der Kleine soll beruhigt einschlafen. Seine Augen sind so schön wie die von Eben. Sie liebe ihn mehr als alles in der Welt. Die Mama wird seinen Traum bewachen. Eben kommt hinzu, beide bewundern ihre Kreation und sind glücklich. Ein leidenschaftlicher Kuss krönt ihr Wonnegefühl.
Eben trifft in der Küche auf seinen Vater, der gerade aus einem Wasserkübel sein Gesicht wäscht. Beide sind erstaunt, sich hier zu treffen. Warum geht er nicht tanzen? Hübsche Mädchen warten draußen auf ihn. Zum Teufel mit ihnen! Aber, wenn er eines der Geschöpfe heiratet, kann ihm das auf diesem Wege eine Farm einbringen. Eben ist überrascht, er bekommt eine Farm? Was für eine Farm, fragt der Alte? Es gibt für ihn nur eine einzige!
Von dieser Farm wird Eben weder einen Stock noch einen Stein erhalten. Er wird einen anderen Sohn bekommen, der aber tatsächlich von ihm stammen wird und dieser wird die Farm erhalten, wenn er stirbt. Möglicherweise wird Abbie die Mutter sein. Ihm habe sie erzählt, dass sie von ihm ausgetrickst worden sei, als er versuchte, Liebe mit ihr zu machen. „You made fool, You fool!“ Die alte Schlange lüge, Abbie würde niemals solchen Unsinn verbreiten. Der Senior kontert: Sie hat sogar gesagt, dass sie ihren Verführer umbringen wird, wenn der Vater ihn nicht vorher aus dem Haus jagt. Nach des Vaters Tod gehört die Farm seinem Sohn, korrigiert Eben die juristische Lage. Liegt vielleicht dichter Nebel auf der Straße?
Wutentbrannt stürzt sich Eben auf den Alten und greift ihn tätlich an. Seinen Zorn und seine Kräfte hat er aber gewaltig unterschätzt. Eben bezieht furchtbare Prügel, gleitet zu Boden und flüchtet dann zu Abbie ins Kinderzimmer, um sie ausgiebig zu beschimpfen.
Abbie will wissen, was los ist. Er schau sie an, als ob er sie hassen würde. Eben kann seine Niederlage nicht unterbringen und beleidigt sie nun als Dirne, die sich auf der Farm eingenistet habe. Abbie erkundigt sich, was vorgefallen sei und versteht es, den Aufgebrachten ein bisschen zu besänftigen. Sie räumt ein, dass sie ursprünglich so gedacht hat, über ein eigenes Kind an die Farm zu gelangen. Dann habe er ihren Weg gekreuzt und sie fand die Liebe. Doch Abbies Argument ist zu schwach. Eben erklärt, dass er ebenfalls nach Kalifornien gehen wird, um reich zu werden. Anschließend wird er die Farm einlösen, die ihm gestohlen wurde. Denkt Eben an seinen Sohn überhaupt nicht?
„I wish he never was born!
How I wish he never was born!
I will he'd die in this minute!
How I wish he never was born!“
Im Affekt gesprochen, wünscht Eben, dass sein Sohn nie wäre geboren. Glaubt er nicht, dass sie ihn liebte, bevor das Bayby kam. Will er wirklich in den Westen gehen, um sie zu verlassen, seinen Sohn, ihren Sohn und beider Sohn? Morgen früh wird er aufbrechen und seinen Brüdern folgen, andernfalls soll Gott ihn in die Hölle schicken. Dann wird sie ihren Sohn ebenfalls hassen, wenn er die Ursache ist, die ihr Leben zerstört. Lügen, Lügen! Nichts als Lügen! Sie und der Balg haben ihm die Farm gestohlen. Eben gehöre ihr, denn er sei die einzige Freude, die sie kenne. Sie spreche die größte Lüge, die er jemals gehört habe. Eben eilt aus dem Haus. Er gehe jetzt tanzen und will einen Drink nehmen! Vergeblich versucht Abbie, den Liebsten zurückzurufen.
Abbie macht sich Gedanken, wie sie Ebens Liebe zurückgewinnen kann. Sie setzt ihr Lullaby fort und fixiert unentwegt die Wiege. Wie kann sie Eben ihre Liebe beweisen?
Siebte Szene:
Eben hat seine sieben Sachen gepackt und auf den Flur gestellt. Er sitzt am Küchentisch und wartet auf die Gefährten, die ihn begleiten werden. Abbie erscheint völlig verstört im Türrahmen und erklärt, dass sie getan habe, wie er ihr sagte, dass sie es tun soll. Damit habe sie den Nachweis erbracht, dass sie ihn liebe. Nun soll er sie küssen und in seine Arme nehmen. Nachdem, was sie getan hat, möchte sie von ihm hören, dass er sie liebt.
Er küsst sie eher kühl und sagt, dass es das „Bye, bye“ gewesen sei. Bald ist er weg. Aber weshalb will er gehen? Dazu gibt es keinen Grund mehr, nachdem was sie getan hat. Was tat sie denn getan? Sie schaut schlimm aus! „I killed him, Eben.“ „You killed him?“ Das geschieht ihm recht. Dann müssen wir es so einrichten, als ob er es selbst getan habe, als er betrunken war. Nein, Eben missverstehe sie. Nicht ihn? Doch nicht etwa das Baby, meinen und ihren Sohn? „O Gott, Allmächtiger!“ Abbie erklärt: Sie legte das Kopfkissen über sein Gesicht, über sein kleines Gesicht und dann tötete er sich selbst, hörte einfach auf zu atmen. Eben weiß nicht, wie ihm geschieht. „He lookes like me – He was mine! Damn you“ Abbie erläutert, dass sie ihr Kind liebte, aber ihn liebte sie noch mehr. Er wollte weggehen, weit weg, wo sie ihn nie wiedergesehen hätte. Nimmer hätte sie ihn küssen können und nie mehr das Gefühl haben, welches sie empfindet, wenn er sie an sich presst. Er habe deutlich gesagt, dass er den Kleinen hasse und seinen Tod wünsche, verteidigt sich Abbie. Wieso soll Eben seinen Tod gewünscht haben? Wie kann sie so etwas sagen? Abbie weint: „Eben, I done it for you! For us! So we couldt happy again!“ Sie versucht, sich ihm zu nähern, doch er fordert sie auf, ihn nicht anzurühren. Denkt sie etwa, es macht glücklich, ein armes kleines Baby zu ermorden? Sie wusste genau, dass sein kleiner Sohn sein Ein und Alles war.
Eben erklärt, dass er zum Sheriff gehen und ihm alles erzählen wird. Sie soll weggehen, weg von ihm! Er kann nicht länger hier stehen und auf sie niederschauen. Dem Sheriff wird er sie übergeben! Eben rennt aus dem Haus. Die Bühnenbeleuchtung erlischt.
Achte Szene:
Am nächsten Morgen in der Frühe tritt Cabot auf die Veranda und reibt sich den Schlaf aus den Augen. Er ist in guter Stimmung und fordert seine Frau auf, nachzuschauen, ob sie etwas Leckeres zum Frühstück findet. Abbie bewegt sich nicht vom Fleck und er fragt, ob sie sich nicht wohl fühle. Ihr Sohn wird bald aufwachen und sie soll bitte nach ihm schauen. Er wird nicht mehr aufwachen, denn er ist tot! Sie soll das Lügen lassen – sie sei die größte Lügnerin in der ganzen Umgebung. Doch, sie tötete ihn selbst. Ist sie verrückt, betrunken oder sonst etwas? Er soll losgehen und selbst nachschauen, wenn er es nicht glauben will. Ungläubig starrt Cabot auf Abbie und rennt nach einer Weile ins Haus. Sie verharrt unbeweglich auf der Stelle bis er zurücktaumelt. „God Almighty; Why did you do it? Why?“ Er schießt auf sie zu und legt seine Pranken um ihren Hals, kann sich aber nicht entschließen zuzudrücken.
Sie dreht sich heftig um. Er soll sie nicht anrühren, denn es war nicht sein Sohn. Dachte er vielleicht, sie habe den Sohn von ihm? Es war Ebens Sohn, nicht seiner. Es wäre ihr unerträglich gewesen, wenn es sich anders verhalten hätte, höhnt Abbie. Cabot sagt, dass er fühlt, wie sie lügt. Sie soll sich von ihm fernhalten. Wenn es tatsächlich Ebens Sohn war, ist er froh, wenn er fortgehen wird und Cabot wird Sorge tragen, dass man sie für ihre Tat aufhängen wird. Jetzt gleich wird er den Sheriff aufsuchen.
Das sei nicht mehr nötig, denn Eben ist bereits losgegangen, um den Ordnungshüter zu informieren. Wird er ihm auch exakt erzählen, was hier passiert ist? Cabot wäre ihm sehr dankbar. Doch mit einem Anflug von Trauer bemerkt er, wenn der Sheriff sie mit nimmt und Eben nach Kalifornien geht, bedeutet es das Ende der Farm.
Eben ist zurück und Abbie traut ihren Ohren nicht. Im Gemüt des Geliebten hat sich ein Sinneswandel vollzogen. Abbie soll ihm vergeben! Alle Sünden der Hölle würde sie ihm vergeben, wenn er zu ihr zurückkehren würde. Während des Besuches beim Sheriff habe sich in ihm eine Wandlung vollzogen und ihm sei bewusst geworden, wie sehr er sie liebt. Nun wird es immer so bleiben. Noch haben sie Zeit, davon zu laufen, Eben sieht ein, dass er genau so schuldig geworden ist - wie sie, denn er wünschte, dass der Kleine tot sein sollte. Nein, nein sie war es allein, berichtigt Abbie ihn.
Wenn der Sheriff kommt, will Eben ihm erzählen, dass sie die Tat zusammen planten. Ebenr will nicht, dass Abbie allein leidet. Alles wird er mit ihr teilen, Gefängnis, Tod, Hölle oder irgendetwas. Dem Sheriff, der den Weg zur Farm gefunden hat, erklärt Eben, dass er am Morgen log. Er half mit, die schlimme Tat zu begehen. Auch gut, meint der Sheriff, dann nimmt er eben alle beide in den Gewahrsam.
Cabot ist nun allein und hadert mit dem Schicksal.
„God is hard,
God's not easy.
May be god wands me alone on this farm.
What do you want o'me, Lord?“
Anmerkung:
Das Libretto bietet eine dramatisch geschlossene Handlung, die sich auf das Drama von Eugene O'Neil stützt. Die Oper betört durch melodischen Reichtum und zügige Tempi. Markant ist insbesondere der Chor zu Beginn des dritten Aktes, der die Aufmerksamkeit auf seine umfassende Aussage lenkt. Alle drei Hauptdarsteller sind gefordert und stehen unausgesetzt unter Dampf.
Das Label NAXOS hat die Spitzenleistungen von Jerry Lewis und James Morris, denen sich noch Victoria Livengoogd zugesellte, in der Serie 'American Opera Classics' aufgezeichnet.
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2011 musirony - Engelbert Hellen