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Ausgelassen wie immer feiert man in Florenz den Karneval mit Tanz und Gesang. Höhepunkt ist ein Festzug mit lebenden Bildern von Mythen, die der griechisch/römischen Antike entnommen sind. vorgestellt werden: Diana, Aktäon, Bacchus, Amor und Fortuna. Die immer zu Späßen aufgelegte Bevölkerung macht ihre obszönen Bemerkungen. Erst als der Kriegsgott Mars in Begleitung des Todes erscheint, erstarrt für den Moment die Fröhlichkeit. Schnell vergessen, geht das bunte Treiben unvermindert weiter.
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Dem Bußprediger Savonarola ist der überschäumende Frohsinn der Bevölkerung ein Dorn im Auge. Da er kraft seines Alters nicht so richtig mitmischen kann, verlegt er sich darauf, mit lautstarker Stimme den anderen den Spaß zu verleiden. Er missbilligt das leichtfertige Leben, an dem auch Personen des geistlichen Standes mitunter teilnehmen und droht mit dem „Ewigen Feuer“.
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Das Volk kann sich der Wirkung seiner Worte nicht entziehen und gelobt Besserung. Es trägt vor, für ein tugendhaftes Leben nicht die geeigneten Vorbilder zu haben, denn selbst Lorenzo Medici habe armen Waisenmädchen die Mitgift geraubt. Mit seinem politischen Führungsstil sind sie nicht einverstanden und deshalb möchten sie ihre Sorgen in Tanz und Wein ertränken.
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Drei engagierte Bürger protestieren gegen die Predigten Savonarolas, der aber vom überwiegenden Teil der Bevölkerung in Schutz genommen wird, weil man vermutet, dass er das beste will und man von seinen politischen Ambitionen keine Ahnung hat.
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Lorenzo der Prächtige liegt im Sterben, erfleht die Vergebung seiner Sünden und wendet sich in seiner Todesstunde ausgerechnet an Savonarola, der ihn prinzipiell anfeindet.
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Savonarola stellt Bedingungen, wenn er dem Medici den Weg ins Jenseits ebnen soll. Lorenzo soll an die unendliche Gnade des Herrn glauben, was für diesen kein Problem darstellt. Den armen Waisenkindern soll er das geraubte Geld zurückgeben. Er stellt es in Aussicht. Die letzte Bedingung, der Machtgierige soll dem Volk die Republik zurückgeben, quittiert Lorenzo jedoch mit Schweigen. Ohne Verzicht gibt es keine Absolution! Venedig nimmt die starre Haltung des Sterbenden mit Verärgerung zur Kenntnis.
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Rodrigo Borgia besteigt als Alexander VI. den päpstlichen Thron. Savonarola hetzt die Bevölkerung gegen ihn auf, weil er dessen allgemein bekannten Ausschreitungen nicht akzeptiert. Das unbestimmte Schicksal der Kirche erregt unter den Menschen Besorgnis
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Die Bevölkerung ist unzufrieden, weil das Leben der einfachen Leute immer freudloser und unerträglicher wird. Den Benediktiner drängt es nach politischer Macht und er setzt sich heftiger Opposition aus. Durch Spendenaufrufe will er das allgemeine Elend lindern und die Tränen trocknen, was wiederum Zustimmung findet.
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Viele, denen die Not der Bevölkerung gleichgültig ist, wollen den alten Glanz von Florenz erhalten. Die prächtigen Bauten und die zahlreichen Kunstwerke sollen den Ruhm der Metropole in die Welt tragen. Einerseits ist man dem Bußprediger zugetan, weil er sich sozial engagiert, verübelt ihm aber, dass er den Karneval als Sündenpfuhl ausrotten möchte. Wenn es nach ihm geht, sollen vornehme Kleider, Bücher und Musikinstrumente und alles, was zur Sünde verführt, vernichtet werden. Der Eiferer ruft zum Bildersturm auf.
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Die „Verbrennung der Eitelkeiten“ nimmt Ausmaße an.
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Mit solchen Eigenmächtigkeiten setzt Savonarola sich zwischen alle Stühle. Er geht weit über das Maß hinaus, was die Kirche an Enthaltsamkeit von ihren Schäfchen fordert. Die höchste Instanz möchte auf Prachtentfaltung nicht verzichten. Der Bußprediger wird ständig anmaßender, gewinnt an Macht und setzt sich in Opposition zum Papst. Die Exkommunikation bleibt nicht aus
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Allgemeine Verstörung auf breiter Ebene: Der Franziskanerpater Francesco di Puglia fordert Savonarola auf, sich der Feuerprobe zu unterziehen. Der Angesprochene ist überhaupt nicht geneigt, sich dieser Prozedur zu unterziehen. Frater Domenico will – naiv genug - stellvertretend für den Ordensbruder den Feuerzauber auf sich nehmen. Die drei Wortführer der Opposition sind mit dieser Lösung einverstanden, weil sie der Meinung sind, wer in das Feuer eintritt, kann diesem auch nicht entkommen und dann sind sie den Bußprediger los.
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Psalmensingend zieht die Prozession zum Platz des Rituals. Die Wortführer, welche die Opposition vertreten, sind misstrauisch und bestimmen die Konditionen. Domenico soll den Mantel ablegen, da er möglicherweise verzaubert sein und ihn schützen könnte. Damit Savonarola ihn spirituell nicht beeinflussen kann, muss dieser weit abseits stehen. Das Kreuz darf nicht mit ins Feuer genommen werden. Dem Volk dauert die Zeitverzögerung zu lange und unvorhergesehen beginnen die Naturgewalten, sich zu äußern. Ein gewaltiger Sturm entsteht und das Feuer kann nicht entfacht werden. Inzwischen hat der kirchliche Gerichtshof sich darauf besonnen, die Feuerprobe zu verbieten.
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Das Volk, welches ohne Darbietung nicht nach Hause gehen möchte, wird von den Wortführern aufgehetzt, dass Savonarola im Einvernehmen mit den Mächten der Unterwelt den Sturm herbeigeführt habe, um das Vergnügen zu vereiteln. Die Kirche stehe, boshaft genug, auf seiner Seite.
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Der Pöbel ist verunsichert und will sein Schauspiel. Angeblich soll der Mönch sich gegen das Leben und gegen die Schönheit versündigt haben. Sogar der Kinderchor ist dieser Meinung. Das ist natürlich Unsinn. Die Historie nennt andere Ursachen, weshalb der Oppositionelle auf dem Großen Platz von Florenz verbrannt wird.
Anmerkungen:
Girolamo Savonarola, geb. am 21.09.1452 in Ferrara, war im Florenz der Renaissance ein populärer Bußprediger. Er wandte sich gegen den allgemeinen Sittenverfall und predigte einen asketischen Lebenswandel. Nach dem Sturz der Medici im Jahre 1494 gelang ihm der politische Aufstieg. Nach seinen Vorstellungen von christlichem Lebenswandel versuchte er, in Florenz eine Theokratie einzurichten. Er besaß die Gabe der flammenden Rede und verstand es, Massen zu mobilisieren. Damit setzte er sich in Opposition zum Borgia-Papst Alexander VI, dem seine Mahnungen und Androhungen Unbehagen einflößte. Kurz und bündig wurde er exkommuniziert und der Ketzerei für schuldig befunden. Zur damaligen Zeit bedeutete dies den Tod auf dem Scheiterhaufen. Am 23.05.1498 wurde der Eiferer auf dem Rathausplatz in Florenz öffentlich verbrannt.
Rezsö Sugár folgt in seinem Oratorium konsequent dem historischen Ablauf und lässt einige der handelnden Personen selbst zu Wort kommen. Die größere Bedeutung misst der Komponist jedoch den Chören bei, wovon der Kinderchor einen erstaunlich breiten Raum einnimmt. Die dominante Macht der Polyphonie zieht den Zuhörer voll in seinen Bann.
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musirony 2006 - Engelbert Hellen