Zauber des Balletts
Jean Sibelius [1865-1957]
Scaramouche
Tragische Pantomime
op. 71, komponiert 1913, veröffentlicht 1918
Libretto von Poul Knudsen
mit finnisch gesprochenem Dialog
Aufführung am 10. April 1974 in der Finnische Nationaloper Helsinki
unter Jussi Jalas
Zeitdauer ca. 20 Minuten
Uraufführung am 12. Mai 1922
Choreographie: Imre Eck
Personen:
Leilon: Impresario einer Schauspieltruppe
Blondelaine: seine Frau, Tänzerin
Scaramouche: Musikant, ihr Verführer
Zirkusleute
Das Geschehen spielt in Frankreich, etwa 18. Jahrhundert
Leilon ist der Impresario einer Theatergruppe, die durch das Land zieht. Werbemagnet ist seine attraktive Frau, die in seiner neuesten Premiere als Tänzerin auftritt. Mit der Musik der eigenen Zirkuskapelle ist Blondelaine überhaupt nicht zufrieden und es gelingt ihr, den Leiter eines anderen Ensembles zu überreden, den musikalischen Part zu übernehmen. Es ist Scaramouche, der nun mit seiner Band einen Sound hinlegt, der die Ballerina in Ekstase versetzt. Ihre Bewegungen werden immer ausgelassener und sie gibt sich mit ihrer Mimik hemmungslos den berauschenden Klängen hin, bis es dem eifersüchtigen Gatten zuviel wird. Er wirft den fremden Kapellmeister hinaus, doch dieser kommt wieder. Blondelaine folgt ihm ins Wäldchen und es kommt zu trauter Zweisamkeit.
Scaramouche drängt in der kommenden Nacht auf Wiederholung des Vergnügens, aber die Ängstliche befürchtet Komplikation mit dem Herrn Gemahl. Der Aufdringling muss beiseite geräumt werden und da bietet sich der Todesstoß mit dem Dolch als einfache und praktische Lösung an. Doch Blondelaine bleibt keine Zeit, die Leiche ordnungsgemäß zu entsorgen. Sie versteckt den toten Scaramouche hinter einem Vorhang. Das Opfer hat keine Gelegenheit, auszubluten und ein Strom des roten Saftes ergießt sich während der Abendvorstellung über die Bühne. Blondelaine versucht durch affektiertes Tanzen, die Zuschauer von ihrem Missgeschick abzulenken. Dabei rutscht sie in der Pfütze aus und bricht sich den Hals.
Anmerkung:
Von Sibelius selbst wurde die Komposition auch als „mimisches Drama“ bezeichnet und weicht von seinen Schauspielmusiken ab. Tanz, Gebärdenspiel und Dialog gehen eine Synthese ein.
Die Szenerie erinnert ein bisschen an die Charaktere in Leoncavallos: „Bajazzo“, allerdings muss eingeschränkt werden, dass Scaramouche eine Figur der „Comedia dell’Arte“ ist.
Die Musik wirkt unspektakulär und hält sich an den intimen Charakter des Stückes. Das dramatische Ende der Handlung findet sich im Orchester nicht wieder.
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musirony 2006 - Engelbert Hellen