Schöne Oper - selten gehört
Xavier Montsalvatge [1912-2002]
El gato con Botas
Der gestiefelte Kater - Le Chat botté
Oper in zwei Akten
Libretto von Nestor Luján
Charaktere:
Der gestiefelte Kater
Der Müller - alias Marquis von Carabas
Der König
Die Prinzessin
Der böse Zauberer
Das Geschehen spielt zur Märchenzeit in Spanien
HANDLUNG
Erster Akt:
Erste und zweite Szene
Der arme Müller flucht dem Schicksal, dass er bei der Verteilung der Erbschaft, lediglich einen unnützen Kater erhalten hat. Allerdings beherrscht dieser zum Erstaunen des Opernbesuchers die menschliche Sprache und strengt sich an, dem Müller sein Missgeschick schmackhaft zu machen. Er sei ein gewitztes Tierchen und der Müller soll sich doch bitte überlegen, was er mit ihm anfangen könnte.
Einen einfachen Kater, langweilig und hoffnungslos, hat die Vorsehung ihm beschert! Mit dieser wertlosen Gabe, so schätzt er, kann er nur eine Sache machen, er wird sie braten oder rösten und dann aufessen.
Das Fell wird er vorher abziehen und einen Hut daraus machen lassen, damit er aussieht wie ein reicher Junker. Erschrocken murmelt der Kater die vernommenen Worte und gruselt sich. Häuten will er ihn und sich aus seinem Pelz einen Hut anfertigen lassen, damit er aussieht, wie ein reicher Junker! Der Müller denkt, dass es nicht leicht sein wird, das Tier einzufangen. Doch der kluge Kater denkt überhaupt nicht daran, seinen Geist aufzugeben und verlässt sich auf seine Überredungskünste
„Escúchame, amo mio, … Sein Herr soll ihm doch bitte zuhören und nicht erschrocken sein, dass er ihn vielleicht kratzen könnte. Mit seinen Krallen spielt er nur. Er zieht sie ein und wird ihn zärtlich streicheln. Der liebe Meister soll einmal zuhören und über die vielen schönen Dinge staunen, die sein Diener ihm anbieten wird. Wenn der liebe Kumpel von Geld spricht, soll er die Moneten doch bitte gleich herausrücken. Viel, viel mehr wird der liebe Meister von ihm bekommen. Er wird ihn reich, berühmt und glücklich machen.
Was der liebe Kerl ihm also geben? Nun er denkt an den Verlobungsring einer Prinzessin. Gewiss ist das ein allerliebstes Präsent. Und welche Gegenleistung muss er dafür erbringen? Nur ein paar Stiefel, dann einen Hut mit einer großen Feder. Vor allem ein Schwert muss er haben, welches mit einem Hieb die Knochen zerschlägt – ein scharfes Schwert ist es, was er noch begehrt.
Ist das auch tatsächlich alles um was er ihn bittet, oder ist da nicht noch einiges mehr, was er benötigt? Ja, da wäre ein Cape aus Satin und silberne Schnallen sollten die hohen Schuhen schmücken. Wenn der Herr es ihm verspricht, bringt er ihm eine schlafende Prinzessin, schön wie ein Smaragd. Die üppigen hellen Locken wird er mit seinen Tatzen vorher ein bisschen in Unordnung bringen. Genau das hat dem Müller noch gefehlt, einen Prinzessin mit einem Smaragd und wirren Locken. Der Kater sieht sich schon als Gewinner bei dem Deal. Hohe Schuhe mit silbernen Schnallen wird er bekommen, dann kann er darin stolzieren, wenn er spazieren läuft - bei Tag und bei Nacht.
Der Müller versteht zwar nicht, was ein Kater mit solchen Dingen anfangen will. Seine belegte Stimme lässt den Müller vermuten, dass die Kreatur eine verzauberte alte Hexe ist und die Geschichten, die er von sich gibt, soll er Kindern erzählen. Der begehrenswerte Plunder findet sich in der Rumpelkammer der Mühle. Er stammt noch aus der Zeit, als der Müller nicht sesshaft, sondern auf Raubzug aus war. Der Kater bedankt sich und verspricht seinem Herrn, dass er seine edle Tat nicht bereuen wird. Das schöne Schwert fasziniert den kleinen Aufschneider am meisten. Ein fröhliches Liedchen trällernd begibt der Kater, sich nun stolz wie Oskar auf Wanderschaft.
Dritte und vierte Szene:
Der König des Landes hat sich mit einem glanzvollen Hof umgeben. Offenbar ist er verwitwet, denn in seiner unmittelbaren Gefolgschaft findet sich keine Frau Gemahlin, sondern seine Tochter. Der Herrscher ist in aufgeräumter Stimmung und singt von der Tatsache, dass alles gut läuft. kein Krieg steht bevor und im Land ist alles friedlich. Er besitzt zuverlässiges Fußvolk und seine Reiterei beschütze ihn. Doch falls es sich als notwendig erweisen sollte, in den Krieg zu ziehen - spornt er seine Leute an - sollen sie dem Feind Tapferkeit vorführen. Furchtlose Hunde werden den Trupp begleiten. Nach dem Sieg wird Ruhm und Ehre daheim auf sie warten.
Unser Kater erscheint zur Audienz. Herausgeputzt wie ein Edelmann hat der Zeremonienmeister ihn durchgehen lassen. Die Prinzessin ist neugierig und will wissen, wer der lustige Geselle ist und was er will. Er sei erzogen worden wie ein spanischer Edelmann und gekommen, um ihr seinen Respekt zu erweisen, korrigiert der Kater mögliche falsche Vorstellungen.
Der Sack mit den Kaninchen sei nicht von ihm, sondern der Marquis von Carabas, dessen Diener er ist, macht sie dem Herrscher des Landes zum Geschenk. Der alte König hat akustisch nicht alles mitbekommen und lässt sich wiederholen, was der Ankömmling gesagt hat. Die Prinzessin interpretiert, dass Wildbret zum Geschenk gemacht wurde. Nein, der Herr Marquis ist selbst nicht erschienen, der Bote sei sein Diener. Der König bedankt sich für den freundschaftlichen Akt. Der Koch erscheint, um die Kaninchen in Empfang zu nehmen.
Der Kater hat noch eine Botschaft dabei. Die Prinzessin ist begierig zu erfahren, was das Briefchen enthält und fordert den Überbringer auf, es vorzulesen. Der Kater entrollt das Papier und folgt der Aufforderung.
Fünfte Szene:
In dem Brief steht, dass sein Herr seine Lippen auf die weichen, weißen Hände pressen wird und seine warmen Küsse auf den kalten Fingern der Prinzessin die gleiche Wirkung ausüben wird, als wenn eine rote Rose in den Schnee fällt. Sein eigenes Herz erglüht warm, wenn er an ihre liebevollen Umarmungen denkt. Sie soll sich anschauen, wie der der Falke im Sturzflug die Taube bezwingt und der bitterkalte Wind die Frühlingsblumen erweckt. Die Augen der lieben Dame verleihen den Empfindungen seines Herrn schmerzhafte Torturen, so dass sein armes Herz fast entzwei bricht. Als blutende Rose legt er es ihr nun zu Füßen.
Der Opernbesucher ist erstaunt, was so ein kleiner Kater an Poesie zusammengebastelt hat. Jedenfalls die Prinzessin ist begeistert und nimmt den Faden auf:
Der Liebesbote soll gehen und dem Habicht erzählen, dass sie auf die warmen Sonnenstrahlen wartet, die ihre kühlen Hände wärmen werden. Seine lieblichen Augen wird sie wie das süße Parfüm des Jasmin wahrnehmen. Möge das Feuer, welches in ihnen brennt, jene Glut in ihrem Herzen entfachen, die sie bereits in ihren Träumen verspürt hat. Der Liebeskater soll seinem Herrn berichten, dass ihre Wangen in Liebe zu ihm entbrannt sind und seine Seele bereits zu ihr geflogen ist. Beide Flammen haben sich miteinander vereinigt.
Der Kater verspricht, alles wahrheitsgemäß auszurichten. Der König verabschiedet seinen Besucher und beauftragt ihn, dem Marquis für die freundliche Botschaft zu danken. Der Kater verbeugt sich und bestätigt, dass es für seinen Herrn eine große Ehre war, seinen Diener empfangen zu haben. Der ganze Hof verbeugt sich vor dem Kater, nur der König bleibt sitzen.
Zweiter Akt:
Sechste Szene:
Ein bisschen Zeit ist vergangen. Der Kater konnte bisher seine Zusage nicht einlösen, dem Müller die versprochene Prinzessin zu verschaffen. Stattdessen hat der Schlaumeier den armen Müller völlig unter seine Fuchtel gebracht.
„Debiérais entrar al rio y nadar un poco en él.“ „Ay querido gato fiel, que moriré el frio!“ Der Meister möge in den Fluss springen und versuchen, darin ein bisschen zu schwimmen. Was mutet der liebe Kater mit seiner verrückten Idee ihm noch alles zu? Er wird sich zu Tode erkälten!
Die beiden befinden sich in einem Waldstück, in dem der König gerade eine Jagd abhält. Der Meister soll nun bitte tun, was er ihm sagt und ins Wasser springen, sobald die Jagdgesellschaft in der Nähe ist. Erklärend fügt der Kater noch hinzu, dass dies im Moment der einzige Weg sei, um an die Prinzessin zu gelangen. So kalt sei das Wasser zu dieser Jahreszeit nicht und zu tief auch nicht? Der Meister soll versuchen, sich an der Oberfläche zu halten und dann laut um Hilfe schreien.
Der Müller lässt sich ins Wasser fallen. Er markiert einen Ertrinkenden und macht sich, vom Kater unterstützt, durch lautes Rufen bemerkbar. Der König will wissen, was der Radau zu bedeuten hat. Ihm gibt der Kater zu verstehen, dass der Marquis von Carabas sich im Wasser ein bisschen erfrischen wollte und offensichtlich in einen Strudel geraten ist. Während der Kaplan (pantomimisch) den Himmel um Hilfe anruft, versucht der Kämmerer dem „Ertrinkenden“ beim Erreichen des rettenden Ufers behilflich zu sein. Auf Befehl des Königs muss der Diener ihm seine Kleider ausleihen, während der Hilfsbereite sich in eine Decke hüllen kann.
Alle erkennen den lieben Kater wieder und die Prinzessin ist überglücklich, ihren Marquis nun persönlich kennenzulernen. Der Müller versucht, seine Rolle so gut zu spielen, wie es ihm möglich ist. Der kleine Hochstapler lädt alle ein, den Marquis in seinem Schloss zu besuchen und eilt voraus, um die Vorbereitungen zu treffen. Der Müller schwebt in tausend Nöten, ob sein lieber Kumpel sich diesmal nicht verrechnet hat. Der König lässt sich vom Kater den Weg beschreiben und ordnet an, dass seine Trompeter den Marsch spielen werden, den er selbst komponiert hat.
Siebte bis neunte Szene:
Es gibt in der Nähe ein schönes Schloss. Es gehört nicht dem Marquis von Carabas, sondern einem bösartigen Zauberer. Kater und Magier sind einander nicht fremd und der Kater stattet ihm einen Besuch ab. Der Zauberer ist perplex, dass der kleine Schlingel es wagt, ihn zu besuchen, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Nach einer formvollendeten Verbeugung steuert der waghalsige Besucher direkt auf sein Ziel zu. Er appelliert an Ehre und Eitelkeit und bittet den Mächtigen, eine Demonstration seiner Macht zu geben.
Ist es wahr, dass er sich in jedes Tier seiner Wahl verwandeln kann? Der Kater bezweifelt es und der Zauberkundige hat die Beweislast auf seiner Seite. Einen Löwen darzustellen ist für ihn kein Problem und
einen Vogel nebst Gezwitscher kann er auch imitieren. Kann er sich auch in eine Maus verwandeln? Nichts leichter als das! Eine Minute braucht er und er wird eine kleine Maus vor sich sehen! Der kleine Nager landet blitzschnell im Maul des Katers. Dieser nutzt den Vorteil der Situation und verspeist den unliebsamen Gesellen mit Haut und Haar. Während der Verwandlung und der Mahlzeit bleibt der Bühnenvorhang geschlossen. Vorher gab es noch als Balletteinlage einen Papageientanz.
Die Erbfolge hat der Kater in Nu geregelt. Neuer Eigentümer ist der Marquis von Carabas. In seinem Namen begrüßt der Kater als Hofmarschall die Gäste.
Zehnte bis zwölfte Szene:
„Hermoso y galano es el Marqué
ojalá mi mano pidiera después
de esta granfiesta que nos va a ofrecer“
Die Prinzessin hofft, dass der Marquis keinen Rückzieher macht und ihre Hand nach dem großen Fest, welches offeriert wird, akzeptiert. Ach was! Der Müller ist entzückt von ihren schmalen weißen Händen und Füßen. Ihre Stimme ist süßer als Honig, wenn sie spricht. Die optischen Reize stimmen. Wie üblich wird nach Vernunft und Klugheit nicht gefragt. Obwohl er König ist, beklagt dieser, dass er arm wie eine Kirchenmaus sei. Um seinen eigenen Thron zu halten, musste er eine Hypothek aufnehmen. Tochter, dieser Mann ist die Rettung für uns beide!
Nun ist die Stunde des gestiefelten Katers gekommen, eine Festanspache an seinen Herrn zu halten: Seit heute ist er Marquis. Nichts hat es ihn gekostet und bald ist er der Schwiegersohn des Königs. Seine große Liebe hat der gute Meister gefunden. Schön ist seine Dame und sie hat ein warm empfindendes Herz. Der Wohltäter ist sich sicher, dass diese Hochzeit für beide eine gute Sache ist.
Jeder gibt noch einmal seinen Senf dazu und der Kater erklärt, dass seine Mission beendet ist.
NACHRUF !
Edgar wurde 16 Jahre alt. Am Montag, den 19. September 2011 wurden seine Schmerzen, hervorgerufen durch einen Zahntumor, unerträglich. Unter ärztlicher Aufsicht wurde Edgar eingeschläfert. Der Schnurrbart hörte auf, zu vibrieren. Seiner lebhaften Katerseele sei Frieden beschert!
Benji, seinen Spielgefährten ließ er zurück sowie sein untröstliches Frauchen. Edgar ist ihr unersätzlich und wird es auch bleiben! In stummer Trauer -MARION-
Anmerkungen:
Obwohl Montsalvatge Kontakte zu Messiaen hatte, schöpft er in der Oper vom gestiefelten Kater mit Rücksicht auf junge Zuhörer seine kompositorischen Möglichkeiten nicht voll aus. Das reizvolle Werk des Katalanen wurde vom Gran Teatre del Liceu unter Antonio Ros-Marbà Teatro auf Tonträger eingespielt.
Das Märchen von Perrault wurde auch von dem Komponisten Cesar Cui unter dem Titel 'Kot v Sapogach' vertont und 1915 in Tiflis zur szenischen Uraufführung gebracht. Das Personenregister nennt auch noch die beiden älteren Brüder des Müllerburschen.
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2011 musirony - Engelbert Hellen