Christliche Mystik
Boris Blacher [1903-1975]
Der Großinquisitor
Oratorium in zwei Teilen für Orchester Chor
und Bariton
deutsch gesungen
komponiert 1942
Libretto von Leo Borchard nach einer Vorlage von Fjodor M. Dostojewski
Uraufführung 1947 in Berlin im Admiralitätspalast
Das Geschehen spielt in Spanien des 15. Jahrhinderts
INHALTSANGABE
Dostojewskis Christus kommt ein zweites Mal auf die Erde, um helfend und heilend die Not der Menschen zu lindern. Zur Zeit der Inquisition hält der Gottessohn sich in Sevilla auf und erlebt die Gräuel, die in seinem Namen angerichtet werden. Allmächtiger Vertreter der katholischen Kirche ist der fast 90-jährige Großinquisitor, der alle Feinde des Glaubens verbrennen lässt. Mit verdorrtem Gesicht und eingefallenen Wangen, sprühen seine irrwitzig leuchtenden Augen einen grenzenlos Hass auf alle, die in seinen Augen Frevler sind. Zwangsläufig kommt es zur Konfrontation und der Großinquisitor lässt den mutmaßlichen Glaubensfeind durch seine Helfer festnehmen. Er kennt Ihn nicht und will auch nicht wissen, wer er ist. Trotzdem kommt es im Dunkel des Kerkers zum großen Dialog zwischen den beiden Kontrahenten. Der Großinquisitor erwähnt die Versuchung durch den Teufel in der Wüste, um den Angeklagten rhetorisch zu verunsichern. Dieser sagt grundsätzlich nichts und zieht sich aus der Affäre, indem er den Greis sanft auf die blutleeren Lippen küsst. Dieser ist völlig irritiert und öffnet dem Eingekerkerten die Gefängnistür. Der Geheimnisvolle ist ihm nicht geheuer. Er soll gehen und niemals zurückkehren!
Anmerkung:
Boris Blacher komponierte das Oratorium zu einem Zeitpunkt, als die Nationalsozialisten in Deutschland an der Macht waren. Diese waren von der Wahl des Themas nicht besonders angetan, konnten aber den Stil seiner Orchestersprache nicht beanstanden.
„Vorzüge und Kennzeichen des unverkennbar eigenen Stils liegen auf der Hand: Handwerkliche Souveränität, äußerste Sparsamkeit, Rhythmus als tragendes Element, vibrierende Klarheit und Schärfe der Instrumentation, die Fähigkeit aus knappen Formulierungen funkensprühenden Klangwitzes zu schlagen und sich verständlich zu machen“ (Zitat vom LP-Cover, Eckart Schwinger)
Struktur
Nr. 01 Nach seiner unendlichen Barmherzigkeit
Nr. 02 Unmerklich und leise kommt er daher
Nr. 03 Aus der Menge tönt laut
Nr. 04 Die Stufen des Doms von Sevilla
Nr. 05 Da schreitet plötzlich über den weiten Platz
Nr. 06 (Instrumental)
Nr. 07 Einmütig wie von gleichem Willen gelenkt
Nr. 08 Langsam neigt sich der Tag
Nr. 09 Bist du es wirklich
Nr. 10 Der furchtbare und kluge Geist
Nr. 11 Drei Mächte sind es allein
Nr. 12 So höre denn
Nr. 13 Du rühmst Dich Deiner Auserwählten
Nr. 14 Wisse denn, ich fürchte Dich nicht
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musirony 2005 - Engelbert Hellen