Zauber des Balletts
Karol Szymanowski [1883-1937]
Mandragora
Ballett-Groteske für Tenor, Chor und Orchester in drei Akten
Szenario von Ryszarda Boleslawski und Leon Schiller
Uraufführung am 15.06.1920 in Warschau
Personen:
Sinadab, König der Insel Huhubambu
Gulinda, seine Gemahlin
Obereunuch
Cocodrillo, Kapitän
Arlecchino, Dottore
Colombina, Verführerin
Bragadoccio, Komödiant
Eine Truppe von italienischen Komödianten erleidet an der Küste der Insel Huhubambu, die von König Sinanbab regiert wird, Schiffbruch. Seitdem seine Liebe für die Königin Gulinda erkaltet ist und er auch für seine Frauengemächer kein gesteigertes Interesse zeigt, ist der Obereunuch seiner Misslaunigkeit unablässig ausgesetzt. Die Gestrandeten, die durch seltsame Kleidung und übermütiges Gebaren für Aufmerksamkeit sorgen, bringen den Palastbeamten auf den Gedanken, die unfreiwilligen Inselgäste an den Hof zu holen. Sie sollen ein bisschen für Abwechselung sorgen, bei der die liebliche Colombina sich in besonderem Maße des gelangweilten Königs anzunehmen hat. Mit der Option, zur Favoritin aufsteigen zu können, erhält die Spaßmacherin unverzüglich einen Platz im Harem zugewiesen. Unter den Ankömmlingen befinden sich Braggadacio und Arleccino, der sich als Dottore di Bologna vorstellt. Mit etwas Verspätung erscheint Cocodrillo, weil der Kapitän das sinkende Schiff immer als Letzter verlässt.
Königin Gulinda erzählt Arlecchino von dem Kummer ihrer grenzenlosen Vereinsamung. Könnte er nicht mit den Mitteln der Magie die Liebe ihres Mannes zurückholen? Als Belohnung hat sie die Freilassung Colombinas ausgesetzt. Ohnehin ist sie der Ansicht, dass ein Harem für eine freischaffende Künstlerin nicht der richtige Ort ist. Aber gern wird er die Königin aus ihrer Trübsal erlösen, denn die Kunst der Magie gehört zufällig zu seiner Ausbildung. Madragora heißt das Nachtschattengewächs, aus dem Arlecchino ein Aphrodisiakum aufbereiten wird. Die erloschene Liebe entfacht sich aufs Neue und führt das zerstrittene Paar wieder zusammen. Das Wunder hat gewirkt. Mit einem neuen Schiff und Geschenken reich beladen, treten die Gestrandeten die Reise in ihre italienische Heimat an.
Anmerkung:
Nicht ganz verständlich ist das Ansinnen von Leon Schiller, sich für die Aufführung von Molières Bourgeois gentilhomme einen effektvollen Schluss zeitgemäßer Bauart zu wünschen. Hat der große französische Komödiendichter nicht genug Esprit zu bieten? Doch Szymanowski, zunächst abgeneigt, lässt sich überreden und erstellt in kurzer Zeit eine kurzweilige Partitur mit Walzern, Polkas und Menuetten, die durch ungewohnten Elan das Publikum zum Staunen bringt. Die Figuren der Commedia dell’Arte sind als Schiffbrüchige wieder auferstanden. Notgedrungen sehen sie sich vor die Aufgabe ungewöhnliche Aufgabe gestellt, auf der Insel Huhubambu ein gelangweiltes Königspaar zu therapieren und wieder zusammenzuführen. Im ersten Akt gelingt es Arlecchino mit einer Canzonetta im Stile Bellinis die Herzen zu erobern. Der Uraufführung schlossen sich dreißig weitere Vorstellungen an.
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Musirony 2007 - Engelbert Hellen
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